Im Magazin «EB Navi» werden Themenschwerpunkte aus der Berufswelt behandelt. Die EB Zürich stellt darin ihr Know-how zur Verfügung und beleuchtet passende Weiterbildungsangebote – es ist recht ansprechend redaktionell sowie auch von der Umsetzung her anspruchsvoll gestaltet – anbei ein Interview mit mir, das während meines Sabbaticals in Genf aufgenommen wurde. Eine schöne Erinnerung auch für mich, die Zeit am Genfer See hat mir viel Inspirationen gegeben, um über die Zukunft nachzudenken.
Schön, dass die Journalisten als Überschrift meinen Satz: “Bald werden wir nicht mehr von Aus- und Weiterbildung sprechen” als Überschrift gewählt haben. Eine flexible Berufsbildung, in der Bildungsbausteine sowohl in der Aus- und Weiterbildung für Innovationsprozesse verwendet werden können, damit sozusagen Kompetenztandems von jungen Lernenden und erfahrenden Mitarbeitenden z.B. zur Thematik Datenanalytik intergenerational lernen könnten, wäre beispielsweise einmal ein Anfang…
Bis Ende Januar habe ich noch Zeit für mein SBFI Mandat zur Flexibilisierung und Modularisierung der Berufsbildung 2030, um diese Gedanken fortzuführen.
Archives for 2017
Weihnachts-Special des GoodPractice Podcasts
— Eine letzte Meldung vor der Pause über Weihnachten und den Jahreswechsel —
Das war jetzt auch neu für mich: Podcasts kann man jetzt auch über Spotify hören. Zum Beispiel den “Good Practice Podcast” von GoodPractice.com. Wöchentlich eine halbe Stunde zu verschiedensten L&D Themen.
GoodPractice hat bereits letztes Jahr ein Weihnachs-Special des Podcasts veröffentlicht – mit guten Wünschen für die L&D Profession:
Link zur Podcast-Episode 26 / 2016 “L&D Christmas Wishes” via Spotify.
Dieses Jahr haben die Macher des Podcasts wieder ein Special Issue erstellt: What I learned this year. Hier der Link zu dieser Episode.
Quelle: GoodPractice Podcast auf Spotify
Notions of Disruption – Explorative Studie des SWIR mit einem Kapitel zu "Digitale Kompetenzen"
Notions of disruption – Eine Sammlung explorativer Studien verfasst und in Auftrag gegeben vom Schweizerischen Wissenschafts- und Innovationsrat SWIR
Explorative Studie 3/2017 steht seit kurzem als Download über diese Website zur Verfügung:
https://www.swir.ch/de/publikationen-de
Was mich besonders freut, ist, dass mein Kapitel über Digital Competences zusätzlich als Auskopplung publiziert wurde.
Das Kapitel nimmt das Thema “Digitale Kompetenzen” Bildungsstufen-übergreifend in den Blick. Christoph Meier hatte das Thema kürzlich aus Sicht des betrieblichen Bildungsmanagements beleuchtet (“Kompetenzen für eine digitalisierte Arbeitswelt“).
Alexander Repenning hat ein sehr treffendes Vorwort zu meinem Kapitel ergänzt. Hier das Kapitel als Auszug:
ATD State of the Industry Report 2017
Der jährliche Report von ATD zum Stand der “L&D-Industry” ist neben dem Bericht von Towards Maturity wohl die wichtigste Quelle für Daten zur (eigenen) Standortbestimmung für betriebliche Bildungsbereiche. Nachdem vor zwei Wochen der aktuelle Towards Maturity Benchmarking-Report erschienen ist, hat jetzt auch die ATD ihren Jahresbericht 2017 veröffentlicht.
Die Themen sind die üblichen:
- Investitionen in L&D und Prozess-Kennzahlen
- Themen / Inhalte und Methoden
- On-the-Job Learning (Umfang und Formen)
Auch die Ergebnisse werden, wie üblich, für zwei verschiedene Gruppen ausgewiesen:
- Gesamt-Mittelwerte für alle 299 teilnehmenden Unternehmen / Organisationen
- Mittelwerte für 40 “ATD Best Award Winners”, die sich durch besonders gute PE-Arbeit auszeichnen
Im Folgenden ein Blick auf einige der Ergebnisse:
Ausgaben für Weiterbildung und Umfang der Weiterbildungsaktivitäten
Bei der Betrachtung der Ausgaben fällt auf, dass diese – pro beschäftigter Person – für die Gruppe “Consolidated” höher sind als für die Gruppe “BEST”. Gleichzeitig wird aber auch sichtbar, dass die genutzten Lernstunden pro beschäftigter Person für die Gruppe “BEST” deutlich höher sind. Im Bericht der ATD wird dies so interpretiert, dass die Gruppe “BEST” deutlich weiter ist bei der Umsetzung von eLearning und deshalb bei weniger Ausgaben pro beschäftigter Person mehr Lernstunden realisiert werden können. Allerdings liegt keine separate Auswertung vor, die den Grad der Umsetzung von eLearning für diese beiden Teilgruppen kontrastierend gegenüberstellen würde.
Genutzte Lernstunden pro Mitarbeiter/in im Bereich L&D
Als Mass für die Effizienz der Arbeit in L&D Teams verwendet ATD die Kenngrösse “Anzahl der genutzten Lernstunden pro Mitarbeitende/r im Bereich L&D”. Bei der Berechnung dieses Werts wird das Outsourcing von Bildungsdienstleistungen in Rechnung gestellt. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Mittelwerten für alle teilnehmenden Unternehmen einerseits und der Gruppe “BEST” auf der anderen Seite (mit einem mehr als doppelt so hohem Wert).
Wichtigste Themenfelder / Inhalte der Weiterbildung
Hier führt Führungskräfteentwicklung das Feld an, gefolgt von regulatorisch geforderten Trainings sowie Trainings zu Geschäftsprozessen.
Anteil eLearning
Der Anteil von Lernaktivitäten, die auf digitalen Medien basieren (eLearning), hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht und liegt mittlerweile im Durchschnitt bei etwa 40 Prozent. Die eher kontinuierlich verlaufende Entwicklungskurve über die letzten gut 15 Jahre (hier erschwert durch die unterschiedliche visuelle Darstellung der Berichte aus 2009 und 2017) zeigt für mich noch einmal, dass die oft beschworenen “Revolutionen” oder “Disruptionen” (ich kann mich noch an Voraussagen aus dem Jahr 2000 erinnern, denen zufolge es in 5 bis 10 Jahren nur noch online Training geben würde) dann doch eher als kontinuierliche Veränderungen daherkommen.
Formen des Lernens am Arbeitsplatz
Knapp 2/3 der befragten Unternehmen messen dem Lernen am Arbeitsplatz hohe oder sehr hohe Bedeutung zu. Im Hinblick auf die Formen der Umsetzung von Lernen am Arbeitsplatz zeigt sich folgendes Bild:
Bei etwa 55% der befragten Unternehmen findet Wissensaustausch zwischen Mitarbeitenden in einem sehr hohen oder hohen Mass statt, gefolgt von Coaching-Aktivitäten durch Vorgesetzte und auch Peers. Wissensaustausch auf der Grundlage von Enterprise Collaboration Plattformen (z.B. Yammer) oder anderen sozialen Medien und Job Shadowing-Aktivitäten werden dagegen nur bei knapp 1/3 der befragten Unternehmen in sehr hohen oder hohen Mass umgesetzt. Aber auch hier zeigen sich, wie bei allen von der ATD ermittelten Kenngrössen, deutliche Unterschiede zwischen grossen und kleinen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen in verschiedenen Branchen.
Videobibliothek mit Aufzeichnungen der Konferenz "Campus Innovation" (Campus Innovation)
Die zehnte gemeinsame Veranstaltung von Campus Innovation & Konferenztag Digitalisierung von Lehren und Lernen im November 2017 stand unter dem Motto: “Digitalisierung als Megatrend – was bedeuten Künstliche Intelligenz, Big Data und Virtual Reality für Hochschulen?”. Die Videobibliothek ist in vier Bereiche gegliedert:
- Keynotes
- eLearning
- eCampus
- Digitalisierung von Lehren und Lernen
Die Themen der Konferenzbeiträge bzw. Aufzeichnungen sind zum Teil auch für Learning Professionals im Feld Corporate Learning relevant. Hier ausgewählte Beispiele:
- Inverted Classroom unter der Lupe: Chancen und Hindernisse
Prof. Dr. Karsten Morisse - Learning Analytics – Adaptivität und Personalisierung im eLearning
Prof. Dr. Niels Pinkwart - Online Self-Assessments: Was sind das – und wenn ja, wie viele? Typen, Einsatzkontexte und Good Practices
Dr. Annika Maschwitz, Stefanie Kretschmer, Stefanie Brunner
Quelle: Portal Lecture2Go: uhh.de/l2g-ci2017
AI und die Folgen für Arbeiten und Lernen (Tom Vander Ark / Getting Smart 2017)
Tom Vander Ark, CEO der Firma Getting Smart, war zuvor nicht nur in der Schulaufsicht tätig, sondern auch als Director of Education der Bill & Melinda Gates Foundation. Also jemand, der sich in beiden Feldern, Lehren und Lernen sowie Technologie auskennt.
Tom Vander Ark bzw. Getting Smart hat jetzt ein Whitepaper mit dem Titel “Ask about AI: The Future of Work and Learning” veröffentlicht.
Das Whitepaper umfasst u.a. Definitionen zu AI, Machine Learning, Deep Learning und listet Bereiche auf, in denen künstliche Intelligenz Anwendung findet (z.B. in der Medienproduktion, in der Logistik, im Marketing, etc.). Es führt 10 grosse Herausforderungen auf, die mit KI verknüpft sind (u.a. Verlust von Arbeitsplätzen, Gefährdung von Privatsphäre, (ungleicher) Zugang zu KI und leistungsfähigen Werkzeugen, etc.).
Das Whitepaper geht aber auch der Frage nach, wie wir uns auf diese Zukunft vorbereiten können: einerseits als Einzelpersonen, andererseits als Bildungsinstitutionen. Hierzu stellt Vander Ark eine Reihe von aus seiner Sicht zentralen individuellen ‘skills’ und institutionellen ‘capabilities’ heraus (vgl. Abbildung):
Diese jeweils fünf zentralen ‘skills’ bzw. ‘capabilities’ werden dann in jeweils eigenen Abschnitten kurz erläutert.
Vander Ark zieht folgendes Fazit aus dem zweijährigen Projekt AskAboutAI (u.a. finanziert von der William & Flora Hewlett Foundation), aus dem das Whitepaper hervorgegangen ist:
Code that learns is the most important invention in human history—and it’s being supercharged
by an explosion of sensors and supercomputing. It is changing the employment landscape and
swamping our civic infrastructure with issues inconceivable just a few years ago.
Und er formuliert Punkte, um die wir uns als Gesellschaft und Bürger kümmern müssen. Unter anderem sind dies die folgenden:
- Wir müssen über KI reden und uns dazu schlau machen.
- Wir müssen Curricula und Ausbildungsziele anpassen – auf allen Bildungsstufen.
- Wir müssen KI-basierte Werkzeuge öffentlich verfügbar machen.
Quelle: http://www.gettingsmart.com/2017/11/ask-about-ai-the-future-of-learning-and-work/
via http://observatory.itesm.mx/edu-news/
Corporate Learning in der digitalen Transformation: Handlungsfelder für Bildungsverantwortliche
Die AXA Academy (Schweiz) sieht sich als ‘Performance Enabler’ für das Unternehmen und auf dem Weg zu einer stärkeren Ausrichtung auf Strategie-orientierte und Geschäftswert-orientierte Entwicklungsarbeit. Im Rahmen des diesjährigen AXA Academy Townhall-Meetings war ich diese Woche eingeladen, zum Thema “Corporate Learning in der digitalen Transformation: Handlungsfelder für Bildungsverantwortliche” zu berichten und eine kurze Workshop-Sequenz zu moderieren.
Strukturiert habe ich meinen Beitrag entlang des nachfolgenden Modells (vgl. Abbildung).
L&D agiert im Sinne von Porter als Unterstützungsfunktion für die Gesamtorganisation bzw. das Gesamtunternehmen. Die Handlungsfelder “Leistungsportfolio”, “Lerner- / Kundenerlebnis”, “(interne) Prozesse, Rollen Infrastrukturen” sowie “Ertragsmechanik / Wertbeitrag” sind gemäss der gewählten Strategie auszugestalten und bezeichnen Kernelemente des Geschäftsmodells:
Fragen der Governance (traditionell hierarchische Organisationsformen versus agile Organisationsformen) habe ich nur kurz gestreift, ebenso das Thema Wertbeitrag bzw. Ertragsmechanik und Aspekte des Marktumfelds. Im Mittelpunkt standen die Punkte “Leistungsportfolio” (Kompetenzen für eine digitale Arbeitswelt; erweitertes Angebotsportfolio von L&D), Lerner bzw. Kundenerlebnis (mobiles Lernen; Video-basiertes Lernen; personalisiertes Lernen) sowie Rollen, Prozesse, Werkzeuge und Infrastrukturen (Lerninhalte kuratieren; Diagnostik; Technologie-unterstütztes Lernen; Moderation von Camps & Communities; Performance Analytics).
Hier die Folien dazu:
Macht es im Unterricht «Klick»? Ergebnisse einer Metastudie zum Einsatz von «Klicker-Systemen» im Unterricht
Sogenannte «Klicker-Systeme» (auch bekannt als ‘Audience Response’-, ‘Student Engagement’- oder Abstimmungssysteme) sind ein Beispiel dafür, wie digitale Technologie auch im Workshop-, Kurs- oder Vorlesungsraum Einzug halten und damit «Präsenzlehre» zu Technologie-unterstütztem Lehren und Lernen erweitern kann. Die Grundidee dabei ist, dass Teilnehmende an einer (Lehr-)Veranstaltung schnell und einfach in eine Interaktion mit der Lehrperson bzw. dem Moderator eingebunden werden können.
Grundsätzlich können drei unterschiedlich elaborierte Szenarien für den Einsatz von Klicker-Systemen unterschieden werden (vgl. auch Abb. 1, unten):
- Einfache Impuls – Stimmabgabe-Sequenzen mit anschliessendem Aufzeigen der Ergebnisse und Erläuterungen dazu durch die Lehrperson;
- Sequenzen im Format Impuls – Diskussion (z.B. im Tandem) – Stimmabgabe mit anschliessendem Aufzeigen der Ergebnisse und nachfolgenden Erläuterungen;
- Sequenzen im Format Impuls – Stimmabgabe – Aufzeigen der Ergebnisse – Diskussion (z.B. im Tandem) – erneute Stimmabgabe – Aufzeigen der Ergebnisse – Erläuterungen durch die Lehrperson.
Ein solches Szenario kann über proprietäre System mit eigener Hard- und Software ebenso umgesetzt werden wie über webbasierte Lösungen im Zusammenspiel mit den Mobiltelefonen der Teilnehmenden.
Der Einsatz von Klicker-Systemen wird dabei unterschiedlich beurteilt bzw. kontrovers diskutiert (z.B. Cribb 2010, vgl. Referenz am Ende). Auf der einen Seite wird das Potenzial für die Aktivierung von Teilnehmenden / Lernenden z.B. im Verlauf einer Lehrveranstaltung gesehen. Auf der anderen Seite u.a. die Gefahr, dass der Unterricht zu einer Abfolge von didaktisch wenig sinnvollen Kurzabfragen degeneriert, bei denen die Teilnehmenden primär durch das «Gewinnen-Wollen» angetrieben sind.
Die vorliegende Publikation basiert auf einer Auswertung von 556 Forschungsbeiträgen zum Thema, die im Herbst 2013 gesichtet wurden. Von diesen wurden 28 Studien mit Publikationsdaten zwischen 2003 und 2012 in der Meta-Analyse verarbeitet. Fast alle dieser ausgewählten Einzelstudien wurden an Hochschulen durchgeführt, knapp 60% davon in Fächen wie Naturwissenschaften, Ingenieurwesen oder Mathematik.
Was sind nun die zentralen Ergebnisse dieser Metastudie? Die Autoren machen folgende Aussagen:
- Der Einsatz von Clicker-Systemen führt zu einem erhöhten Lernerfolg auf Seiten der Lernenden / Studierenden als bei Vergleichsgruppen.
- Dieser Effekt zeigt sich auch, wenn Klicker-Systeme über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden (also handelt sich also nicht nur einen kurzfristigen Motivationsschub durch den Einsatz einer neuen Technologie / eines neuen «Spielzeugs»).
- Die positiven Effekte zeigen sich unabhängig vom gewählten Lehrszenario (vgl. die drei Varianten oben). Natürliche können Frage – Diskussion – Antwort-Sequenzen auch ohne technische Hilfsmittel im Unterricht bzw. in Vorlesungen umgesetzt werden. Aber auch hier zeigen sich Vorteile / bessere Lernerfolge beim Einsatz von Klicker-Systemen.
- Diese Effekte sind statistisch signifikant. Über die Stärke der postiven Effekte («Wie viel besser waren die Leistungen der Studierenden in den Bedingungen ‘mit Klicker-System’»?) werden allerdings keine Aussagen gemacht.
Wie sind diese Effekte zu erklären?
Sind die Studierenden wacher / aufmerksamer (und dann auch beim Lernen erfolgreicher), weil sie annehmen, dass ihre Antworten aufgezeichnet / gespeichert / zugeordnet werden können? Die Autoren führen hierzu weitere Studien an, die diese Interpretation eher entkräften.
Die Autoren fokussieren bei der Erklärung der beobachteten Effekte auf die Anonymität von Antworten und Feedback. Sowohl die Stimmabgabe (Entscheidung für eine von mehreren alternativen Lösungen) als auch das Feedback (richtig oder falsch) werden nicht öffentlich. Beides geschieht über das jeweils persönliche Mobilgerät / die Klicker-Hardware. Damit, so die Autoren, sind die Studierenden weniger mit gesichtswahrenden Aktivitäten beschäftigt (Begründungen, Abwehr, etc.) und eher in der Lage, das so erhaltene Feedback anzunehmen und in ihren jeweils eigenen Lernprozess zu integrieren.
Referenzen / Verweise / Ressourcen
Chien, Yu-Ta; Chang, Yueh-Hsia; Chang, Chun-Yen (2016): Do we click in the right way? A meta-analytic review of clicker-integrated instruction. Educational Research Review, Vol. 17, Feruary 2016, S. 1-18. http://dx.doi.org/10.1016/j.edurev.2015.10.003
Cribb, Holly R. (2010): A review of clicker use. https://www.usma.edu/cfe/Literature/Cribb_10.pdf
Kraftcheck, Nathan (n.d.): Engaging students with student response systems. Kuratierte Sammlung auf scoop.it. https://www.scoop.it/t/teaching-with-clickers
Meier, Christoph (2013): Aktivierung von Lernenden mit mobilen Abstimmungssystemen. https://www.scil.ch/tel/2013/09/13/aktivierung-von-lernenden-mit-mobilen-abstimmungssystemen/
Frühwarnsystem für kritische Studienverläufe (e-teaching.org)
Studienabbrüche sind ein Makel in der Leistungsbilanz von Hochschulen. Diese verwenden deshalb mehr und mehr Mühe darauf, Probleme im Studienverlauf rechtzeitig zu identifizieren, um Gegensteuer geben zu können. Dies ist ein Treiber für die (Weiter-)Entwicklung des Themas “Learning Analytics”.
Die Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart hat ein “Frühwarnsystem” mit Namen LAPS entwickelt, das seit diesem Wintersemester 2017/18 im Einsatz ist:
Studierende, die innerhalb der ersten vier Semester weniger als 80 ECTS erbracht und sich bereits im fünften oder höheren Semester befinden, haben eine Abbruchwahrscheinlichkeit von 73 Prozent. Trifft diese Merkmalskombination auf einen Student oder ein Studentin zu, so ist von einer sehr ähnlichen Wahrscheinlichkeit für den jeweiligen Studienerfolg auszugehen. Das Interessante ist, dass bereits die Ergebnisse der Prüfungen des ersten Semesters genutzt werden können und so sehr viel früher als bisher ein Beratungs- und Unterstützungsprozess eingeleitet werden kann. Wer sich auf das Verfahren einlässt, erhöht die Chancen auf den Studienerfolg.
Auslaufmodell Personalentwicklung – Neupositionierung als Kompetenzmanagement (W. Sauter, blendedsolutions)
Passend zu unserem Beitrag zu Kompetenzen für eine digitalisierte Arbeitswelt hier ein Post von Werner Sauter (blendedsolutions):
Werner Sauter argumentiert für eine Neupositionierung der Personalentwicklung als Kompetenzmanagement:
Kompetenzmanagement erfordert eine Neupositionierung des betrieblichen Bildungsmanagements, das zukünftig die Rolle eines aktiven, strategieorientierten Gestalters und Begleiters der Lernprozesse im Unternehmen spielt. Dies ist dabei nur im Sinne einer „Ermöglichungsdidaktik“ möglich, die den Mitarbeitern und Führungskräften ein Lernsystem bietet, in dem sie ihre Kompetenzen selbstorganisiert im Rahmen realer Herausforderungen in der Praxis entwickeln können.
Quelle: https://blendedsolutions.wordpress.com/2017/11/18/auslaufmodell-personalentwicklung/
Kompetenzen für eine digitalisierte Arbeitswelt: ein Orientierungsrahmen
Die digitale Transformation erfordert neue Kompetenzen und Fähigkeiten auf Seiten von Mitarbeitenden in Unternehmen und Organisationen. Hier besteht weithin Einigkeit. Doch worin bestehen diese Kompetenzen genau? Und was heisst dies für Bildungsverantwortliche? Eine Orientierung.
Nachtrag 24.12.2017: Sabine Seufert hat in der Publikation “Notions of Disruption” des Schweizerischen Wissenschaftsrats (SWIR) ein umfangreiches Kapitel veröffentlicht, das das Thema “Digitale Kompetenzen” Bildungsstufen-übergreifend in den Blick nimmt. Mehr dazu hier.
Digitale Transformation
Die digitale Transformation unserer Arbeits- und Geschäftswelt ist gegenwärtig eine der zentralen Herausforderungen für Unternehmen und Organisationen in verschiedensten Branchen. Es wird deutlich, dass neue Kompetenzen und Fähigkeiten aufgebaut werden müssen, um unter veränderten Marktbedingungen, angesichts veränderter Kundenanforderungen und auf der Grundlage neuer technologischer Plattformen erfolgreich zu sein:
“We need to increase and expand our expertise and skills. It is the only way that we will be able to help shape the fundamental change in which we find ourselves and use if for Bosch.”
(Dr. Volkmar Denner, Chairman, Board of Management, Robert Bosch GmbH)
Mit dem Verweis auf die Notwendigkeit neuer Kompetenzen und Fertigkeiten fällt häufig auch das Stichwort “digitale Kompetenzen”. Eine aktuelle Studie von bitkom Research in Deutschland erklärt diese sogar zu Schlüsselkompetenzen im digitalen Zeitalter:
“Digitalkompetenz wird zur Kernkompetenz”
(bitkom Research zu Arbeit und Qualifizierung in der digitalen Welt, 2017)
Anlass also, einmal genauer hinzuschauen und sich dazu zu orientieren, was genau hinter dem Kürzel “digitale Kompetenzen” steckt und welche Aufgaben für Bildungsverantwortliche damit verbunden sind.
Welche (neuen) Kompetenzen braucht es in einer digitalisierten Arbeitswelt?
Wenn von “digitalen Kompetenzen” oder “Digitalkompetenzen” gesprochen wird, bleibt häufig unklar, welche Kompetenzen genau damit gemeint sind. Vielfach erwähnt werden etwa Aspekte wie die Fähigkeit zur produktiven Nutzung von digitalen Systemen und Anwendungen, die Fähigkeit zur Kommunikation und Zusammenarbeit im Netz oder auch Fragen von Sicherheit und Datenschutz. Dies ist auch bei der bereits oben angesprochen Studie des bitkom so, in der übrigens auch nach der Häufigkeit von Weiterbildungen zu diesen Themen gefragt wurde:
Bei einem genaueren Blick auf das Thema “digitale Kompetenzen” oder vielleicht besser: “Kompetenzen für eine digitalisierte Arbeitswelt” lassen sich verschiedene Diskussionsstränge und verschiedene Kompetenzfelder unterscheiden. Zum einen die Diskussion zum Thema “digital literacy” bzw. “digitale Grundkompetenzen”. Zum zweiten die Diskussion zur Bedarfslage im Hinblick auf bestimmte Berufsgruppen im bzw. nahe am Tätigkeitsfeld Informationstechnologien und Prozessgestaltung. Und zum dritten die Diskussion um notwendige organisationale Transformationen und die dafür erforderlichen Kompetenzen.
Digitale Grundkompetenzen
Ein aktueller Bericht des New Media Consortiums (Alexander et al. 2017, vgl. Referenzen am Ende des Beitrags) fasst die seit gut 10 Jahren geführte Diskussion zu «digital literacies / digitalen Grundkompetenzen» mit Blick auf den tertiären Bildungsbereich (Hochschulen) zusammen. Eine vergleichende Gegenüberstellung verschiedener Modelle für digitale Grundkompetenzen zeigt grosse Schnittmengen zwischen diesen Modellen. Folgende Bereiche “digitaler Grundkompetenzen” werden in diesem Bericht unterschieden:
- Kommunizieren (mit digitalen Werkzeugen / in digitalisierten Arbeitswelten)
- Kritisches Denken (v.a. im Hinblick auf Medien und Mediensystem)
- Technische Fertigkeiten und Umgang mit digitalen Werkzeugen
- Erstellen von digitalen Inhalten
- Kennen, nutzen und respektieren von Urheberrechts-Systemen
- Allgemeine “Bürger”-Tugenden wie z.B. angemessener Umgang mit dem eigenen digitalen Fussabdruck
Das im europäischen Raum entwickelte Modell “DigComp” bzw. “DigComp 2.1” ist nicht auf die Anforderungen an Schulen oder Hochschulen ausgerichtet (wie viele der oben aufgeführten Modelle), sondern formuliert Kompetenzerfordernisse für alle Bürger in einer digitalisierten Welt. Dennoch zeigen sich grosse Schnittmengen mit den eben angesprochenen Modellen (vgl. die folgende Übersicht zu bei DigComp formulierten digitalen Grundkompetenzen):
Arbeitsbezogene Kompetenzen
Die bisher genannten Modelle sind eher auf allgemein relevante Grundkompetenzen und auf Bildungsinstitutionen ausgerichtet. Aber auch im Hinblick auf die Berufs- und Arbeitswelt gibt es Vorschläge für Kompetenzmodelle – beispielsweise das Modell der Future Work Skills 2020 des Institute of the Future (IFTF, 2011). In diesem Modell werden sechs Treiber für veränderte Kompetenzerfordernisse in der Arbeitswelt unterschieden:
- demografische Veränderungen (Lebenserwartung, Karriereverläufe),
- Informationstechnologie (inkl. allgegenwärtige Sensorik und Prozessdaten),
- neue (z.T. virtualisierte) Organisationsformen,
- zunehmende Diversität des Personals in global vernetzten Unternehmen und Organisationen (kulturelle Diversität, unterschiedliche Bildungs- und Berufsbiografien),
- veränderte Ökosysteme von digitalen Arbeits- und Kommunikationswerkzeugen (z.B. integrierte enterprise collaboration systems)
- zunehmende Bedeutung von Maschinen und Systemen mit künstlicher Intelligenz.
Ausgehend von diesen Treibern werden in dem Modell des IFTF zentrale Komptenzerfordernisse für Beschäftigte formuliert und verortet bzw. zugeordnet (die farbigen Rahmen der kleinen Kreise zeigen an, welche Treiber in welchem Ausmass relevant sind).
Die in diesem Modell angeführten zentralen künftigen Kompetenzerfordernisse für Beschäftigte sind unter anderem die folgenden:
- Interpretation und Sinn-Gebung (“sense-making”) sowie empathische Interaktion mit anderen (“social intelligence”):
Wenn “intelligente” Algorithmen zunehmend mehr einfache Aufgaben der Informationsverarbeitung und Interaktion z.B. mit Kunden übernehmen, dann bleiben vor allem anspruchsvollere Aufgaben wie z.B. Interpretation und Sinn-Gebung sowie die empathische Interaktion mit anderen Menschen als Domäne für menschliche Arbeitskräfte. - Kreatives und adaptives Denken:
Angesichts von zunehmender Automatisierung einerseits sowie der Verlagerung von Aufgaben in Niedriglohnländer andererseits bleiben kreative Aufgaben und das Entwickeln neuer kreativer Lösungen –in so unterschiedlichen Feldern wie der Rechtsberatung einerseits oder des Gastgewerbes andererseits – als zukunftsträchtige Aufgabenfelder für unsere Wirtschaft und Gesellschaft. - Interkulturelle Kompetenz und die Fähigkeit, in unterschiedlichen bzw. kulturell heterogenen Kontexten effektiv zu arbeiten.
- Das Verstehen von Konzepten aus unterschiedlichen Disziplinen und disziplinübergreifendes Denken und Arbeiten.
- Fähigkeit zu effektiver und effizienter virtueller Zusammenarbeit mit entfernten Personen und Teammitgliedern auf der Grundlage von digitalen Werkzeugen und Plattformen.
- “Computational thinking” bzw. die Fähigkeit, grosse Datenmengen zu strukturieren, zu analysiseren, die Ergebnisse zu interpretieren sowie auch datenbasierte Argumentationen zu verstehen und kritisch zu hinterfragen.
- Das Management von kognitiver Belastung und die Fähgikeit, passende Werkzeuge und Techniken zur Entlastung bei der Informationsverarbeitung einzusetzen (“cognitive load management”).
- Das Erkennen der Anforderungen an Arbeitsaufgaben und das Anpassen von physischen Umgebungen und Prozessen im Hinblick auf eine erfolgreiche Umsetzung dieser Aufgaben (“design mindset”).
Spezifische Kompetenzerfordernisse für Fachspezialisten – auch im Bereich Personalentwicklung
Im zweiten oben erwähnten Diskussionsstrang geht es um Fachspezialisten in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien, digitale Prozesse und Geschäftsabläufe. Prognosen zufolge werden künftig mehr dieser Fachspezialisten benötigt und die Ausbildungskapazitäten in diesem Bereich werden aktuell ausgebaut. Hier entstehen aktuell auch neue Profile und Spezialisierungen, wie etwa die gegenwärtig händeringend gesuchten Datenanalysten.
Eine Ausdifferenzierung von neuen Rollen und Profilen wird im Übrigen auch für den Bereich Personalentwicklung gesehen (z.B. Kerres 2017): künftig braucht es mehr Lerninfrastruktur-Architekten, Experten für (Kompetenz-)Diagnostik, Analysten für ‘big learning data’, Designer von immersiven Lernumgebungen (360°Video, AR und VR), Inhalte-Kuratoren sowie E-Coaches und E-Moderatoren.
Auch wenn es zum Teil Überlappungen mit bereits oben angeführten Kompetenzfeldern gibt (z.B. «computational thinking»), so sind die Kompetenzerfordernisse von Fachspezialisten doch berufsfeld- und aufgabenspezifisch. Unternehmen und Organisationen sind daher gefordert, neben digitalen Grundkompetenzen für die gesamte Belegschaft auch Kompetenzanforderungen in den Blick zu nehmen, die sich aus der digitalen Transformation für ganz spezifische Berufsgruppen ergeben.
Organisations- und transformationsbezogene Kompetenzen
In der Diskussion um digitale Transformation wird immer wieder betont, dass Unternehmen und Organisationen insgesamt verändert werden müssen, beispielsweise von traditionellen, hierarchischen Organisationsformen hin zu agileren Organisationsformen (z.B. Holokratie – vgl. dazu diesen Blogbeitrag). Es braucht also Menschen, die in der Lage sind, organisationale Transformations- und Veränderungsprozesse auf den Weg zu bringen und zu gestalten. Uhl et al. (2016) haben hierzu ein Modell formuliert, das auf der einen Seite drei zentrale Ermöglicher für digitale Transformation von Unternehmen und Organisationen beinhaltet, auf der anderen drei zentrale Zieldimensionen für diese Transformation (vgl. Abbildung 4).
Für jeden der in diesem Modell aufgezeigten Bereiche führen Uhl et al. beispielhaft verschiedene Funktionen und Kompetenzen aus:
- Innovation vorantreiben
Hierzu gehören z.B. die Fähigkeit, eine Transformation von Ideen in neue, nützliche und finanziell tragfähige Produkte und Dienstleistungen voranzutreiben sowie die Fähigkeit, eine Kultur der Innovation in der eigenen Organisation zu etablieren. - Transformation vorantreiben
Hierzu werden u.a. die folgenden Fähigkeiten gerechnet: effektiv über Veränderung und die Folgen von Veränderung kommunizieren; verschiedene Anspruchsgruppen im Veränderungsprozess mitnehmen; eine Kultur der Offenheit für Veränderung etablieren. - IT-Exzellenz vorantreiben
Relevante Kompetenzen in diesem Bereich beinhalten beispielsweise die Sichtung und Evaluation von neuen IT-Werkzeugen und IT-Lösungen sowie die Gestaltung von IT-Infrastrukturen, die auf bestimmte Zielgruppen und deren Kundenerlebnisse ausgerichtet sind. - Kundenzentrierung vorantreiben
Hierzu gehören beispielsweise das Weiterentwickeln der Interaktion und der Kommunikation mit verschiedenen Kundensegmenten, das Etablieren einer Kultur der Kundenorientierung sowie das Verankern von Kundenorientierung in verschiedenen Prozessen. - Effektive Wissensarbeit vorantreiben
Diesbezüglich relvant sind Uhl et al. zufolge vor allem das Etablieren einer Kultur der Offenheit, des Teilens und des kontinuierlichen Lernens, das effektive Umsetzen von Crowdsourcing sowie auch das Ausrichten von IT-Systemen auf die Arbeitserfordernisse der Mitarbeitenden. - Operative Exzellenz vorantreiben
Hierzu gehören u.a. die Fähigkeit zur Umsetzung von einem holistischen Prozessmanagement, das kritische Einschätzen der Potenziale und Grenzen digitalisierter Prozesse oder auch das Definieren und Überwachen von zentralen Leistungsindikatoren.
Ähnlich wie das Modell von Uhl et al. zielt auch ein Modell von McKinsey auf Praktiken (und Kompetenzen), die agile Organisationen ausmachen (Ahlbäck et al. 2017). Die dort angeführten 18 “Praktiken” für organisationale Agilität lassen sich auch als Kompetenzerfordernisse für Transformations-Agenten formulieren. Beispielsweise:
- Strategie-orientierte Anleitung geben, damit Mitarbeitende autonom an (Team-)Zielen arbeiten können.
- Strukturen etablieren, die den direkt betroffenen Mitarbeitenden Freiräume für Entscheidungen zu operativen Umsetzungen eröffnen.
- Transformationales Führen und aktives Einbinden von Mitarbeitenden in Entscheidungsprozessen.
- Vorantreiben von Produkt- und Service-Entwicklung auf der Grundlage von (agilen) Arbeitsmethoden, die ‘rapid prototyping’ und rasche Abfolgen von Tests und Überarbeitung beinhalten.
- Flexibles Zuweisen (oder Abziehen) von Ressourcen für Entwicklungsinitiativen auf der Basis eines systematischen Prozesses der Fortschrittsevaluation.
Pulsmessung
In den letzten Monaten hatte ich Gelegenheit, im Rahmen verschiedener Vorträge jeweils kurze «Pulsmessungen» unter den anwesenden Bildungsverantwortlichen zu machen. Ich habe dabei u.a. danach gefragt, ob denn im eigenen Unternehmen / in der eigenen Organisation ein Kompetenzmodell (als Grundlage für die Arbeit der Personalentwicklung) verfügbar ist, bzw. ob etablierte Kompetenzmodelle den Aspekt “digitale Kompetenzen” ausreichend berücksichtigen. Die Rückmeldungen deuten darauf hin, dass dies bisher nur bei einem kleineren Teil der vertretenen Unternehmen / Organisationen (ca. 18% aller Antworten) der Fall ist (vgl. Abbildung 6).
Eine offene Aufgabe für Bildungsverantwortliche
Ein Kompetenzmodell als Orientierungsrahmen ist eine wichtige Grundlage für die systematische Personalentwicklung in Unternehmen und Organisationen (Grote et al. 2012). Erste Beispiele für unternehmensspezifische Kompetenzmodelle, die Aspekte der digitalen Transformation aufgreifen und integrieren, sind mittlerweile verfügbar (z.B. Lufthansa – vgl. Simée et al. 2017). Auf viele Bildungsverantwortliche wartet diesbezüglich aber noch eine Aufgabe.
Der folgende Orientierungsrahmen kann hierfür einen möglichen Startpunkt bieten. Er umfasst vier Bereiche, bei denen jeweils andere Beschäftigtengruppen im Vordergrund stehen:
- Kompetenzen für produktives Arbeiten in einer digitalen Arbeitswelt (Mitarbeitende in allen Funktionsbereichen)
- Kompetenzen für das Management von produktivem Arbeiten in einer digitalen Arbeitswelt (Personen mit Leitungs- / Koordinationsaufgaben)
- Kompetenzen für das Führen der Transformation in einer digitalen Geschäftswelt (Personen mit Führungsaufgaben sowie Change-Agenten)
- Kompetenzen für das Entwickeln bzw. Bereitstellen von Informatik-Services (Fachkräfte im Bereich IT / KI)
Literatur / Verweise
Ahlbäck, Karin; Fahrbach, Clemens; Murarka, Monica; Salo, Olli (2017). McKinsey.com Survey October 2017: How to create an agile organization. Blogpost. www.mckinsey.com
Alexander, B.; Adams Becker, S.; Cummins, M.; Hall Giesinger, C. (2017). Digital literacy in higher education, part II: A NMC Horizon Project Strategic Brief. Volume 3.4, August 2017. Austin, Texas: The New Media Consortium.
bitkom (2017): Arbeit und Qualifizierung in der digitalen Welt. Presseinformation, bitkom.
British Columbia (2013): BC’s Digital Literacy Framework.
Carratera, Stephanie; Vuorikari, Riina; Punie, Yves (2017). DigComp 2.1 The Competence Framework for Citizens. With eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union.
Davies, A., Fidler, D., & Gorbis, M. (2011). Future Work Skills 2020. Palo Alto, CA: Institute for the Future for the University of Phoenix Research Institute.
Deloitte (2017). Welche Schlüsselkompetenzen braucht es im digitalen Zeitalter.
Dreyer, Anne (2017). 6.171 Digitale Kompetenzen. In: PersonalEntwickeln, hrsg. von Laske / Orthey / Schmid. Kluwer.
Ferrari, Anusca (2013). DIGCOMP: A framework for developing and understanding Digital Competence in Europe. JRC Scientific and Policy Reports, EUR 26035 EN. Luxembourg: Publications Office of the European Union.
FZI / accenture / bitkom (2017). Kompetenzen für eine digitale Souveränität.
Euler, Dieter; Hahn, Angela (2014). Wirtschaftsdidaktik. 3., aktualisierte Auflage. Bern: Haupt.
Grote, S., Kauffeld, S., Denison, K., Billich-Knapp, M., & Frieling, E. (2012). Implementierung eines Kompetenzmanagementsystems: Phasen, Vorgehen, Stolpersteine. In S. Grote, S. Kauffeld, & E. Frieling (Hrsg.), Kompetenzmanagement. Grundlagen und Praxisbeispiele, S. 15–34. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Hartmann, Werner; Hundertpfund, Alois (2015): Digitale Kompetenz. Was die Schule dazu beitragen kann. 2015. Bern: hep.
JISC (no date). Building digital capabilities: The six elements defined.
Kerres, Michael (2017): Digitale Transformation. (Wie) Kann digitales Lernen Veränderung unterstützen? Keynote, Swiss eLearning Conference, Zürich, 04.04.2017.
Kohl, Matthias; Müller, Linda; Schley, Thomas; Kemmsies, Christine; Kranjcec-Sang, Vesna (2017): Studie: Kompetenzlabor – “Welche Kompetenzen benötigt die Versicherungsbranche künftig?” Nürnberg / München: f-bb / BWV.
OECD (2016): Skills for a digital world. 2016 Ministerial Meeting on the digital economy. Background Report. OECD Publishing (OECD Digital Economy Papers, 250).
P21 The Partnership for 21st Century Learning (2015): P21 Framework Definitions.
Reedy, Katharine; Goodfellow, Robin (2012): Digital and information literacy framework. The Reedy / Goodfellow 2012.
Shareground / mcm-hsg (2015). Arbeit 4.0 Megatrends digitaler Arbeit der Zukunft – 25 Thesen.
Simée, Julian; Camboni, Marco; Schwind, Christina (2017): Kompetenzen und Skills in der Lufthansa-Gruppe. Personalführung, 9/2017, S. 30-35.
State Board of Education, North Carolina (2016). Digital learning competencies for educators.
Trilling, Bernie; Fadel, Charles (2009): 21st century skills. Learning for life in our times. San Francisco: Jossey-Bass.
Uhl, Axel; Born, Matthias; Koschmider, Agnes; Janasz, Tomasz (2016). Digital capability framework: A toolset to become a digital enterprise. In: Digital Enterprise Transformation (Uhl / Gollenia).
World Economic Forum (WEF) (2015). New Vision for Education: Unlocking the potential of technology. Genf: WEF.
Weitere Literatur / Verweise (Nachträge mit Datum)
Vander Ark, Tom (2017): Ask about AI: The future of work and learning. Whitepaper. http://www.gettingsmart.com/2017/11/ask-about-ai-the-future-of-learning-and-work/ (15.12.2017)
Towards Maturity Benchmarking Report 2017: L&D – where are we now?
Seit 2003 führt Towards Maturity jährlich eine Benchmarking-Studie im Bereich betriebliches Bildungsmanagement durch. Die Studien sind mittlerweile sehr elaboriert, stützen sich auf ein ausgearbeitetes Reifegradmodell und können auf eine grosse Teilnehmerbasis (mehrheitlich aus Grossbritannien) zurückgreifen. In den aktuellen Bericht sind die Antworten von 702 Bildungsverantwortlichen aus 653 Organisationen eingeflossen.
Ein zentrales Ergebnis in diesem Bericht ist die nachfolgende Übersicht zu zentralen Kompetenzbereichen für Bildungsverantwortliche / Learning Professionals. Dabei wird der grösste Entwicklungsbedarf bei den folgenden Kompetenzen verortet:
- Soziales und kollaboratives Lernen unterstützen
- Data Analytics
- Digitale Lerninhalte entwickeln
- Webinare durchführen
- Technologie / Infrastruktur
Darüber hinaus enthält der Bericht Ergebnisse zu folgenden Punkten:
- Entwicklungsthemen, die am häufigsten via E-Learning umgesetzt werden
- Entwicklung von Lerninhalten inhouse vs. Einkauf extern
- Top 10 der 2017 eingesetzten Lerntechnologien
- Wichtigste Treiber für den wahrgenommenen Wertbeitrag von L&D
- Leistungsindikatoren für L&D
- Wichtigste Barrieren für die weitere Modernisierung von Lernen / Entwicklung in Unternehmen / Organisationen
Quelle
Towards Maturity, 2017-18 Learning Benchmarking Report, November 2017
Persönlicher Werkzeugkasten / persönliche Arbeits- und Lernumgebung
Jane Hart, C4LPT, hat auf der Basis ihrer letzten Erhebung zu Top 100 Tools for Learning, eine neue Version ihrer Infografik zum Werkzeugkoffer für “moderne Lernende” erstellt.
Jochen Robes hat in seinem aktuellen Wochenrückblick diese Übersicht aufgenommen und eine Aufstellung zu den von ihm genutzten Werkzeugen erstellt.
Ich hatte vor einiger Zeit im Rahmen eines Vortrags einmal ein Bild zu meiner persönlichen Arbeits- und Lernumgebung erstellt. Ich zeige diese hier auch einmal auf – vielleicht finden sich ja noch weitere Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls Ihre Arbeits- und Lernumgebungen vorstellen. Ich fände das noch interessant, denn die Unterstützung anderer bei der (Weiter-)Entwicklung ihrer persönlichen Arbeits- und Lernumgebungen ist ja auch eine Aufgabe für uns als Learning Professionals…
Ich habe bei meiner Darstellung nicht so sehr Kategorien von Werkzeugen, sondern einen dreischrittigen Transformationsprozess in den Mittelpunkt gestellt:
- In verschiedensten Kontexten Inhalte sichten, Informationen aufnehmen, aufarbeiten und verdichten (d.h., “lernen”);
- Transformation in Zwischenprodukte vornehmen (z.B. Tabellen / Übersichten; Folien mit Wissensstrukturen; Kurzartikel z.B. für den scil-blog);
- Produkte und Services wie Präsentationen, Arbeitsberichte oder Kurse entwickeln und Beratungsarbeit durchführen.
Oben im Bild finden sich die Geräte und Netzwerke, die Bestandteil der Arbeits- und Lernumgebungen sind: Notebook-Computer, Tablet und Smartphone; Cloud-basierte Dateiablage für das Team und Netzwerkzugriff auch beim Reisen innerhalb von Europa. In der Mitte ist der für mich zentrale Transformationsprozess anhand von einigen Screenshots darstellt. Unten im Bild sind die für mich dabei wichtigsten Applikationen aufgeführt: Newsblur (RSS Reader), Diigo (social Bookmark Plattform mit Annotations-Funktionen) , Evernote (digitales Notizbuch), WordPress (Blogging-Plattform), Office Anwendungen und Moodle als Plattform für unsere Kursangebote.
Wichtig, aber in diesem Bild nicht angemessen repräsentiert, sind die Begegnungspunkte und Gespräche mit anderen (allen voran Kolleginnen und Kollegen), die diese drei Schritte begleiten.
Newsblur (RSS Reader) und Evernote (digitales Notizbuch für Einzelpersonen und Teams) sind vielleicht die am wenigsten bekannten Werkzeuge in der hier aufgeführten Liste. Beide sind für meine Arbeit zentral. In Newsblur habe ich die für mich wichtigen Zeitschriften und Weblogs hinterlegt und bekomme dort die jeweils neuesten Inhalte angezeigt (inkl. der Anzahl der neuen Elemente pro abonniertem Kanal). Darüber hinaus kann ich die gesichteten Inhalte abhaken und interessante Funde für späteres Lesen in einen separaten Ordner stellen:
Wenn ich etwas interessant finde und bei Bedarf wiederfinden möchte, dann erstelle ich dazu zunächst in Diigo ein Lesezeichen. Wenn ein Inhalt so interessant ist, dass ich ihn aufarbeiten bzw. in meine digitale Ressourcensammlung integrieren möchte, dann nutze ich dafür zunächst Evernote. Hier erstelle ich beispielsweise Notizen zu Büchern, Artikeln oder Webinaren. Hier pflege ich mein persönliches Glossar. Und auch die im Team geteilten Notizbücher zu unseren Kursen, Projekten etc. finden sich hier. Wichtig ist für mich dabei insbesondere, dass sich diese Inhalte über alle meine Endgeräte (Notebook, Tablet, Smartphone) automatisch synchronisieren und ich – egal wo und mit welchem Gerät unterwegs – auf die aktuellen Inhalte zugreifen kann.
Lern-Unterstützung (scaffolding) für Flipped-Classroom Designs
Flipped Classroom-Designs bestechen durch ihre Logik: Lernende können dann auf Unterstützung durch eine Lehrperson zugreifen, wenn sie diese am meisten benötigen: bei der Bearbeitung von Aufgaben und Aufträgen in der Präsenzphase. Die Erarbeitung von Grundwissen erfolgt vorab auf der Grundlage z.B. von Lehrvideos (zur eigenen Zeit, im eigenen Tempo) .
Dafür müssen die Lernenden einiges an Selbststeuerungsfähigkeit mitbringen (die Videos tatsächlich bearbeiten, dran bleiben, sich motivieren, etc.). Die Autoren dieses Fachbeitrags verweisen auf frühere Studien, die gezeigt haben, dass Lernende dies nicht immer mitbringen.
Dies ist der Hintergrund für diese Studie, die im Rahmen eines Sprachkurses an einer Universität in Taiwan durchgeführt wurde. Dabei wurde eine online-Unterstützungsumgebung entwickelt, um die Selbstlernphase im Rahmen des Flipped-Designs zu unterstützen. Diese Umgebung beinhaltete zusätzliche Lernaufgaben und Feedback-Mechanismen. Gleichzeitig wurden die Lernenden über ‘hard scaffolds’ (standardisierte, Skript-basierte Hinweise aus dem System) sowie über ‘soft scaffolds’ (Feedback von Peers und von der Lehrperson) dabei unterstützt, die eigenen, selbstgesteuerten Lernaktivitäten besser zu regulieren (u.a. Zielsetzungen, Beobachtung / Anpassung des eigenen Lernprozesses, Bewertung des eigenen Lernfortschritts).
Über verschiedene Instrumente (u.a. Lernerfolgskontrollen aber auch Fragebögen zum Lernverhalten) wurden die Fortschritte der Experimentalgruppe (Flipped Classroom + ergänzende Unterstützungsumgebung) und der Kontrollgruppe (nur Flipped Classroom) beobachtet.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Lernenden unter der Bedingung “Flipped Classroom UND zusätzliche Unterstützungsumgebung”
- signifikant höhere Lernerfolge erzielten und
- signifikant höhere Werte im Hinblick auf die Fähigkeit zu selbstreguliertem Lernen erreichten.
Abbildung 1: Untersuchungsdesign
Quelle
Shyr, W.-J. & Chen, C.-H. (2017): Designing a technology-enhanced flipped learning system to facilitate students’ self-regulation and performance. Journal of Computer Assisted Learning, November 2017
2017 Training Industry Report (www.trainingmag.com)
Das Trainingmagazine (trainingmag.com) publiziert seit vielen Jahren einen “Training Industry Report”. Dabei werden allerdings ausschliesslich US-amerikanische Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden befragt. Im aktuellen Heft ist der Report 2017 verfügbar. Im Mittelpunkt stehen folgende Punkte:
- Ausgaben für Training / Weiterbildung
- Budgets für Training / Weiterbildung (und deren Veränderung)
- Formate von Training / Weiterbildung
- Einsatz von Lerntechnologien
- Training outsourcing
(Hinweis: auch der aktuelle “State of the Industry Report” der ATD wird in ca. 2 Wochen vorgestellt / verfügbar sein)
Quelle
Holokratie als Organisationsmodell für agile Bildungsorganisationen? 3 Fallbeispiele
Auch (unternehmensintern agierende) Bildungsorganisationen sehen sich gefordert, agiler zu werden. Im Rahmen des 1. scil-Interaktiv-Webinars haben wir Holokratie und den Entwicklungsweg dorthin zum Thema gemacht. Drei Fallbeispiele wurden vorgestellt und diskutiert: CYP, Mobiliar und Swisscom.
Unternehmen und Organisationen – so wird seit einiger Zeit konstatiert – bewegen sich in einer Umwelt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Uneindeutigkeit geprägt ist. Eine Erhöhung der eigenen Agilität gilt als wichtiger Hebel, für Erfolg in einer solche VUCA-Welt. Dies gilt auch für (interne) Bildungsorganisationen bzw. Bildungsdienstleister / Personalentwicklungsbereiche.
Seit einigen Jahren wird daher über Holacracy (deutsch: «Holokratie») als Alternative zu etablierten hierarchischen Organisationsformen diskutiert (z.B. auf dem Holacracy Forum 2017 in Amsterdam). Dabei werden Themen wieder aufgegriffen, die schon früher unter Stichworten wie «teilautonome Fertigungsgruppen» oder «Qualitätszirkel» und in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit agiler Software-Entwicklung und Projektarbeit (z.B. «Scrum-Teams») diskutiert wurden. Mit dem Unterschied, dass diese Organisationsformen nicht mehr nur als Option für einzelne Teams, sondern auch als Option für grössere Organisationseinheiten und auch für Unternehmen gesehen werden. Holokratische Organisationsformen, so die Annahme, ermöglichen mehr Flexibilität, mehr Partizipation und Mitbestimmung, mehr Freiräume für das Entfalten von individuellen Talenten, mehr Engagement und mehr Nähe zum Markt bzw. zu Kunden. Ein bekanntes Beispiel für ein ganzes Unternehmen, das holokratisch organisiert ist, ist etwa der Online Versandhändler Zappos.
In ihrem Beitrag zu Holokratie im Harvard Business Review spannen Bernstein et al. (2016; vgl. Referenz unten) einen Orientierungsrahmen auf, indem sie ein Spannungsfeld von Stabilität und Zuverlässigkeit auf der einen Seite und Anpassungsfähigkeit auf der anderen Seite aufzeigen (vgl. Abbildung 3, unten). Sie argumentieren, dass holokratische Organisationsformen kein Allheilmittel sind und dass deren Umsetzung davon abhängig gemacht werden sollte, wie sich die Rahmenbedingungen an ein Unternehmen bzw. eine (Teil-)Organisation gestalten:
- Sind die Anforderungen an Stabilität und Zuverlässigkeit hoch? Braucht es grosse, langfristig wirksame Investitionen z.B. in einen Maschinenpark? Braucht es eine Gesamtsteuerung über eine langfristige, strategische Planung? Dann sind holokratische Organisationsformen nicht unbedingt zielführend.
- Bewegt sich das Unternehmen / die (Teil-)Organisation in einer unsicheren Umwelt mit wechselnden Anforderungen? Ist das Produkt- / Service-Portfolio breit und diversifiziert? Ist eine Gesamtsteuerung auf der Basis weniger Leitlinien möglich? Dann können holokratische Organisationsformen durchaus sinnvoll sein. Aber auch in diesem Fall gibt es durchaus noch offene Fragen: Wie wird eine Gesamtkoordination der einzelnen Teileinheiten / Kreise sichergestellt? Wer übernimmt (Gesamt-)Verantwortung nach aussen? Welche Vergütungsmodelle passen zu einer so veränderten Organisation und den neuen Mechanismen der Aufgabenverteilung?
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion haben wir kürzlich ein Webinar zum Thema «Neue Organisationsformen für L&D» durchgeführt. Dazu hatten wir Vertreter von drei schweizerischen Bildungsorganisationen eingeladen, die in den letzten Jahren holokratische Organisationsformen – in verschiedenen Ausprägungen – umgesetzt haben. In ihren Fallberichten haben sie ihre jeweiligen Entwicklungswege und Herausforderungen geschildert, bevor wir dann in parallelen Arbeitsgruppen die Fälle und Fragestellungen vertieft haben.
Alexia Böniger, CYP: «Was heisst ‘agile Organisation’ bei CYP»
Der erste Fallbericht kam von Alexia Böniger von CYP. CYP wurde 2003 in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Bankiervereinigung gegründet, beschäftigt aktuell ca. 85 Mitarbeitende und versteht sich als führendes Kompetenzzentrum für modernes Lernen der Schweizer Banken. Das Leistungsportfolio von CYP war ursprünglich auf die überbetrieblichen Kurse im Rahmen der kaufmännischen Grundbildung fokussiert, wurde aber in den letzten Jahren durch verschiedene Weiterbildungs- und Zertifizierungsangebote erheblich erweitert.
Ausgangspunkt und Treiber für das aufwändige Reorganisationsprojekt bei CYP war die Wahrnehmung von veränderten Anforderungen an die Organisation: Zum einen hat sich ein eher wenig kompetitives zu einem sehr kompetitiven Marktumfeld gewandelt, in dem auch branchenfremde Player aktiv sind. Zum anderen wird ein Wertewandel spürbar. Mitarbeitende wollen nicht mehr «Ausführende» sein, sondern mit der Leitungsebene «auf Augenhöhe» zusammenarbeiten. Wenn also CYP in diesem kompetitiven Umfeld das Potenzial der Mitarbeitenden für die (Weiter-)Entwicklung innovativer Angebote ausschöpfen und den Zeitvorlauf bis zu deren Lancierung verkürzen will, dann muss sich CYP von einem hierarchisch organisierten Unternehmen zu einer agileren Netzwerkorganisation wandeln.
Für CYP heisst «Agilität», dass Arbeitsort und Arbeitszeiten flexibler werden, Aufgaben gemäss Können und Talent verteilt werden bzw. Mitarbeitende sich Projekte aussuchen können, dass Entscheidungswege kurz sind und dass interdisziplinäre Teams modularisierte Produkte entwickeln.
Die über die Reorganisation erreichte Struktur von CYP (vgl. Abbildung 2) orientiert sich an Elementen der Holokratie, ohne diese aber in allen Aspekten umsetzen zu wollen. So wurden etwa die Funktionsbeschreibungen der Mitarbeitenden in Rollenbeschreibungen überführt. Dabei gibt es zum einen «Floater»-Rollen, die Aufgaben für die ganze Organisation wahrnehmen (z.B. Safety Officer). Andere Mitarbeitende ordnen sich mit ihren Rollen entweder dem «General Company Circle», Themen-Zirkeln wie z.B. «Finanzen» oder Strategischen Geschäftsfeldern wie z.B. «Smart Education» zu. Im Unterschied zu einer «klassischen» holokratischen Organisationsstruktur wird aber z.B. auf die Rolle des «Lead Link» verzichtet. Dem Prinzip der Selbststeuerung folgend, organisieren sich die Themen-Zirkel eigenverantwortlich, die typischen Aufgaben eines Lead Link werden vom Netzwerk selbstorganisiert bewältigt.
Was sind die Erfolgsfaktoren für diesen Transformationsprozess bei CYP? Aus Sicht von Alexia Böniger sind es vor allem zwei Faktoren: Zum einen die tiefe Überzeugung der Personen mit strategischen Rollen, dass dieser Weg für CYP der richtige ist. Zum zweiten das Ausbalancieren von Veränderung (und damit einhergehender Verunsicherung) auf der einen Seite und auf der anderen Seite Verlässlichkeit und Kontinuität sowie einer guten Begleitung der von Veränderung betroffenen Mitarbeitenden.
Dr. Saskia Baer-Raatz, die Mobiliar: «Ist Holacracy der richtige Weg für uns? Warum wir einen Schritt zurück machen, um unseren Zielen näher zu kommen.»
Der zweite Fallbericht kam von Saskia Baer-Raatz, Teamleiterin Bildungsinnovation bei Mobiliar Versicherungen. Die Mobiliar ist die älteste private Versicherungsgesellschaft in der Schweiz, beschäftigt ca. 4’500 Mitarbeitende (jeweils etwa hälftig an den beiden Direktionsstandorten sowie in den knapp 80 Generalagenturen) und ist genossenschaftlich verankert.
Der HR Bereich der Mobiliar – das Human Development – sieht sich auch in einer Rolle als Change Agent für die Gesamtorganisation. In 2016 wurde in der Abteilung Personalentwicklung (PE) ein Pilotprojekt zur Umsetzung von Holacracy mit etwa 25 Mitarbeitenden gestartet, und zwar mit einer doppelten Zielsetzung: auf der einen Seite, Erfahrungen mit agilen Organisationsformen zu sammeln und für das gesamte Unternehmen zu reflektieren; auf der anderen Seite, in der eigenen Arbeit mehr Kundenorientierung, mehr Flexibilität (z.B. bei der Konzeption und Umsetzung neuer Lern- und Entwicklungsangebote) und mehr Geschwindigkeit zu erreichen.
Die Umgestaltung der Organisationsstrukturen stellte sich für alle Beteiligten – trotz externer Unterstützung und Begleitung – als herausfordernd dar. So traten in diesem Prozess u.a. Selbstmanagement-Kompetenzen sowie ein verändertes Führungsverständnis als wichtige Erfolgsfaktoren hervor. Elemente der Einführungsbegleitung waren u.a. eine Reihe von Workshops mit dem Führungsteam; Workshops mit den Mitarbeitenden; Workshops zum Rollen-Matching; Austauschtreffen mit externen Partnern, die bereits in solchen agilen Strukturen arbeiten; Kompetenzaufbau für die Inhaber von Moderatoren-Rollen; und schliesslich auch kurze «Workouts» (z.B. über Mittag) zu verschiedenen Themen und Herausforderungen.
Auch ein holokratisches Organisationsmodell, so eine der zentralen Erfahrungen bei Mobiliar, ist und bleibt ein Organisationsmodell, bei dem beispielsweise kulturelle Aspekte aussen vor bleiben. Trotz des umfangreichen Regelwerks, das für Holokratie als Organisationsmodell verfügbar ist, blieben für den Bereich PE bei Mobiliar viele Fragen offen: Wie kann eine Passung zu den etablierten Funktionslandschaften hergestellt werden? Wie sollen PE-Prozesse wie Rekrutierung, Onboarding, Leistungsmanagement und Vergütung oder Entlassung etc. umgesetzt werden. Hier stiess man mit den etablierten Regelwerken des Gesamtunternehmens auf grosse Hindernisse.
In Kombination mit den Irritationen, die die unterschiedlichen Operationsmodi von PE (agil) und andern Bereichen (hierarchisch) auslösten (z.B. Übersteuern von Entscheidungen, die in PE-Kreisen gefällt wurden), wurde dann nach ca. einem Jahr schliesslich die Entscheidung getroffen, das Modell Holokratie für PE nicht weiter zu verfolgen. Der PE-Bereich ist mittlerweile zu einem «klassischeren» Führungsmodell zurückgekehrt, wobei allerdings nach wie vor Wert auf einen möglichst grossen Handlungs- und Entscheidungsraum für die Mitarbeitenden in ihren Rollen gelegt wird. Verschiedene Elemente des holokratischen Organisationsmodells, wie z.B. die Art und Weise der Gestaltung der Meetings, werden beibehalten. Ziel ist es, durch den Schritt zurück eine Art ‚hybrides‘ Modell zu etablieren, das mit den organisationalen Rahmenbedingungen besser vereinbar ist.
Emmerich Stoffel, Swisscom: «Holacracy erfolgreich einführen: von der Purpose Quest bis zur Entwicklung von Apps»
Den dritten Erfahrungsbericht lieferte schliesslich Emmerich Stoffel, Lead Link Learning & Pool im Bereich Leadership, Transformation & Collaboration, Group Human Resources, Swisscom. Swisscom ist ein in der Schweiz führendes Unternehmen für Telekommunikation, Informatik, Multimedia und Entertainment und bietet mit ca. 18’000 Mitarbeitenden für Geschäfts- und Privatkunden verschiedene Produkte und Services an.
Agile Arbeitsformen und Methoden wie Scrum, DevOps und SAFe haben in einer bottom-up Bewegung – vor allem in der Produkt- und Softwareentwicklung – ab ca. 2010 bei der Swisscom Fuss gefasst. Wichtige Treiber dafür waren die Digitalisierung und das sich sehr dynamisch entwickelnde Marktumfeld. Heute macht Swisscom ca. 80% des Umsatzes mit Produkten, die es vor 10 Jahren noch gar nicht gab. Mittlerweile arbeiten etwa 1’200 Mitarbeitende in verschiedenen Funktionen und Geschäftsbereichen in agilen Teams – in einem Über- / Unter- / Nebeneinander mit Bereichen, die nach klassisch hierarchischen Organisationsmodellen arbeiten. Swisscom versteht “Agilität” als breit einsetzbare Fähigkeit, insbesondere um Kundenbedürfnisse flexibler und gezielter aufzugreifen, Produkte schneller an den Markt zu bringen und als Organisation insgesamt anpassungsfähiger zu sein.
Der Entwicklungsbereich von HR hat Holokratie als agile Organisationsform am 01.06.2016 mit einem zweitägigen Launch-Event und externer Begleitung ganz explizit auch als «Experiment» eingeführt. Ähnlich wie bei Mobiliar sahen sich auch hier die Personal- und Organisationsentwickler in der Pflicht, diese neuen Organisationsformen selbst zu (er-)leben, um als Change Agents andere Einheiten zu diesem Thema beraten und begleiten zu können. Mittlerweile arbeiten bei Swisscom ca. 140 Mitarbeitende im Bereich L&D in mehreren Kreisen in einem holokratischen Modus miteinander.
Eine wichtige Lernerfahrung bei Swisscom war, dass der sogenannte «Purpose Quest», das Erarbeiten einer gemeinsam getragenen «Mission» wirklich an den Anfang der Transformation gestellt werden sollte – auch wenn es scheint, als gäbe es gerade zu Beginn viele andere, dringlichere Aufgaben. Eine zweite wichtige Lernerfahrung betrifft die sorgfältige Entwicklung von «Apps», die das «Betriebssystem» Holokratie ergänzen. Diese «Applikationen» sind kurze Beschreibungen von ergänzenden Regeln, Prozessen oder Rollen, um die Schnittstellen zum hierarchischen Umsystem mit Konzernvorgaben zu gestalten. Die bislang vom HR-Bereich bei Swisscom entwickelten Apps beziehen sich auf die folgenden Prozesse:
- Personal-Rekrutierung und – Freisetzung
- Onboarding & Training
- Marktplatz für die Rollenzuteilung
- Zeiterfassung entlang der Rollen
- Performance Management (inkl. Feedback & Jahresbeurteilung im Kreis der Kollegen)
Weitere Apps sind gegenwärtig in der Erarbeitung (u.a. zur Einstufung von Rollen und zu deren Einpassung in ein Vergütungssystem).
Rückblickend sind für mich die folgenden Punkte aus diesem spannenden Webinar zentral:
- Agile Organisationsformen machen auch für (intern agierende) Bildungsorganisationen Sinn, weil auch diese mit rasch ändernden Kundenbedürfnissen sowie der Notwendigkeit, Produkte schneller auf den Markt zu bringen, konfrontiert sind.
- Im Hinblick auf die Passung von agilen bzw. holokratischen Organisationsformen auch für Bildungsorganisationen bzw. Bildungsbereiche kommt es sehr darauf an, in welchem Umfeld diese agieren und wie viel Unterstützung bei der Transformation sie aus dem Umsystem erhalten.
- Der Aufwand für den Umstieg auf ein anderes Organisationsmodell ist erheblich. Es gilt, ein passendes Modell zu identifizieren sowie zahlreiche Rollen und Abläufe neu zu definieren. Etablierte und gut dokumentierte Modelle wie z.B. Holokratie stellen eher ein Betriebssystem zur Verfügung, zu dem dann noch weitere «Apps» hinzuentwickelt werden müssen.
- Die Umstellung des Organisationsmodells ist nicht nur eine Systemveränderung, sondern erfordert auch eine persönliche Weiterentwicklung auf Seiten aller Beteiligten. Tony Hsieh, CEO von Zappos, formuliert dies wie folgt:
“One of the learnings we’ve had about self-organization and self-management is that it’s not just a systems change; it’s also a personal journey for each individual employee. Self-organization and self-management is about the entrepreneurial mind-set. (…) first, being comfortable with ambiguity; second, having a strong sense of curiosity; and third (…) emotional intelligence”
Möglicherweise können oder wollen auch nicht alle Mitarbeitenden diese Veränderung mitgehen. Bei Zappos hat Tony Hsieh den 1’500 Mitarbeitenden für diesen Fall ein Abfindungspaket angeboten. Letztlich haben ca. 260 Mitarbeitende (ca. 18% der Belegschaft) dieses Angebot angenommen (Feloni 2016).
Referenzen
Bernstein, E.; Bunch, J.; Canner, N.; Lee, M. (2016). Beyond the Holacracy hype. The overwrought claims – and actual promise – of the next generation of self-managed teams. Harvard Business Review, July-August 2016. Online verfügbar unter: https://hbr.org/2016/07/beyond-the-holacracy-hype. Deutsch: Was ist dran am Holokratie-Hype? Harvard Business Manager, 4/2017, S. 30-42
Feloni, R. (2016). Zappos CEO Tony Hsieh reveals what it was like losing 18% of his employees in a radical management experiment – and why it was worth it. Business Insider, 28. Januar 2016.
Hsieh, Tony (2017). Safe enough to try: An interview with Zappos CEO Tony Hsieh. McKinsey Quarterly, October 2017.
Thomas, B.; Silverstone, Y. (n.d.). Empowering Employees at Zappos. Outlook – Accenture’s Journal of High-Performance Business. Online verfügbar unter: https://www.accenture.com/ca-en/insight-outlook-empowering-employees-at-zappos
Zusammenarbeit von Inhalte-Erstellern und Bots bei Wikipedia
Über Jochen Robes (weiterbildungsblog.de) bin in auf drei interessante Artikel aufmerksam geworden (wieder einmal vielen Dank nach Frankfurt!) …
Torsten Kleinz, freier Journalist aus Köln, schreibt im Blog “Algorithmenethik” (Teil des Projekts “Ethik der Algorithmen” der Bertelsmann-Stiftung) sehr kenntnisreich über die Zusammenarbeit von Menschen und Bots bei Wikipedia:
- Wächter des Weltwissens – wie Automaten Wikipedia beschützen
- “Kollege Roboter” – wie Menschen und Automaten in der Wikipedia zusammenarbeiten
- Wo Algorithmen Wikipedia-Autoren ersetzen, ergänzen und motivieren
Algorithmen bzw. Bots helfen beim Kampf gegen Vandalen, Saboteure und Manipulatoren in Wikipedia, erledigen Routineaufgaben (und entlasten damit Wikipedia-Autoren) und ersetzen sogar zunehmend Autoren auf der Schwesterplattform Wikidata:
“Eine von Bots geschriebene Wikipedia ist keine Zukunftsmusik. Während die deutsche und englische Sprachausgabe jeweils auf zehn Prozent Beiträge von Bots kommen, ist der Anteil gerade in kleineren Sprachausgaben wesentlich höher. Spitzenreiter ist die Wikipedia-Ausgabe in der philippinischen Sprache Cebuano, die auf eine Botaktivität von nahezu hundert Prozent kommt.”
So interessant das ist, hat das etwas mit unserer Arbeit als Learning Professionals zu tun?
Vielleicht noch nicht heute oder morgen. Aber wenn Learning Professionals zum Beispiel als Kuratoren für zunehmend grössere Sammlungen von (offenen) Lernressourcen verantwortlich zeichnen, dann werden sie Hilfe von Bots beim Überprüfen und Aktualisieren von Links, beim Integrieren von Hinweisen auf relevante Ressourcen aus der Nutzer-Community und vielleicht auch beim Entdecken neuer relevanter Inhalte sehr wohl zu schätzen wissen.
Quelle
globalfilter for L&D professionals (filtered.com)
In meinem Postfach war gerade ein Hinweis auf einen neuen Service für L&D Professionals: filtered.com. Beworben wird ein kostenloser Service mit einem “conversational UI (chatbot)” und einem auf künstlicher Intelligenz basierenden Empfehlungssystem.
Leider fragt der Chatbot (mit Namen ‘Magpie’ = Elster) nicht wirklich viel zu mir und die dann angebotene Auswahl trifft dann auch – wenig überraschend – nicht meinen aktuellen Bedarf. Geht vermutlich auch gar nicht, weil aktuell nur 180 Quellen im Fundus sind.
Die Lösung erscheint mir eher noch im Demo-Stadium zu sein – vielleicht schaue ich später mal wieder vorbei…
Quelle
http://learn.filtered.com/home