“AI presents L&D with a once-in-ageneration opportunity to have the impact and reach that it has always wanted.” So eine Stimme aus den Berichten zu “AI in L&D” von Taylor und Vinauskaite aus dem letzten Jahr. Wenn L&D KI vor allem dafür nutzt, interne Prozesse (Content-Entwicklung) zu verbessern anstatt die eigene Wirksamkeit und Geschäftsrelevanz zu stärken, dann besteht gemäss der Autor:innen die Gefahr, diese Chance zu vertun.
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Donald H. Taylor (Learning Technologies Conference, Learning and Skills Group) und Egle Vinauskaite (Nodes, Learning Performance Institute) haben über das letzte Jahr drei Arbeitsberichte zum Stand der Nutzung von KI im Bereich der betrieblichen Weiterbildung (Learning & Development) publiziert:
- AI in L&D: The state of play. L&D GSS Focus Report 01, November 2023.
- AI in L&D: From talk to action. L&D GSS Focus Report 02, April 2024.
- AI in L&D: Intention and reality. L&D GSS Focus Report 03, Oktober 2024.
Die Berichte fokussieren allerdings nicht nur auf generative KI, sondern berücksichtigen auch klassifizierende KI, wie sie etwa bei Skills-Management-Lösungen zum Einsatz kommt.
AI in L&D: The state of play. Focus Report 01
Für diesen Bericht haben Taylor & Vinauskaite von September bis Oktober 2023 die Stimmen von 185 Learning Professionals in verschiedenen Rollen eingeholt. Zentrale Ergebnisse waren die folgenden:
- Die Nutzung von KI durch L&D war noch nicht weit fortgeschritten.
- Bei den erwarteten Nutzenpotenzialen standen drei Aspekte im Vordergrund:
- die Beschleunigung bei der Entwicklung von Lerninhalten / Lernmaterialien,
- Kostenreduktionen,
- eine verbesserte Personalisierung von Lernumgebungen / Lernerfahrungen.
- Diesen erwarteten Nutzenpotenzialen standen eine Reihe von Hindernissen gegenüber:
- Technologische Hindernisse
(Datenschutz, Datensicherheit, Integration in bestehende Systeme und Plattformen); - Management Herausforderungen
(Kosten, regulatorische Vorgaben, unklarer Geschäftsnutzen, etc.) - Herausforderungen auf Seiten der Learning Professionals
(fehlendes Wissen bezüglich KI, Zweifel an der Leistungsfähgikeit der Technologie, keine Zeit für Einarbeitung).
- Technologische Hindernisse
AI in L&D: From talk to action. Focus Report 02
Für diesen Bericht haben Taylor & Vinauskaite von Ende Februar bis Anfang April 2024 die Stimmen von etwa 300 Learning Professionals eingeholt. Die zentrale Frage war die nach der Nutzung von KI (zum Zeitpunkt der Befragung und in den nächsten 3 Monaten).
Die Ergebnisse zeigen, dass das Design, die Entwicklung und die Übersetzung von Lerninhalten bzw. Lernmaterialien klar im Vordergrund stehen, gefolgt von der Unterstützung administrativer Aufgaben durch KI (u.a. Berichte, Emails, interne Kommunikation).
Dieser zweite Bericht umfasst auch sieben Fallstudien, in denen Umsetzungen bzw. laufende Projekte vorgestellt werden – von Strategie-Projekten über Compliance Projekte und Coaching bis hin zu personalisierten Lernempfehlungen.
AI in L&D: Intention and reality. Focus Report 03
Für diesen Bericht haben Taylor & Vinauskaite von Ende Juli bis Ende August 2024 die Stimmen von etwa 420 Learning Professionals eingeholt. Die zentralen Frage waren – ähnlich wie bei der ersten Erhebung in 2023 – die nach der Nutzung von KI und dem erwarteten Nutzen.
Erwarteter Nutzen
Im Hinblick auf den erwarteten Nutzen steht nach wie vor die Beschleunigung bei der Entwicklung von Lerninhalten / Lernmaterialien im Vordergrund. Und damit verbunden auch Erwartungen hinsichtlich Kosteneinsparungen. Erwartungen im Hinblick auf qualitative Weiterentwicklungen sind weniger prominent, finden sich aber ebenfalls: Unterstützung bei Datenanalysen, stärkere Personalisierung von Lernangeboten und verbesserte Lerndesigns.
Fallstudien
Ergänzend zu einer umfangreichen Aufzählung von Use Cases für KI im Bereich L&D enthält der dritte Bericht ebenfalls verschiedene Fallstudien. Diese zeigen eine Bandbreite von Zielsetzungen und Herangehensweisen an die Arbeit mit KI in L&D. Hier einige Beispiele:
- Ausweitung von Coaching-Angeboten durch den Einsatz von Chatbots beim National Health Service (NHS) in Grossbritannien;
- Automatisierung von Skills-Assessments für Projektleiter:innen mit CustomGPTs beim Service-Anbieter Superside;
- Skills-Intelligence (Identifikation und Systematisierung von künftig erforderlichen bzw. wichtiger werdenden Skills) bei Ericsson;
- Beschleunigung der Produktion von Lernressourcen und Erprobung von innovativen, KI-unterstützten Coaching-Formaten bei EY;
- KI-basierte Rollenspiele zur Entwicklung der Fähigkeiten im Hinblick auf u.a. Feedback-Geben, zielorientierte Führung und das Führen schwieriger Gespräche bei Boston Consulting Group (BCG).
Lösungsfelder – KEIN Reifegrad-Modell
Aus den Antworten zu den Survey-Fragen sowie aus den Fallstudien ergibt sich für Taylor / Vinauskaite ein differenziertes Bild der Nutzung von KI durch L&D. Auf der einen Seite finden sich “einfache” Nutzungsszenarien, die von Einzelpersonen (gegebenenfalls unter Umgehung von organisationalen Regelungen und Bestimmungen) einfach, schnell und kostengünstig umgesetzt werden können (gegebenenfalls mit kostenfreien Benutzerkonten bei Applikations-Anbietern). Das Erstellen von Lernmaterialien mit ChatGPT ist ein Beispiel hierfür. Auf der anderen Seite finden sich “anspruchsvolle” Nutzungsszenarien, für deren Umsetzung zusätzliche Kompetenzen oder Ressourcen oder Partner erforderlich sind. Organisationsweites Skills-Management ist ein Beispiel hierfür.
Für Taylor / Vinauskaite stellt sich dieses Feld (vgl. Abb. 3, unten) nicht so sehr als ein Kontinuum dar, in dem man von links nach rechts mit zunehmender Erfahrung voranschreitet (typisch für ein Reifegrad- bzw. Maturity-Modell). Vielmehr sehen sie dieses Feld als Gruppen von sehr unterschiedlichen Nutzungsszenarien. Auch deshalb, weil KI keine einzelne spezifische Technologie ist, sondern vielmehr für eine Bandbreite von Technologien steht. Diese Gruppen oder Cluster können fokussierte Lösungen (“Point Solutions”) sein, bei denen etwa KI-unterstützte, selbstorganisierte Lernaktivitäten oder Simulationstrainings im Vordergrund stehen. Oder eben unternehmensweit angelegte Veränderungsinitiativen wie ein systematisches, KI-unterstütztes Skills-Management, das ein organisationsweites und integriertes Vorgehen erfordert (“Business Integration”).
Erfahrung und Expertise in einer Gruppe von Nutzungsszenarien (z.B. Content-Erstellung), so Taylor und Vinauskaite, überträgt sich nicht in eine andere Gruppe von Nutzungsszenarien (z.B. KI für Coaching oder KI für Skills-Management) (vgl. Abb. 3).
Taylor / Vinauskaite gehen davon aus, dass es bestimmte Rahmenbedingungen (“Key enablers”) braucht, um von einem Set von Nutzungsszenarien zu einem anderen zu gelangen. Beispiele für solche Rahmenbedingungen sind unterhalb der dunkelblauen Boxen in verschiedenen Farben eingetragen:
- L&D Expert:innen, die sich mit einzelnen Werkzeugen gut auskennen (links);
- Promotoren aus den Geschäftseinheiten (Mitte);
- ein Mandat für weitreichende Veränderungen und Unterstützung aus der Unternehmensleitung (rechts);
- eine L&D-Organisation, die bereit ist, ausgetretene Pfade (Fokus auf Entwicklung von Lernangeboten) zu verlassen und – in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Geschäftseinheiten bzw. der Gesamtleitung – den Fokus auf die Entwicklung von Leistungsfähigkeit und Veränderungsfähigkeit zu legen (“Open L&D department”, Mitte und rechts).
GenKI als (vertane) Chance für L&D?
Zum Abschluss ihres dritten Reports formulieren Taylor / Vinauskaite folgende Frage:
Warum wird KI im Bereich L&D vor allem dafür genutzt, interne Prozesse (Content-Entwicklung) zu verbessern anstatt die eigene Wirksamkeit und Geschäftsrelevanz zu stärken?
“AI presents L&D with a once-in-ageneration opportunity to have the impact and reach that it has always wanted.”
Taylor und Vinauskeite beantworten diese Frage folgendermassen:
several factors keep L&D tied to its traditional role as the provider of courses for the organisation. To avoid this and to use AI in a more sophisticated way, the L&D department must be ‘Open’ – ready and able to innovate to support improved organisational performance. In addition, it needs to work in a place with both a mandate for innovation and a culture that supports it.
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Taylor, D. H., & Vinauskaite, E. (2023, November). AI in L&D: The state of play. L&D GSS Focus Report 01. www.donaldhtaylor.co.uk.
Taylor, D. H., & Vinauskaite, E. (2024, April). AI in L&D: From talk to action. L&D GSS Focus Report 02. www.donaldhtaylor.co.uk.
Taylor, D. H., & Vinauskaite, E. (2024, October). AI in L&D: Intention and reality. L&D GSS Focus Report 03. www.donaldhtaylor.co.uk.
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