Der State of the Industry-Report 2020 der ATD liegt vor. Der Anteil von Technologie-unterstütztem formalem Lernen liegt zum ersten Mal über dem Anteil von formalem Lernen in Präsenztrainings.
ATD, die Association for Talent Development, publiziert ja jährlich einen Benchmarking-Bericht mit ausgewählten Kennzahlen zur betrieblichen Weiterbildung. Ich habe dazu schon in früheren Blogbeiträgen berichtet (2018; 2017). Im Dezember wurde der Bericht für das Jahr 2020 veröffentlicht.
Wie lange der Zeitraum zwischen Datenerhebung (jeweils Vorjahr) und Publikation des Berichts (Folgejahr) ist, ist mir erst beim Durchsehen dieser Ausgabe so richtig bewusst geworden. Die zugrundeliegenden Daten stammen aus dem Jahr 2019 und die Verfasser weisen auch darauf hin, dass die Covid-19-Effekte erst im nächsten Bericht aufgezeigt werden. Ich bin gespannt, ob dieser wiederum erst Ende 2021 publiziert wird.
Der Bericht beinhaltet die üblichen Kennzahlen:
- Kennzahlen zu Kosten, z.B.
- direkte Kosten für Weiterbildung pro beschäftigter Person im Unternehmen
- Kennzahlen zur Effizienz von Bildungsorganisationen, z.B.
- Anzahl Beschäftigte pro Mitarbeiter/in im Bereich L&D
- Anzahl genutzte Lernstunden pro beschäftigte Person
- Kosten pro genutzter Lernstunde
- Quote der Mehrfach-Nutzung von Lerninhalten
- Kennzahlen zu Inhalten und Distribution, z.B.
- Anteil der Lerninhalte nach
- Anteil der verfügbaren Lernstunden nach Trainings-Modalitäten (z.B. Trainer-geführt vs. selbstgesteuertes Lernen)
- Kennzahlen zu arbeitsplatznahem Lernen, z.B.
- Anteil der Unternehmen, die verschiedene Formen arbeitsplatznahen, informellen Lernens intensiv nutzen
Vor dem Hintergrund der angesprochenen zeitlichen Verzögerung fand ich diese Ausgabe des Reports jetzt auch nicht besonders spannend.
Die einzige Auswertung, die ich interessant fand, betraf den Anteil formaler Weiterbildung, der Technologie-basiert umgesetzt wird. Dieser hat sich in 2019 gegenüber den Zahlen für 2018 markant erhöht.
Damit liegt zum ersten Mal überhaupt, seit ich diese Reports verfolge, der Anteil von Technologie-unterstütztem formalem Lernen über dem Anteil von formalem Lernen in Präsenztrainings.
Darüber hinaus ist dieser Anstieg auch ein Merkpunkt, wenn wir Rückblickend auf 2020 davon sprechen, dass Covid-19 ein wichtiger Treiber für eine (nachholende) Digitalisierung im Bildungsbereich war. Es gibt anscheinend auch andere Treiber. Die Autoren des Reports verweisen auf starke Zuwächse bei den Umsetzungsformen “Virtual Classroom” und “E-Learning”, ohne allerdings mögliche Ursachen dafür zu benennen.
Ich habe mir dann noch einmal die früheren State of the Industry-Reports von ATD (früher ASTD) herausgezogen und die verfügbaren Daten für die letzten 15 Jahre zusammengestellt. Das Bild, das sich daraus ergibt, ist dieses:
Es zeigt sich ein eher langsamer aber stetiger Anstieg über die Jahre hinweg. Eine “Delle” zeigt sich in 2010 – möglicherweise gibt es hier einen Zusammenhang mit der vorausgegangenen Finanzkrise. Auffällig über diese ganze Reihe ist wirklich der markante Anstieg von 2018 zu 2019.
Die Zahlenreihe ist vielleicht auch noch mal eine gute Erinnerung daran, dass wir vorsichtig sein sollten, wenn im Zusammenhang mit Technologie-induzierten Veränderungen von “Revolutionen” die Rede ist – auch das begegnet uns ja im Zusammenhang mit Lerntechnologien immer wieder…
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