und wir blicken zurück auf zahlreiche Aktivitäten rund um Kompetenzentwicklung für Learning Professionals: Unsere vierte Trendstudie zu Bildungsmanagement ist erschienen. Wir haben unsere Weiterbildungsprogramme weiterentwickelt (so haben zum ersten Mal im Rahmen unseres Diplomprogramms „Professional Learning“ die scil-Learning Days stattgefunden) und zusammen mit Partnern haben wir spannende neue Inhouse-Programme umgesetzt. Das Highlight unseres Jahres war aber sicherlich unser fünfter scil-Kongress im Juni „Learning in Transition? – Pathways to succesful Learning in Organisations“.
Wir gehen jetzt in die Pause über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel und wünschen ganz schöne Weihnachtstage mit Momenten des Innehaltens, Zeit mit Familie und Freunden und Momente zum Kraft und Energie tanken für einen guten Start ins Jahr 2014!
Ihr scil team
Archives for Dezember 2013
Zum Kompetenzbegriff: Braucht es überhaupt Kompetenzen? Oder: gibt 3 + 2 immer 5?
Am 3. Dezember fand das dbb Forum in Berlin statt – zum Thema “Qualität in der dienstlichen Fortbildung”. Leider konnte ich nur am ersten Vormittag dabei sein (wegen meinen eigenen Vorlesungen), aber alle Unterlagen sind online verfügbar:
http://www.dbbakademie.de/offenes-programm/redaktioneller-bereich/4-fachkongress-qualitaet-in-der-dienstlichen-fortbildung/nachbericht.html
Ziemlich unterhaltsam war das Referat von Manfred Becker zum Thema „Kompetenz – Allheilmittel aus dem Wunschkatalog der Personalentwicklung“. Auf humorvolle Art und Weise hinterfragt er kritisch, ob es ein Kompetenzmanagement überhaupt benötigt. Denn letztlich reiche ein Performanzmanagement seiner Ansicht nach (da man Kompetenzen eh nicht messen kann).
In seinem Vortrag steigt er dabei in sein Beispiel ein – diese Folie fehlt nun leider bei seiner Online Version. Drei junge Herren sind darauf zu sehen (suggerieren mehr Muskeln als Hirn, im Hintergrund sieht man Fitness-Geräte ;-), die über die Frage nachdenken: was gibt 3 + 2?
Die Pointe würde Herr Becker zum Ende seines Referates bringen – ich war gespannt auf das Ende. Im Grunde genommen war es auch eine seiner Kernbotschaften: „Vom Ende her denken“ (Performanz ist, was zählt).
An der Oberfläche betrachtet, scheint der Trend zur Kompetenzorientierung und damit einhergehend die Anforderung, die Bildungsinhalte und -ziele viel konsequenter aus der Lernendenperspektive zu beschreiben, auf allen Bildungsstufen ein einheitliches Kompetenzverständnis zu suggerieren. Differenzierter betrachtet, liegen allerdings unterschiedliche Ansätze des Kompetenzbegriffes zugrunde. In Schulen herrscht das Verständnis eines kognitionspsychologischen Kompetenzbegriffes vor. Danach verbindet der Begriff Kompetenz die Wissens- und Könnensebene, um zu verdeutlichen, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten die Lernenden in Bildungsprozessen erwerben sollen (nach Weinert, 2001). In der beruflichen Bildung liegt hingegen ein handlungstheoretisches Kompetenzverständnis vor. Dieser Kompetenzbegriff definiert sich vom Anwendungsbereich her und versteht Kompetenz als Fähigkeiten und Bereitschaft, welche Menschen benötigen, um komplexe Anforderungen in beruflichen und alltäglichen Situationen zu erfüllen. Dazwischen liegt schon ein Utnerschied, das in dem Referat sehr deutlich heraus kam.
Das Referat von Herrn Becker endet mit der Auflösung. Während er im Mittelteil seiner Präsentation auf einen handlungsorientierten Kompetenzbegriff zurückgriff (betriebliche Weiterbildung), schwenkt er zum Schluss zur Schule, um sein zentrales Statement abzugeben – vom Ende her denken. Die Auflösung seiner anfangs gestellten Frage ist daher etwas enttäuschend. Den drei jungen Männern legt er die u.a. Antworten in den Mund:
– der erste sagt 3 + 2 = 5
– der zweite sagt 3 + 2 = 4 -> aber Lehrpersonen in der Schule honorieren dies positiv, ist ja auch nah dran
– der dritte sagt: 3 + 2 = sag ich nicht – auch dies wird pointiert als Stärke aus Sicht der Kompetenzorientierung hervorgehoben.
Schade – dachte ich mir am Ende.
Anbei konstruiere ich einen Fall, den ich eigentlich viel passender fände – denn schliesslich ging es um die betriebliche Weiterbildung.
Fall: In einem Rettungsboot sind nur 4 Plätze. Eine Familie: Mutter, Vater, Kind, sowie zwei Singles wollen gerettet werden. Wie würden Sie entscheiden?
a) 3 + 2 = 5 – einer muss die Rettungsweste anziehen und auf Rettung warten. Am besten der Vater, oder einer der beiden Singles, evtl. der, der am fittesten ist, oder der, der sich freiwillig meldet. Oder es wird gelost… 3 + 2 gibt unumstösslich 5 – konvergentes Denken, ich suche die Lösung in einem vorgegebenen Rahmen, ich überlege dann, wie möglichst „fair“ nach ethischen Wertvorstellungen entschieden werden kann.
b) 3 + 2 = 4 – es wird nach einer Lösung gesucht, in der die 4 Plätze von 5 genutzt werden können. Das Kind kann sich auf den Schoss der Eltern setzen, man kann noch überlegen, wie sich die Personen am besten setzen, das Kind evtl. quer nehmen, damit das Rettungsboot nicht kentert – Divergentes Denken, kreativ kann man werden aus der Not heraus, das braucht Mut -> es geht um die Problemlösung, was ist das übergreifende Ziel? Alle Menschen retten.
c) die Lösung „sag ich nicht“ bedeutet: ich weiss es nicht, ich kann es nicht entscheiden. In meiner Dienstvorschrift steht dazu nichts drin. Entscheiden müssen es andere – der Chef. In meinem jährlichen Personalgespräch werde ich auch nicht danach beurteilt, ob ich das mache. Ich sage lieber nichts, da kann ich nichts verkehrt machen und befolge alle Anweisungen ganz korrekt. Übergreifendes Ziel ist, die eigene Haut zu retten…
Wer ist kompetent? Wer ist am wenigsten kompetent? Was wird man wohl mit „reinem“ Performanzmanagement am stärksten fördern: a), b) oder c) ?
scil learning days 2014
Die scil learning days sind eintägige Workshops zu aktuellen Themen im Bildungsmanagement mit einem Fokus auf dem praktischen Erproben und Umsetzen sowie auf dem Austausch in der Gruppe. Die Themen für die scil learning days 2014 sind jetzt definiert:
Learning Day 1
„Wissenskommunikation“ – Visualisierungen, Wissensstrukturen und Kuratieren im WWW
12. März 2014 in St.Gallen
Learning Day 2
„Learning Culture Organizer“ – Lernkulturen analysieren, gestalten und verändern
7. Mai 2014 in St.Gallen
Learning Day 3
„Thinking Lab: Bildungsmanagement goes future“ – Aktuelle Trends des Bildungsmanagements
10. September 2014 in St.Gallen
Learning Day 4
“scil on tour” – Exkursion zum Center for Young Professionals in Banking (Zürich) unter dem Motto:
Mobiles Lernen: CYP auf dem Weg zum digitalen Lernbegleiter
22. Oktober 2014 in Zürich
Quartera Kongress zu akademischer Weiterbildung in Berlin
Am 5. Dezember fand in Berlin wieder der Quartera-Kongress für akademische Weiterbildung statt. Ich hatte dort Gelegenheit, unsere Überlegungen zur Erweiterung des Angebotsportfolios für Bildungsdienstleister (online learning communities) vorzustellen.
Die einführenden Keynotes für die von ca. 70 Teilnehmenden besuchten Veranstaltung (hier der Link auf das Gesamtprogramm) fokussierten die Kooperation zwischen Unternehmen und Hochschulen beim Thema Weiterbildung.
Zunächst stellte Benedikt Füssle, Head of Talent & Development, Deutsche Bank AG, seine Sicht auf Weiterbildung dar. Drei Aspekte stellt er in den Mittelpunkt:
- eine Kritik an – aus seiner Sicht – häufig schablonenhafte Angebote zur Führungskräfte-Entwicklung; wichtig sind für ihn Angebote, die auf die Entwicklung eines mittel-/längerfristig orientierten Führungsstils abzielen und Führungskräfte in die Lage versetzen, selbst loyale Mitarbeitende zu entwickeln und zu binden;
- transferorientierte Weiterbildungsangbote, beispielsweise durch den Einsatz von Ko-Referenten von Seiten des Weiterbildungsanbieters sowie des nachfragenden Unternehmens;
- für spezifische Zielgruppen trennscharf konzipierte Entwicklungsangebote (“liebe Hochschulen, macht bitte nicht alle das Gleiche”).
Danach sprach Dirk Zupancic, Präsident der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn (und zuvor an der Universität St.Gallen tätig) zum Thema Erfolgsfaktoren für win-win Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen. Aus einer Skizze zu den Herausforderungen für das HR-Management in Unternehmen (u.a. “war for employees”, Erwartungen der Mitarbeitenden der Generation Y: attraktive Arbeitsaufgaben & Entwicklungsperspektiven) leitete er die Forderung an das HR-Management ab, sich zum strategischen Business Partner mit Fokus auf Talent Management, Performance Management und Nachfolgeplanung zu entwickeln. Anschliessend stellte er einige Beispiele für Entwicklungsangebote vor, die die GGS in Zusammenarbeit mit grösseren mittelständischen Unternehmen in der Region Heilbronn entwickelt hat. Typische Merkmale dieser Angebote sind ein blended learning design und ein starkes Involvement der Führungsrkräfte / Vorstände, beispielsweise im Rahmen von mit der Weiterbildung verbundenen Entwicklungsprojekten, die von den Führungsrkräften / Vorständen begleitet werden.
Im Anschluss an die Keynotes folgten sogenannte “Table Sessions”, bei denen insgesamt acht Referenten gleichzeitig an verschiedenen Tischen kurze Inputs lieferten und mit den Teilnehmenden diskutierten. Für mich besonders interessant war der Beitrag von Ronald Urgast, Lufthansa School of Business, zum Thema “Mobile Knowledge & Mobile Learning”.
Urgast zeigte zum einen Rahmenbedingungen auf, die mobiles Lernen erfordern und ermöglichen: nicht-territoriale Arbeitsplätze auf der einen Seite und die Verfügbarkeit von mobilen Endgeräten für alle Mitarbeitenden auf der anderen Seite. Er zeigte auch auf, wie unterschiedlich die Anforderungen der verschiedenen Zielgruppen bei Lufthansa (Kabinenpersonal, technisches Personal, Piloten) in Hinblick auf Lernangebote sind. Das Kabinenpersonal, beispielsweise, ist i.d.R. weniger Technik-affin, das technische Personal dagegen sehr. Die gezeigten Beispiele für mobiles Lernen umfassen knowledge nuggets via Blackberry für Manager, video-basierte nuggets für das technische Personal, eine Business Simulation (“Airline Manager”) für tablet PCs und eine Lern-App für Airport Codes (für Smartphones und iPads).
Mein eigener Kurzbeitrag setzte einen kleinen Kontrapunkt zum vorherrschenden Fokus auf Bildungsprogramme und formal organisiertes Lernen. Ausgangspunkt für mich war die These, dass Bildungsanbieter ihr Leistungsportfolio in Richtung Unterstützung von informellem Lernen erweitern müssen (vgl. auch mein Vortrag für die Haniel-Akademie im Herbst). Vor diesem Hintergrund habe ich Erfolgsfaktoren für online Lerngemeinschaften vorgestellt, anhand von zwei Fallstudien erläutert und das daraus resultierende Gestaltungsfeld für Bildungsanbieter skizziert:
Am Nachmittag wurde im Rahmen der Veranstaltung auch der DGFP-Preis für erfolgreiche Partnerschaften zwischen Hochschulen und Unternehmen vergeben. Ausgezeichnet wurde das Master-Programm “AuditXcellence“, das in Kooperation zwischen den vier grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und insgesamt sechs Hochschulen entstand.
Insgesamt fand ich die Veranstaltung sehr gelungen – auch wenn aus meiner Sicht nicht alle Vorträge gut in den thematischen Rahmen passten.
Action Learning Projekte der "Class of 2013"
Im Rahmen unseres Zertifikatsprogramms “Bildungsmanagement” arbeiten die Teilnehmenden auch an einem Action Learning Projekt. Ziel ist es, Konzepte, Methoden und Arbeitshilfen aus den Modulen des Zertifikatsprogramms auf ein selbst gewähltes Projekt im eigenen Arbeitskontext anzuwenden. Zwei mal im Jahr finden dann Präsentationstage statt, an denen die Projektarbeiten vorgestellt werden. So auch letzten Freitag – folgende Projekte wurden vorgestellt:
- Operative Umsetzung des Curriculums “Integrierte Bildungskonzeption” (Moduldrehbuchentwicklung) (Bernadette Probst, agogis)
- Zukunft der IT-Lehre: Auswahl eines neuen externen Ausbildungspartners (Pier Chalfajew, Credit Suisse)
- Entwicklung eines Bildungssystems für die Fachausbildung des Fahrpersonals BLS (Roger Schmid, BLS AG)
- Transferförderliche Führungsarbeit (Tabea Knecht, SBB / CFF / FFS)
- Verknüpfung von Theorie und Praxis während der formalisierten Ausbildung zur Fachangestellten Betreuung im Kinderbereich (David Ondraschek, bke)
Neben den Abschlussarbeiten konnten wir auch einen sehr interessanten Vortrag zum neuen Schulführungskonzept des in den letzten Jahren sehr schnell gewachsenen Berufs- und Weiterbildungszentrums für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen (BZGS) hören. Projektor Andreas Weh ist ein Alumnus unseres Programms und es war schön, sich bei dieser Gelegenheit wieder zu sehen.
Coaching und Lernbegleitung zur Gestaltung nachhaltiger Lernprozesse
Am 05./06. Dezember 2013 fand in St.Gallen das Modul: „Coaching und Lernbegleitung kompetenzorientiert einsetzen“ statt. Dieses Seminar ist Bestandteil des Weiterbildungsprogramms „Management von Lern- und Entwicklungsprozessen“.
Mit folgender Wissensstruktur haben wir das Thema bearbeitet:
Vom Trainer zum Coach & Lernbegleiter? Eingestiegen sind wir mit Reflexionen zu Veränderungen in der Rolle und Kompetenzen von Learning Professionals. Für die Teilnehmer (alles Bildungsverantwortliche aus Industrie und Ausbildung) ist die neue Rolle „Coach/Facilitator“ in der Praxis gut spürbar und auch die Anforderung, mit allen Aktivitäten im Lernbereich, die Unternehmensstrategie bestmöglich zu unterstützen. Dies erfordert verstärkt Change Management Kompetenzen und Wissen um die Gestaltung transferorientierter und innovativer Lernformen. Ebenso diskutierten wir die Bedeutung der Stakeholder bei diesem Thema: Wie können wir unsere Anspruchsgruppen (Lernende, Vorgesetze,..) für dieses erweiterte Rollenverständnis motivieren und begeistern? Als Kernelemente von Lernbegleitung wurde im Selbststudiums Material folgende dargelegt: Praxisorientierung, Prozessorientierung, Reflexionsorientierung, Eigenverantwortung und Ressourcenorientierung. In dem Präsenzseminar hat die Gruppe dann eine Standortbestimmung vorgenommen, nach der v.a. noch die “Förderung von Reflexion in Lernprozessen”, das „stärken der Stärken“ und “Eigenverantwortung bei den Lernenden fordern und fördern”, noch viel Potenzial zur Weiterentwicklung bietet.
Coaching und Lernbegleitung in Blended Learning Designs? Die Leitfrage dieser Seminareinheit lautete: Wo bieten sich Ansatzpunkte für Coaching und Lernbegleitung im Blended Learning Design? Die Teilnehmer bekamen als Grundlage eine Vielzahl an Ideen präsentiert. Inspiriert von den vorgestellten Möglichkeiten, erarbeiteten sie in Kleingruppen Ansätze die jeder zukünftig stärker in seine/ihre berufliche Tätigkeit integrieren möchte. Beispiele: In der Selbststudiumsphase stand der Einsatz von Videos, MOCCs, Bilder zur thematischen Einstimmung hoch im Kurs, sowie didaktisch gut aufbereitete Learning Nuggets und Unterlagen zur Lernbegleitung. Für die Präsenzphase wurden, neben den bekannten Lernformen zur Förderung von Interaktion (z.B. Gruppenarbeiten, Tandems, „Lernen durch Lehren“ etc.), verstärkt Ansätze diskutiert, um die Reflexion des Gelernten zu fördern. Ideen waren z.B. bewusst geplante Reflexionspausen einzusetzen in denen Lernende Zeit bekommen, das Gehörte „setzen zu lassen“, zu sortieren, zu hinterfragen. Oder auch die Teilnehmer Videos produzieren zu lassen, in denen sie das Gelernte in eigenen Worten reflektieren und zusammenfassen. Für eine stärkere Lernbegleitung in der Transferphase wurden verschiedene Variante des Online-Coachings andiskutiert und Ansätze des Peer Coachings.
Methodenvielfalt? In den Diskussionen und Übungen wurde deutlich, dass sich viele Methoden aus der Welt des Coachings eignen, um Lernprozesse anzureichern. Beispielsweise haben wir mit der Wirkung systemischer Fragetechniken experimentiert oder mit methodischen Ansätzen zur Stärkung einer Ressourcenorientierung. Neben der Perspektive, Coaching und Lernbegleitung auf einer methodischen Ebene zu betrachten, diskutierten wir auch die Perspektive, die Konzepte als Haltung zu verstehen. Damit werden Ansätze des Coachings und der Lernbegleitung für ganz vielfältige Kontexte im Organisationsalltag relevant (z.B. Feedbackgespräche, Beratungssituationen, Seminargestaltung, Kommunikation im Team, etc.).
Praxisbeispiel? In dem Praxisvortrag von PostFinance wurde schön deutlich, dass diese Konzepte sehr gut in die Praxis transferiert werden können und die Wirkung der Arbeit von Bildungsverantwortlichen erhöht und stärkt. Da aber eine Erweiterung des eigenen Rollenverständnisses immer auch andere Anspruchsgruppen betrifft, stellen sich auch verschiedene Herausforderungen in so einem Prozess. Fragen der Lernkultur, der Ressourcen, der Einstellung in einer Organisation kommen zu Vorschein.
Rollenreflexion? In dem abschliessenden Teil des Seminars haben wir uns dem Thema Stakeholder zugewandt. Ausgangspunkt war folgendes Fazit: Es erscheint sinnvoll und erstrebenswert, heutige Lernsituationen zukünftig stärker um Elemente des Coaching und der Lernbegleitung zu erweitern. Zum einen, Methoden aus den Konzepten zu integrieren und zum anderen, die Ansätze als Haltung zu etablieren. Hiermit geht eine Veränderung von Rollen, Prozessen und Kompetenzen einher, die eine Anfangsinvestition benötigen. Wie überzeugen Sie Ihre Anspruchsgruppen von dem Nutzen hierein zu investieren? In den Kleingruppen haben wir bewusst die einzelnen Perspektiven eingenommen und ein Argumentarium erarbeitet. Wichtig erschien es uns in der Gruppe, neben rationalen Gründen (z.B. fördert Transfer), die Anspruchsgruppen emotional zu berühren: z.B. „Was bewegt Lernende dazu mehr zu tun als bisher?“ oder „Wie können Führungskräfte für die Bedeutung der neuen Rollen sensibilisiert werden?“.
In der Transferphase arbeiten die Teilnehmer weiter an diesem Thema.
Online Training mit einer Social Collaboration-Plattform: Erfahrungen aus einem Train-the-Trainer Projekt
Unternehmen verschiedenster Grössen operieren zunehmend auf verschiedenen Kontinenten und sind gefordert, (welt)weit verteilte Mitarbeitende zu qualifizieren. In dieser Situation sah sich auch der Bereich Development University (die Trainingsorganisation für interne Mitarbeitende aus dem Bereich Entwicklung) des Softwareanbieters SAP AG, den wir im Rahmen eines kürzlich Woche abgeschlossenen Trainingsprojekts unterstützen konnten.
Bei der Qualifizierung weltweit verteilter Mitarbeitender geht es nicht immer um grosse Zielgruppen, für die sinnvoll eLearning Tutorials oder WBT entwickelt werden können. Häufig geht es um Angebote für kleine, verteilte Zielgruppen in spezialisierten Funktionen (z.B. Software-Architekten oder für Qualitätssicherung zuständige Ingenieure an kleineren Standorten). In unserem Fall war das Ziel, eine kleine Gruppe von 12 Personen an Standorten in Europa, Nord- und Südamerika sowie der Region Asien-Pazifik-Japan zu online Trainern zu entwickeln. Gemäss einem Train-the-Trainer-Modell werden diese dann wiederum weitere Personen in ihren Divisionen bzw. geografischen Regionen zum Thema Online Training schulen – ebenfalls in Gruppen von ungefähr jeweils 10-12 Personen.
Das Design für den siebenwöchigen Kurs beinhaltete folgende Elemente:
- Selbststudium mit wöchentlichen Leseaufträgen auf der Grundlagen eines umfangreichen Readers;
- wöchentliche Arbeitsaufträge zur Anwendung des über die Leseaufträge erworbenen Wissens auf
- ein eigenes Trainingsprojekt (Action Learning Projekt), in dessen Rahmen die Teilnehmenden beispielsweise ein Konzept für die Transformation eines bestehenden Präsenzkurses in einen online Kurs entwickelten;
- Peer-Feedback und Feedback der Trainer zu den Arbeitsaufträgen / zum Stand der Entwicklung der Action Learning Projekte
- wöchentliche Sitzungen im virtuellen Klassenzimmer (VC) zur Vertiefung von Aspekten, zur Diskussion, zur Durchführung von Microteaching-Übungen oder zur Präsentation und Diskussion der Action Learning Projekte;
- Microteaching-Übungen, bei denen die Teilnehmenden eine kurze Lernsequenz im VC gestalteten, ein textbasiertes Learning Nugget erstellten oder ein kurzes eLearning-Modul (z.B. PPT oder WBT) entwickelten.
Die verschiedenen thematischen Stränge, die in diesem Online Training behandelt wurden und die zentralen Arbeitsformen sind in der folgenden Abbildung zusammengefasst:
Als Plattform für diesen Kurs wurde ein “Lernraum” (“learning room”) auf der Grundlage einer Social Collaboration Plattform (SAP Jam, vgl. auch die nachfolgende Abbildung). Über diese Plattform wurden folgende Aktivitäten abgewickelt:
- eine kurze Umfrage zur Standortbestimmung bei den Teilnehmenden vor Kursbeginn;
- die Einteilung der Kursteilnehmenden-Tandems;
- das Einstellen & Abrufen der wöchentlichen Lese- und Arbeitsaufträge;
- das Ausarbeiten der schriftlichen Arbeitsaufträge (Wiki-Seiten);
- das Lesen und Kommentieren der schriftlichen Arbeitsaufträge durch Peers (Tandem-Partner) und Trainer;
- das Versorgen der Teilnehmenden mit aktuellen Informationen (Feed-Updates – vgl. rechte Bildhälfte unten);
- das Diskutieren von Fragestellungen in Diskussionsforen;
- darüber hinaus war der verwendete virtual classroom über die Startseite des Kurses verlinkt.
Für mich als Trainer war es eine interessante Erfahrung, mit dieser Plattform zu arbeiten. Die Wiki-Seiten, auf denen die Teilnehmenden ihre schriftlichen Aufträge entwickelten ermöglichten einfaches Kommentieren durch die jeweiligen Tandem-Partner und auch die Trainer. Und die Sicht auf den “Feed Update”, in dem Aktionen der Beteiligten angezeigt wurden (z.B. das Einstellen von Dokumenten, das Kommentieren von Dokumenten, etc.) ermöglichte uns Trainern einen guten Überblick über das Geschehen im Kurs. Da wir diesen Feed Update per Email abonniert hatten bekamen wir auch beiläufig zu anderen Projektarbeiten einen Eindruck von den Kursaktiväten.
Meine Kollegin Ilona Diesner und ich haben ebenfalls einige Lernerfahrungen im Rahmen dieses Kurses machen können:
- Die Microteachings erforderten unterschiedlich intensive Betreuung – je nach Aufgabenstellung. Während die Gestaltung von VC-Sitzungen den Teilnehmenden vergleichsweise gut gelang, blieben die Ergebnisse für die Medienproduktionen hinter den Erwartungen zurück. Hier wäre eine intensivere Begleitung durch uns Trainer erforderlich gewesen.
- Im Rahmen eines Kurses mit zahlreichen Aufträgen ist es sehr wichtig, den Teilnehmenden eine gut durchdachte Dateistruktur für die Dokumentation ihrer Arbeitsaufträge vorzugeben. Hier mussten wir etwa zur Halbzeit des Kurses nacharbeiten, um weiterhin eine gute Übersicht zu gewährleisten.
- Die Heterogenität der Teilnehmenden an diesem Kurs beispielsweise im Hinblick auf ihre Erfahrung als Trainer oder im Hinblick auf ihre Englisch-Sprachkompetenz erfordert eine grosse Sensibilität der Trainer – nicht zuletzt bei der Moderation von VC-Sitzungen und bei der Formulierung der Feedbacks zu den Arbeitsaufträgen.
- Die Durchführung eines Kurses mit Teilnehmenden in Asien, Europa und Amerika erfordert auch eine gute Ablaufplanung. Wenn die jeweils neue Kurswoche mit einem Arbeitsauftrag eröffnet werden soll, dann bedeutet das für uns Trainer in Europa, dass die Arbeitsaufträge für die Teilnehmenden in Indien bereits am Sonntagabend unserer Zeit verfügbar sein müssen.
Als Fazit können wir festhalten, dass die abschliessenden Projektpräsentationen der Kursteilnehmenden sehr zufriedenstellend waren. Für mich ist dieses positive Ergebnisse auch eine Folge der intensiven Unterstützung der Teilnehmenden über den gesamten Kursverlauf: durch schriftliches Feedback zu den wöchentlichen Aufträgen – einerseits von den jeweiligen Tandem-Partnern sowie andererseits durch uns Trainer; durch Feedback im Rahmen der VC-Sitzungen und schliesslich auch durch Feedback im Rahmen von kurzen Telefonkonferenzen mit den jeweiligen Teilnehmenden-Tandems.
Dialog mit Grossgruppen in Echtzeit
Neue technologische Entwicklungen erlauben es Lehrpersonen und Vortragenden über mobile Endgeräte (Clicker-Systeme oder Smartphones) in einen direkten Austausch mit den Teilnehmenden einzutreten – und zwar auch bei grossen Veranstaltungen. In der August Ausgabe von Training aktuell werden die Vor- und Nachteile dieser neuen Form der Interaktivität aufgezeigt. Ein paar davon seien an dieser Stelle genannt:
- DIALOGISCH: Eine grosse Anzahl von Menschen kann in kürzester Zeit aktiv beteiligt werden und es kann direkt auf die Teilnehmeräusserungen eingegangen werden
- NACHHALTIG: Die elektronischen Statements der Teilnehmenden sind weiter bearbeitbar, nachprüfbar und jederzeit nutzbar
- NICHT GRUPPIERBAR: Keine Möglichkeit Äusserungen sofort zu gruppieren (wie Kartencluster an einer Pinnwand)
Weitere Informationen dazu befinden sich in folgendem Beitrag:
http://www.managerseminare.de/ta_Artikel/Instant-Feedback-Tool-Was-denkt-der-Saal,229123
Für den Hochschulkontext hat Christoph Meier in einem Blogbeitrag an anderer Stelle die Bedeutung dieses Feedback Tools aufgezeigt:
Im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Smartphones unter Studierenden haben Classroom Response Systeme vermehrt an Aufmerksamkeit gewonnen. Im Vordergrund steht dabei die Möglichkeit, Lernende durch kurze Abfragen stärker zu aktivieren – insbesondere in Grossveranstaltungen. Dabei werden im Hinblick auf die technische Komponente unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Die Rede ist wahlweise von
- Personal Response Systems (PRS),
- Classroom Response Systems,
- Clicker-Systemen,
- TED-Systemen,
- mobilen Abstimmungssystemen.
Das folgende Video enthält einen kurzen Erfahrungsbericht einer Lehrperson mit dem Einsatz von Clicker-Systemen im Unterricht. Heraus gestellt werden folgende Aspekte:
- die Bedeutung einer guten Vorbereitung auf den Einsatz dieser Systeme im Unterricht
- Gründe, warum Lernende / Studierende den Einsatz von Clicker-Systemen im Unterricht begrüssen (“das hält mich wach”; “ich weiss, ob ich auf dem richtigen Weg bin”; “ich weiss, wo ich im Verhältnis zu den anderen stehe”).