Die Konferenz “CLO Symposium+” fand Anfang Oktober in Kalifornien statt. Jetzt beginnt die Chief Learning Officer Redaktion damit, Aufzeichnungen der Sessions über eine eigene neue Seite verfügbar zu machen.
Die Inhalte sind kostenfrei, eine Anmeldung ist erforderlich.
Archives for Oktober 2017
ATD BEST Award 2017 – Ausgezeichnete PE-Programme
Seit 15 Jahren vergibt die ATD (vormals ASTD) Auszeichnungen für herausragende Umsetzungen von Personalentwicklung: den sogenannten BEST Award. So auch dieses Jahr wieder. Im Oktober-Heft des Talent Development-Magazins werden die ausgezeichneten Programme und Initiativen vorgestellt.
Von den insgesamt 40 “Gewinnern” haben 21 den Unternehmens-Hauptsitz in den USA und 9 in Indien. Europa ist nicht vertreten – vermutlich weil innovative PE-Bereiche und PE-Verantwortliche sich hier an anderen Wettberben beteiligen. Neun der ausgezeichneten Lösungen sind der Finanzdienstleistungs-Branche zuzuordnen, sieben der IT-Branche und 5 dem Gesundheitswesen.
Nachzulesen sind diese (leider recht kurz gehaltenen) Falldarstellungen im aktuellen Heft “Talent Development” (Oktober 2017). Ich persönlich fand die folgenden Programme und Initiativen besonders interessant:
Western Union, Englewood, Colorado, USA: Leadership in Action – Programm
Die auf Geldtransfer-Dienstleistungen spezialisierte Western Union (ca. 7’000 Mitarbeitende) verfolgt ein umfangreiches Programm zur Weiterentwicklung des Unternehmenskultur im Hinblick auf Kundenzentrierung und Leistungsfähigkeit ganz allgemein (“WU WAY”). Dieses Programm wird zum einen durch ein neues Performance Management System (“Guide_Perform_Succeed”) unterstützt, zum anderen durch die Initiative “Leadership in Action (LIA)”. Das LIA-Programm soll dazu beitragen, dass Führungskräfte die angestrebte Kulturveränderung mittragen und aktiv vorantreiben können. Dazu werden die Führungskräfte dabei unterstützt, in ihren jeweiligen Teams “informelle” Lernzirkel zu etablieren und dort unter anderem Themen wie “Empowerment”, “Feedback & Accountability”, “Coaching”, “Pay conversations & pay decisions” zu diskutieren. Hierzu werden den Führungskräften Szenarien für diese Gespräche sowie ergänzende Lernmaterialien zur Verfügung gestellt.
“We are asking managers and employees to have a different type of conversation. And before they do so, we are teaching them how to take the training and apply the learning. It’s experiential learning on the job”
IBM, Armonk, New York, USA: Re-Branding Learning & Development
Bei IBM war man der Ansicht, dass man Learning & Development (wieder einmal) neu erfinden und positionieren müsse. Dabei war die Arbeit der Personalentwicklung auch bisher schon anerkannt (bislang 7 Auszeichnungen mit dem ATD BEST Award). Aber viele Mitarbeitende haben insbesondere dem Lern-Management-System und den eingeschränkt verfügbaren Inhalten keine guten Noten erteilt. Die Zielsetzung der Verantwortlichen bestand darin, aus dem L&D Bereich und der internen “University” ein “modernes, digitales, Plattform-basiertes Geschäft” zu machen. Dafür wurden zunächst zahlreiche Geschäftseinheiten aus dem ganzen Unternehmen (immerhin knapp 380’000 Beschäftigte) dazu befragt, wie denn für sie eine optimale Lernerfahrung aussehen würde. In der Folge wurden über agile Verfahren neue Programme und eine neue Plattform entwickelt.
Im Zentrum steht eine neue, web- bzw. cloudbasierte Plattform (“YourLearning”), deren Herz die hauseigene kognitive Computing-Plattform Watson darstellt. Auf der Grundlage kontinuierlicher Datenanalysen (u.a. zu persönlichem Profil und Präferenzen, Rolle, Erfahrung, Geschäftseinheit) werden den Mitarbeitenden individualisiert und personalisiert Möglichkeiten für Lernen und Entwicklung angeboten. Dazu gehören, neben Lerninhalten und dem Zugriff auf soziale Medien, auch Entwicklungspfade, Hinweise zu Lernaktivitäten von Kollegen mit ähnlichen Profilen oder Interessen und die Möglichkeit, per “click-to-chat” mit einem Lernberater Kontakt aufzunehmen.
In den ersten sechs Monaten nach der Freischaltung der neuen Plattform haben jeden Monat durchschnittlich etwa 280’000 Mitarbeitende auf diese Plattform zugegriffen – viel mehr als zu Zeiten der zuvor eingesetzten Lernplattform. Darüber hinaus hat sich der durschnittliche Net Promotor Score (NPS) von einem negativen zu einem mit 60% sehr positiven Wert entwickelt. Die Verantwortlichen betonen dann auch, dass traditionelle Leistungskennzahlen wie etwa ein ROI für sie nicht mehr relevant sind, sondern nur noch der NPS, Abschlussquoten und Feedback der Nutzer.
Moneris, Toronto, Canada: Learning in a minute – Einführungsprogramm für neue Mitarbeitende
Moneris beschäftigt rund 2’000 Mitarbeitende und bietet Dienstleistungen zur Abwicklung von Kreditkartenzahlungen. Bei Moneris wurde ein neues Entwicklungsprogramm für Mitarbeitende im Vertrieb aufgesetzt, das auf junge Vertriebsmitarbeitende ausgerichtet ist und u.a. Mikrolernen auf Basis mobiler Endgeräte, Gamification-Elemente und Austausch über eine social media-Plattform beinhaltet. Nach den ersten zwei Wochen Präsenztraining beschatten die neuen Vertriebsmitarbeitenden erfahrene Kollegen in der dritten Woche und können auf einen ihnen als Mentor zugewiesenen Kollegen zurückgreifen. Auch formal organisierte Coaching-Sitzungen sind Teil des Programms. Eine wichtige Rolle spielt darüber hinaus eine moderierte Netzwerk-Plattform, auf der die neuen Mitarbeitenden zum einen selbst Fragen einstellen können, über die sie zum anderen aber auch mit Reflexionsfragen und Diskussionsimpulsen von Seiten der Moderatoren konfrontiert werden.
Eine Evaluation des Programms hat gezeigt, dass mit diesem Programm der Vertriebserfolg von Mitarbeitenden im ersten Jahr gegenüber dem Vorjahr um 500% und der Net Promotor Score bei den Kundenbewertungen um 10% gestiegen war.
Quelle
Forum "Personalentwicklung und Lernkultur in Zeiten digitalen Wandels", Essen, 20.10.2017
Letzte Woche fand in Essen das Netzwerkforum “Personalentwicklung und Lernkultur in Zeiten digitalen Wandels” statt. Eingeladen hatte getabstract, Gastgeber war die thyssenkrupp Academy, scil hat die Moderation der Veranstaltung übernommen.
Zum Einstieg in die halbtägige Veranstaltung haben wir zunächst die zentralen Handlungsfelder für L&D kurz angerissen (vgl. dazu auch diesen, etwas ausführlicheren Foliensatz) und anschliessend – als Startpunkt für die Diskussionen zu den nachfolgenden Beiträgen – eine Arbeitsdefinition zu Lernkultur für diesen Tag eingeführt (orientiert an Edgar Schein).
Nora Schoenthal, Director Center of Expertise Development bei Henkel, eröffnete dann die Runde der Praxisberichte. Sie zeigte auf, wie die Henkel Global Academy das Thema «Digitalisierung» aufgreift und eine Reihe von neuen Lernformaten entwickelt. Dazu gehören Webinare, Open Online Kurse, der Einsatz von gamifizierten Lernumgebungen, selbstgesteuertes Lernen auf der Grundlage von Inhalte-Bibliotheken externer Anbieter und kuratierter Sammlungen sowie social learning.
Die Erweiterung des Leistungsportfolios der Henkel Global Academy basiert auf drei Ansatzpunkten:
- einem agilen «Erproben und Lernen»-Ansatz mit schnellen Iterationen;
- Impulsen zur Veränderung der Lernkultur (mehr individuell zugeschnittene Lernaktivitäten, mehr Austausch mit anderen und bessere Integration in die tägliche Arbeit);
- einer Veränderung der Rolle von HR in Richtung Lernbegleitung, Lernunterstützung und ‘learning consulting’ für Geschäftseinheiten.
Eine zentrale Lernerfahrung in diesem Veränderungsprozess war, wie wichtig Kooperationspartner im Bereich der Governance, der IT-Sicherheit und auch des Betriebsrats sind.
Abbildung 1: 3 Ansatzpunkte für die Erweiterung des L&D Leistungsportfolios (Quelle: Henkel AG)
Die Leitfrage für die anschliessende Diskussion in den Tischgruppen lautete: «Welche Haltungen bzw. Einstellungen (als Elemente einer Lernkultur) braucht es, damit ein Einbetten von Lernaktivitäten in den Arbeitsalltag gelingt?» Im Hinblick auf die Mitarbeitenden eines Unternehmens / einer Organisation wurden u.a. die folgenden Punkte betont:
- Akzeptieren, dass man von der digitalen Transformation selbst betroffen ist;
- Bereitschaft zur Übernahme von Eigenverantwortung;
- Bereitschaft, digitale Medien ebenso zu nutzen wie flexiblere Rahmenbedingungen («die Chancen sehen und nutzen»);
- Bereitschaft, den damit verbundenen Aufwand auf sich zu nehmen.
Führungskräfte, auf der anderen Seite, können sich nicht mehr darauf verlassen, dass eine Trainingseinheit “fixfertig qualifizierte Mitarbeitende liefert”. Vielmehr müssen sie Kompetenzen und Kompetenzentwicklung gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden im Blick halten.
Anschliessend berichtete Michael Wohlstein, Talent Manager bei der PAUL HARTMANN AG, zum Thema «virtual collaboration» im Rahmen des ersten globalen HARTMANN Talent Development Programms. Dieses Programm wird durch eine auf dem Enterprise Social Network Yammer basierende Lernplattform unterstützt, wobei das ganze Einsatzspektrum von Social Networks genutzt wird. So wird zum einen die Community der Programmteilnehmer gestärkt (wie z.B. bei Facebook) als auch echter Content vermittelt, um die Lernerfahrungen nachhaltig zu gestalten (wie z.B. bei Moodle). Zentrale Erfolgsfaktoren für diese Community sind der Nutzen für die Teilnehmenden, die beteiligten Personen selbst, die Moderation und die technische / organisatorische Unterstützung (vgl. dazu hierzu als Referenz diese Publikation). Wichtige Lernerfahrungen bei der Umsetzung des Programms waren die Bedeutung der Lerninhalte, die unterschiedlichen Intensitäten der Beteiligung (90-9-1) und die Hartnäckigkeit, die es erfordert, um Kommunikation und Zusammenarbeit in einer Programm-begleitenden online Community zu etablieren.
In der gemeinsamen Diskussion haben die Teilnehmenden am Forum die in der Umsetzung von online Lerncommunities besonders herausfordernden Aspekte identifiziert. Dabei standen insbesondere zwei Punkte im Vordergrund: das Herausstellen / Aufzeigen / Erfahrbar machen des Nutzens für die Beteiligten und geeignete Infrastrukturen:
Abbildung 2: Besonders herausfordernde Aspekte bei der Umsetzung von online Lerncommunities (Quelle: Netzwerkforum 2017)
Im abschliessenden Beitrag stellte Frank Fischer, Head Talent Brokerage and Talent Development bei thyssenkrupp AG, eine Job-Swap-Initiative und die dafür entwickelte Online-Plattform vor. Mit dieser konzernweiten Initiative zum Stellentausch werden u.a. die folgenden Zielsetzungen verfolgt:
- unterschiedliche Geschäftsbereiche in einem sehr diversifizierten Konzern näher zusammenbringen;
- den Mitarabeitenden eine Möglichkeit bieten, ihre eigene Entwicklung mitzugestalten;
- ein ganzheitliches Verständnis des Konzerns bei den Mitabeitenden stärken.
Zentrale Elemente dieses Programms sind die folgenden Punkte:
- Dauer maximal 3 Wochen;
- Job-Swaps gleichzeitig oder nacheinander;
- Planung und Durchführung liegen vollständig in der Verantwortung der Teilnehmenden und ihrer jeweiligen Vorgesetzten;
- die Vorgesetzten entscheiden über die Durchführung;
- Reisekosten werden vom Unternehmen getragen;
- die online-Plattform für das Partner-Matching ist für alle Mitarbeitenden offen.
Abbildung 3: Klare Rollenbeschreibungen als Grundlage für eine erfolgreiche Initiative (Quelle: thyssenkrupp AG)
Die Job-Swap Plattform der thyssenkrupp AG ist in einigen Punkten bekannten Leistungsmerkmalen von Web-basierten Partnervermittlungsbörsen gefolgt. So werden die Personen hinter den Profilen erst dann sichtbar, wenn sich beide Swap-Partner zu einem Tausch mit dem jeweils anderen bereit erklärt haben. Die ersten Erfahrungen mit der Initiative und der Plattform sind sehr positiv. So hat zum Beispiel eine Mitarbeiterin von Frank Fischer mit einer Kollegin aus Indien die Arbeitsplätze temporär getauscht. Für Frank Fischer ist der Wertbeitrag der aus diesem Austausch resultierenden Ideen und die daraus resultierende bessere Zusammenarbeit zwischen den beiden Teams weitaus höher als die eingebrachten direkten (ca. € 2’500) und indirekten Kosten.
In der Diskussion im Forum und in den Tischrunden wurden wiederum die (kulturellen) Voraussetzungen für den Erfolg einer solchen Initiative zur Förderung von informellem Lernen besprochen. Genannt wurden hier u.a. die folgenden Einstellungen und Haltungen:
- Mitarbeitende
- Selbstverantwortung und Eigeninitiative;
- Offenheit für neue Erfahrungen;
- Führungskräfte
- Vertrauen in die eigenen Mitarbeitenden;
- Mittel-/längerfristiges Denken (kein kurzfristig messbarer ROI);
- HR / L&D
- Bereitschaft, nach dem Definieren des Rahmens und Prozesses loszulassen und die Verantwortung für die Umsetzung der Initiative an die Teilnehmenden abzugeben;
- Top Management
- Vertrauen in die Wirksamkeit eines solchen Programms.
Die Beiträge zum Netzwerkforum zeigten insgesamt eine grosse Bandbreite von Massnahmen bzw. Initiativen zur Kompetenzentwicklung auf: von Blended-Learning Programmen und selbstgesteuertem Lernen mit Inhalte-Bibliotheken über soziales Lernen in online Communities bis hin selbstorganisiertem informellem Lernen im Rahmen einer konzernweiten Initiative zum zeitlich befristeten Stellentausch. Zu den zentralen lernkulturellen Voraussetzungen für das erfolgreiche Umsetzen dieser Formate gehören insbesondere Selbstverantwortung und Eigeninitiative (Mitarbeitende), Vertrauen in die Mitarbeitenden (Führungskräfte) und die Fokussierung auf das Schaffen von lernförderlichen Rahmenbedingungen (Bildungsverantwortliche).
Was macht Lernen mit digitalen Medien erfolgreich? (e-teaching.org)
e-teaching.org bietet seit einigen Jahren sogenannte “Themenspecials” an – strukturierte Sammlungen von aktuellen und früheren Beiträgen zu einem bestimmten Thema. Hier eine Übersicht zu allen Themenspecials.
Vom 19.10. 2017 bis zum 31.03.2018 läuft das Themenspecial “Was macht Lernen mit digitalen Medien erfolgreich?”
Aktuelle Beiträge – neben einer Reihe von bereits zuvor publizierten Artikeln – befassen sich mit folgenden Themen:
- Fallsimulationen und automatisches adaptives Feedback mittels KI
- Studienerfolg mittels Learning Analytics
- Digitale Spiele in Hochschulen
Quelle
https://www.e-teaching.org/praxis/themenspecials/digital-learning-map-2020
Bekannt aber auch verkannt – Trainer-geführtes Lehren und Lernen im virtuellen Klassenraum
Im Zuge der Diskussion um digitale Transformation und neue, mediengestützte Lehr-Lernformate gerät auch das von Trainern geführte Lehren und Lernen in synchronen online Kursräumen wieder in den Blick. Viel Aufmerksamkeit gibt es dabei für Plattformen, die lippensynchrone Bild- und Tonübertragung sowie grosse Teilnehmergruppen ermöglichen. Beispiele hierfür sind der Wow-Room der IE Business School in Madrid oder Desktop-Lösungen wie alfaview bzw. SAP LiveClass. Jenseits der Einführung von leistungsfähigen technischen Lösungen gibt es aber auch im Hinblick auf die methodische Umsetzung von Trainer-geführtem Online-Lernen an vielen Stellen noch Luft nach oben.
Verstellter Blick
Trainer-geführte Lehr-Lernprozesse können seit gut 15 Jahren in Online-Kursräumen – sogenannten virtual classrooms (VC) oder virtuellen Klassenzimmern – durchgeführt werden (Meier / Schneider 2002). Während viele Bildungsanbieter diese Form des Trainer-geführten Lehrens und Lernens noch eher selten und ergänzend nutzen, setzen andere stark oder sogar ausschliesslich auf diese Form (z.B. das Institut für Berufliche Bildung in Deutschland – vgl. dazu diesen Post). Auch ganze Konferenzen werden über virtuelle Klassenzimmer abgewickelt – etwa die von der E-Learning Guild zwei bis drei Mal im Jahr durchgeführten Online-Summits.
Weit verbreitet sind sogenannte Webinare insbesondere als Marketing-Instrument, über das Produkte und Dienstleistungen potenziellen Interessenten nahegebracht werden. Dies gilt insbesondere für den US-amerikanischen Raum. Wenn man einschlägige Newsletter von Berufsvereinigungen oder Branchendiensten abonniert hat, erreichen einen täglich mehrere Angebote zur Teilnahme an kostenfreien Webinaren.
Die Sicht auf virtuelle Klassenzimmer wird in meiner Wahrnehmung durch diese Marketing-Webinare dominiert. Diese bieten in der Regel lediglich folienbasierte Frontalbeschallung und die Potenziale von methodisch gestaltetem, Trainer-geführtem Online-Lernen drohen aus dem Blick zu geraten.
Aktivierung und Interaktion in Grossgruppen-Webinaren
Die zweitägigen Online-Symposien der E-Learning Guild werden auf der Grundlage der Plattform Adobe Connect durchgeführt und an den einzelnen Sessions nehmen in der Regel 150-180 Personen teil. So auch beim letzten Symposium zum Thema Marketing für betriebliche Bildung (vgl. dazu diesen Blogbeitrag). Trotzdem ist es einigen Referenten sehr gut gelungen, die Teilnehmenden zu aktivieren und einzubinden. Sie haben dabei nicht nur die üblichen Kurzabfragen («polls») unter den Teilnehmenden eingesetzt, sondern auch andere Techniken.
Abbildung 1: Umfrage unter den Teilnehmenden an einem Webinar (Quelle: E-Learning Guild)
Recht häufig wurde der Text-Chat als Interaktionskanal mit den Teilnehmenden genutzt. Und zwar auf verschiedene Weise. Beispielsweise für offene Fragen an alle Teilnehmenden zu einem gerade behandelten inhaltlichen Aspekt (Abbildung 2):
Abbildung 2: Offene Frage an die Teilnehmenden und Antworten der Teilnehmenden darauf im Textchat (Quelle: E-Learning Guild)
Nachtrag 10.11.2017
Im virtuellen Klassenraum kann auch die Zeichenfunktion für die Intraktion mit den Teilnehmenden eingesetzt werden. Beispielsweise in der Form, dass sich die Webinar-Teilnehmenden hinsichtlich des Stands bei der Umsetzung eines bestimmten Themas selbst verorten:
Abbildung 9: Teilnehmende an einem Webinar verorten sich selbst im Vergleich zu anderen (Quelle: eLearning Guild)
Solche offenen Fragen können Teilnehmende stärker aktivierend als Umfragen / Abstimmungen mit geschlossene Fragen. Allerdings muss in Rechnung gestellt werden, dass für die Beantwortung mehr Zeit erforderlich ist und dass die Anforderungen an die Moderatoren höher sind. So müssen nicht nur die laufend eingehenden Antworten gelesen und kommentiert werden. Es stellt sich unter Umständen auch die etwas heikle Aufgabe, trotz weiterhin eingehender Textantworten im Thema fortzufahren und spät eintreffende Beiträge unbeantwortet zu lassen.
Auch umfangreichere Aufgaben lassen sich so in der Interaktion mit einer grossen Teilnehmerschaft bearbeiten, wie eine Referentin an diesem Summit demonstrierte, indem sie ein vorstrukturiertes Arbeitsblatt mit den im Chat gelieferten inhaltlichen Beiträgen der Teilnehmenden füllte:
Abbildung 3: Befüllen eines Arbeitsblatts in der Interaktion mit Webinar-Teilnehmenden (Quelle: E-Learning Guild)
Herausforderung Multitasking und Ko-Moderation
Solche Interaktionsformen in einem Webinar mit vielen Teilnehmenden (in diesem Fall etwa 150) sind für die Referenten / Moderatoren sehr anspruchsvoll. Hier müssen in schnellem Wechsel Beiträge im Chat-Forum gelesen, eingeschätzt, gegebenenfalls kommentiert und verarbeitet werden. Gleichzeitig gilt es darauf zu achten, dass die Erarbeitung für die Teilnehmenden, die nicht aktiv beitragen, sondern nur zuschauen / zuhören, nicht zu langatmig wird. In einer solchen Situation kann ein «Ko-Moderator» oder ein «Producer» Entlastung bieten. Diese Person kann beispielsweise den Chat im Auge behalten und bei Bedarf der Referentin / Moderatorin Hinweise geben. Besonders gut funktioniert das, wenn beide nebeneinander sitzen und sich auch nonverbal verständigen können.
Interaktion in Webinaren mit Seminargrösse
Bei den oben beschriebenen Webinaren mit vielen Teilnehmenden ist der Ton-Kanal für die Teilnehmenden in der Regel deaktiviert. Zu gross ist die Gefahr von Störgeräuschen und zu aufwändig die Abstimmung und der Wechsel von Sprecherrechten.
Dies kann aber bei VC-Sitzungen in Seminargrösse (ca. 20-30 Teilnehmende) anders gehandhabt werden. Ich hatte hierzu kürzlich eine interessante Erfahrung in einem Webinar von insynctraining, einem auf Trainer-geführtes Online-Lernen spezialisierten Dienstleister aus den USA. An dem Webinar zum Thema «Szenario-basiertes Lernen im VC» auf der Basis der Plattform WebEx nahmen sogar 47 Personen (mehrheitlich aus den USA) teil. Die Mikrofone aller Teilnehmden waren aktiviert, um maximale Interaktivität im Rahmen dieses Settings zu ermöglichen. Die Moderatorin hat dabei immer wieder darauf hingewiesen, dass die Teilnehmenden ihre Mikrofone selbständig stumm schalten, wenn sie nicht gerade sprechen, damit Störgeräusche wie Tastatureingaben oder Hintergrundgespräche im Grossraumbüro vermieden werden.
Cold Calls und namentliche Abstimmungen
Die Moderatorin ging recht forsch zur Sache und hat – wenn Beiträge zu zögerlich kamen – wiederholt Teilnehmende durch direkte Ansprache (z.B. «John, what has been your experience with scenario based learning?») eingebunden. Wir Teilnehmende wurden ein oder zwei Mal aufgefordert, eine eingeblendete Webadresse aufzurufen, ein dort hinterlegtes Szenario durchzuspielen und hinterher im Plenum zu unseren Erfahrungen zu berichten.
Darüber hinaus wurden mehrfach Entscheidungssituationen erzeugt bzw. kurze Classroom-Assessments durchgeführt, in denen wir eine Aussage zu einem zuvor behandelten Aspekt machen sollten – beispielsweise dazu, um welchen Typ von Szenario es sich bei einem gerade besprochenen Beispiel handelt. Dies war insofern aktivierend, als unsere Wahl / Aussage unter Angabe unseres jeweiligen Namens erfolgte und wir damit rechnen mussten, dass uns die Moderatorin direkt ansprechen und fragen würde, warum wir diese oder jene Option gewählt hatten (vgl. Abbildung 4).
Abbildung 4: Beantwortung einer Entscheidungsfrage – Namen der Teilnehmenden sind sichtbar (Quelle: insynctraining.com)
Mit einem unterstützenden Producer an der Seite, der in diesem Fall das Eintragen von Stichworten auf einem vorab vorbereiteten digitalen Arbeitsblatt übernahm, gelang es der Trainerin auch, gemeinsam mit uns Webinar-Teilnehmenden in einer Lehrgespräch-Sequenz Ideen für ein Skript zu entwickeln:
Abbildung 5: Gemeinsames Erarbeiten von Ideen für ein Skript durch Trainerin, Producer und Teilnehmende (Quelle: insynctraining.com)
Eine Option, die im Rahmen des Webinars von insynctraining nicht genutzt wurde, besteht darin, Arbeitsphasen in parallelen Arbeitsgruppen vorzubereiten und durchzuführen. Mit Adobe Connect, beispielsweise, können Teilnehmende zufallsgesteuert oder manuell auf verschiedene Gruppenräume verteilt werden, dort Aufgaben bearbeiten und dies mit Werkzeugen wie Whiteboard oder Textnotizen dokumentieren. Trainer und Moderatoren können sich zu den verschiedenen Arbeitsräumen, die auch im Hinblick auf die Tonspur getrennt sind, hinzuschalten und die Arbeitsgruppen dort anleiten oder unterstützen. Zurück im Plenum können die von den Arbeitsgruppen erstellten Skizzen oder Textnotizen vom Trainer / Moderator aufgerufen und zum Gegenstand von Berichten oder einer gemeinsamen Diskussion gemacht werden.
Abbildung 6: Schematische Darstellung einer Arbeitsphase in parallelen Arbeitsgruppen (Quelle: scil)
Vielfältige Arbeitsformen für Kleingruppen, Online-Labs und Einzelcoachings
Im Rahmen unserer Weiterbildungsprogramme nutzen wir seit einigen Jahren Adobe Connect für das Format ‘virtual classroom’. Zum einen für ca. einstündige Arbeitssitzungen zum Abschluss der Transferphase zu einem Modul. Zum anderen auch für Tagesworkshops und für halb- oder ganztägige Fachcoachings. Die Teilnehmenden-Gruppen sind dabei eher klein (in der Regel weniger als zehn Teilnehmende). Um eine möglichst intensive Interaktion zu ermöglichen nutzen wir dabei nicht die im VC integrierte Voice-over-IP Option für die Tonspur, sondern eine parallel laufende Telefonkonferenz, die bessere und verzögerungsfreie Tonqualität bietet.
Abbildung 7: Bildschirmfoto zu einem online Tagesworkshop (Quelle: scil)
Ein nützliches Leistungsmerkmal von Adobe Connect als VC-Umgebung ist, dass für verschiedene Arbeitsphasen jeweils spezifisch geeignete Layouts vorbereitet werden können (vgl. Abbildung 7, rechts). So kann dann später im Online-Seminar bzw. Workshop zwischen Arbeitsoberflächen gewechselt werden, die beispielsweise für die Begrüssungsphase und das Aufwärmen, für Impulsreferate, für gemeinsames Entwickeln, für Reflexionen oder für das Feedback-Geben optimiert sind.
Eine technisch sehr anspruchsvolle Variante der Umsetzung von intensiven, Trainer-geführten virtuellen Schulungen hat vor einigen Jahren Arlett Bruder an der Learntec vorgestellt. Bei den im Rahmen der Produktschulung im Aussendienst von Siemens durchgeführten eLabs sind maximal acht Teilnehmende und zwei Trainer beteiligt. Die Teilnehmenden bearbeiten dabei u.a. Aufträge, die sich auf den Umgang mit medizinischen Diagnosegeräten beziehen. Die beiden Trainer haben Zugriff auf alle PC-Bildschirme der Teilnehmenden und können so nicht nur nachvollziehen, wie die Lernenden die Aufträge bearbeiten sondern gegebenenfalls auch Hilfestellung geben.
Abbildung 8: Schematische Darstellung der Interaktion in eLabs (eigene Darstellung nach Bruder 2012)
Trainer-geführtes Lernen als wirksamste Form des Lehrens und Lernens – nur in Ko-Präsenz?
Sowohl bei den leitenden Verantwortlichen als auch bei Trägern bzw. Aufsichtsgremien von Bildungsinstitutionen wie etwa Hochschulen wird häufig davon ausgegangen, dass Trainer-geführtes Lernen in direkter Interaktion die effektivste und wirksamste Form des Lehrens darstellt. Dies schlägt sich beispielsweise darin nieder, dass die Anzahl der Kontaktstunden ein zentrales Prüfkriterium bei der Zulassung von Programmen der Aus- und Weiterbildung ist. Hier stellt sich die Frage, ob die Potenziale von Trainer-geführtem online-Lernen – insbesondere bei anspruchsvolleren methodisch-didaktischen Umsetzungen – ausreichend bekannt sind und berücksichtigt werden.
Noch ein Hinweis in eigener Sache:
Am 25.10.2017 findet das erste scil Interaktiv-Webinar zum Thema «Neue Organisationsformen für L&D» statt. Im Rahmen dieser dreistündigen Veranstaltung stellen sich drei agile, an Holacracy orientierte Bildungsorganisationen vor. Arbeitsformen sind kurze Impulsreferate, Frage-Antwort-Runden im Plenum und parallele Kleingruppen. Mehr zu dieser Veranstaltung hier. Es können maximal 16 Personen teilnehmen.
Referenzen
Bruder, Arlett (2012): eLabs für den Transfer von Praxisanteilen in die virtuelle Schulung. Vortrag, Learntec 2012.
Meier, Christoph; Schneider, Isabel (2002): Live-Konferenzen im WWW. Nutzungsszenarien, Produkte und Anbieter. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag.
Entwicklung "digitaler" Kompetenzen bei Post-CH: leitende Fragestellungen (Joël Krapf)
In seinem Weblog skizziert Joël Krapf (Schweizerische Post und Universität St.Gallen) wie bei der Schweizerischen Post das Thema Entwicklung “digitaler” Kompetenzen weiter vorangetrieben wird. Dort hat sich das Team vorgenommen, u.a. an den folgenden Leitfragen zu arbeiten:
- Wie kann die Personal- und Organisationsentwicklung (PE/OE) die Geschäftsbereiche bei der Entwicklung zweckmässiger Kompetenzziele unterstützen?
- Wie kann bzw. muss PE/OE die Geschäftsbereiche darin unterstützen, «digitale Kompetenzen» in ihrer Breite und Tiefe regelmässig zu thematisieren und reflektieren?
- Wie kann PE/OE verhindern, dass für (quasi-)identische Kompetenzziele in den Geschäftsbereichen redundante Massnahmen entwickelt werden?
- Wie wird sichergestellt, dass nur dort Massnahmen umgesetzt werden, wo die MA einen Bedarf haben?
- Wie wird verhindert, dass durch die Arbeit an den «digitalen» Kompetenzen nicht andere wichtige Kompetenzziele vernachlässigt werden?
Quelle
Top 200 Tools for Learning (Jane Hart, C4LPT)
Jane Hart, C4LPT, lädt seit vielen Jahren Learning Professionals dazu ein, ihre “top tools for learning” zu nennen. 2’174 Learning Professionals haben sich beteiligt. Früher umfasste die Liste 100 Einträge, heute sind es 200 Einträge in drei verschiedenen Kategorien:
- Tools for Personal & Professional Learning
- Tools for Workplace Learning
- Tools for Education
Google Suche und YouTube stehen wir im Vorjahr auf den beiden ersten Plätzen. Neu auf der Liste sind z.B. Typeform (Nr. 55, ein Werkzeug zum Erstellen von attraktiven, aktivierenden Umfragen), ActExs (Action Extracts, Nr. 82, ein Werkzeug zwischen Evernote, PDF-Annotation und Konferenz-App), H5P (Nr. 87, eine html5-basierte Autorenumgebung mit APIs u.a. für moodle und WordPress), HiHaHo (Nr. 108, eine Werkzeug für das Erstellen von interaktiven Videos mit u.a. Textzusätzen, Bildern, Fragen, Sprungmarken oder einer Menü-Funktion) und Aurasma (Nr. 163, eine Applikation für das Erstellen von Augmented Reality Anwendungen).
Quelle
BarCamps: Anatomie und Entwicklungsperspektiven (Simon Dückert, Cogneon)
Simon Dücker, Cogneon Akademie, wirft einen Blick zurück auf 11 Jahre persönliche Erfahrungen mit Barcamps und Knowledge Jams. Er arbeitet Elemente der Anatomie eines Barcamps heraus
- Landing Page
- Vorstellungsrunde
- Session Planung
- etc.
führt Vor- und Nachteile dieses Formats auf (z.B. Augenhöhe; fachliches Niveau) und macht sich Gedanken über die Weiterentwicklung dieses Formats:
- kuratiertes Programm
- Session-Dokumentation
- Online Community
In den Kommentaren zu diesem lesenswerten Beitrag beginnt eine Diskussion dazu, ob die Gefahr besteht, dass das Format BarCamp zu sehr ausgedehnt und überfrachtet wird. Jochen Robes und Martin Lindner äussern sich dazu und plädieren für kurze bzw. einfache Umsetzungen.
Quelle
https://cogneon.de/2017/10/01/11-jahre-barcamping-eine-retrospektive/
Toolbox und Wiki zu Lernformaten (Education Innovation Lab, Berlin)
Das Education Innovation Lab ist der Evangelischen Schule Berlin Zentrum angegliedert und versteht sich als Teil eines Reallabors zur Entwicklung neuer Lernformate und Lernkulturen.
Das Lab hat ein Wiki bzw. eine Toolbox zu Lernformaten aufgesetzt, in dem verschiedene Formate kurz erläutert werden. Das fängt (aktuell) an bei “Appreciative Inquiry”, geht über “Learning out Loud” und endet bei “Zukunftswerkstatt”.
Die Toolbox wurde auf dem Corporate Learning Camp in Frankfurt vorgestellt und Interessierte sind eingeladen, am Wiki bzw. der Toolbox mitzuarbeiten und diese zu ergänzen.
Quelle
https://www.agiles-lernen.wiki/wiki/
(via Jochen Robes / Weiterbildungsblog.de)
Wo liegt die Zukunft der L&D-Profession? (E. Masie, CLO Magazin)
In seiner Kolumne für das CLO-Magazin schreibt Elliot Masie über einen von ihm wahrgenommenen Trend: ein deutlicher Rückgang bei der Zahl der Bildungsverantwortlichen in Unternehmen, die primär in dieser Funktion beschäftigt sind. Masie verweist auf folgende dahinter liegende Gründe bzw. Trends:
- weniger Präsenztraining (und mehr E-Learning oder Webinare);
- mehr Bildungsfachleute, die in Fachbereiche integriert sind (z.B. “field leader for induction” oder “sales readiness manager”) und sich nur noch zum Teil als Bildungsverantwortliche sehen;
- mehr extern bezogene Bildungsdienstleistungen;
- mehr Aktivität im Bereich der Unterstützung von informellem Lernen (auch hier sehen sich die Unterstützer oft nicht mehr primär in einer L&D-Rolle).
Elliot Masie schliesst seine Kolumne mit der folgenden Aufforderung:
It is time for the learning field to have a deep and open conversation about how we re-engineer our craft, our skills and our careers. The workforce and our world need agile, innovative and business-aligned learning colleagues to face the changing workplace of the future. Let’s step up to the challenge.
In einem Beitrag für die Zeitschrift “International Journal of Advanced Corporate Learning” hatten Vey, Fandel-Meyer, Zipp und Schneider kürzlich eine Reihe von aktuellen Herausforderungen in Unternehmen und Organisationen und damit zusammenhängenden Arbeitsbereichen für Learning Professionals aufgezeigt:
- unzureichende Agilität und Ausrichtung auf Innovation
-> Betonung der Rolle als Begleiter und Gestalter von Veränderungen (Change Agent); - keine ausgeprägte Innovationskultur
-> Betonung der Rolle als Gestalter (Gärtner) von betrieblichen Lernkulturen; - unzureichende Ausrichtung der Bildungsarbeit auf Kompetenzentwicklung
-> Erweiterung des Angebotsportfolios und Ausrichtung auf Kompetenzen für eine digitalisierte Arbeitswelt.
Quellen
http://www.clomedia.com/2017/08/17/future-learning-careers/
Vey, Karin; Fandel-Meyer, Tanja; Zipp, Jan S.; Schneider, Christian (2017): Learning & development in times of digital transformation: Facilitating a culture of change and innovation. In: International Journal of Advanced Corporate Learning (iJAC) 10 (1), S. 22–32. (online unter http://online-journals.org/index.php/i-jac/article/view/6334/4348)
Zukunftslabor "Informationskompetenzen messen und fördern" auf der Sekundarstufe II
15. November 2017, 13.30-17.00 Uhr
Ort: Design Thinking Loft, Blumenbergplatz 9, Universität St.Gallen
Unterstützt von der IBH – Internationale Bodenseehochschule
hier geht es zur Anmeldung (kostenloser Event):
http://www.bodenseehochschule.org/events/event/zukunftslabor-an-der-hsg-informations-und-social-media-kompetenz-in-schulen/
Das Internet überschwemmt uns mit Daten. Wie lernen junge Menschen im Informationszeitalter, kritisch mit «Online-Wissen» umzugehen?
Mit Unterstützung des Grundlagenforschungsfonds der Universität St.Gallen haben Prof. Dr. Sabine Seufert vom Institut für Wirtschaftspädagogik und Prof. Dr. Katarina Stanoevska vom Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement an der HSG gemeinsam untersucht, wie Lehrende die Informationskompetenz ihrer Schüler fördern können. Daraus ist ein sogenanntes 7i-Modell zur Erhebung von Informationskompetenzen entstanden und in Schweizer Gymnasien empirisch getestet worden. Im Rahmen des Nachfolgeprojektes gefördert durch die IBH „Messen und Fördern der Informationskompetenz von Digital Natives“ in der Bodenseeregion konnte das Messinstrument 7i-Modell mit einer Expertengruppe die Informationskompetenz von Schülern und Schülerinnen im Vierländerdreieck Vorarlberg-Ostschweiz-Süddeutschland-Liechtenstein weiter entwickelt und getestet werden. Die empirischen Befunde zeigen auch hier, dass die sogenannten Digital Natives entgegen den Erwartungen erhebliche Defizite im Umgang mit Informationen aufweisen. Auf Basis der Untersuchung hat die Expertengruppe einen Online-Kurs entwickelt, einen sogenannten MOOC (Massive Open Online Course), welcher die Informationskompetenz von Schülern der Sekundarstufe II fördern soll. Die ersten Analysen der Einsatzmöglichkeiten von MOOC’s in Sekundarschulen II werfen zahlreiche Fragen auf, die innerhalb des Zukunftslabors erörtern werden sollen.
Vorgehensweise
Innerhalb des Zukunftslabors sollen zwei spezifische Fragenstellungen mittels moderierter Podiumsdiskussion im kreativen Umfeld des Design Thinking Lofts der Universität St. Gallen und mit Hilfe von interaktiven Einheiten geklärt werden:
- Wie lässt sich Social-Media- und Informationskompetenz als fachübergreifendes Thema in den Unterricht in Sekundarschulen II integieren?
- Wie kann Social-Media- und Informationskompetenz an Schulen besser gefördert werden?
- Wie kann Social Media als Informationsquelle eingesetzt werden, besonders in Bezug auf die Nutzung von Wikipedia, Facebook, WhatsApp oder Twitter?
2. Wie lassen sich MOOC’s aus dem ursprünglich universitären Umfeld in den schulischen Alltag einer Sekundarschule integrieren?
- Ist eine Integration von MOOC’s in 45 Minuten Unterrichtseinheiten generell möglich?
- Welche Erwartungen haben Lehrpersonen an ein MOOC? Wie lässt sich ein solches Weiterbildungsformat für den Unterricht flexibel nutzen (z.B. als Flipped Classroom)?
- Gibt es ethische Aspekte bei der Nutzung von MOOC’s zum Beispiel in Bezug auf die online Speicherung von Schülerdaten?
Zielgruppe
- Lehrpersonen der Sekundarstufe II
- Bildungsverantwortliche in Mittelschulen und berufsbildenden Schule
Nutzenpotenziale beim Einsatz adaptiver Lernplattformen (Aberdeen Group)
Die Aberdeen Group bietet Business Intelligence Lösungen an und führt u.a. auch Studien im Bereich Talent Management durch.
In einem Bericht von April 2017 zum Thema adaptives Lernen / adaptive Lernplattformen wird folgendes angeführt:
- Aktuell setzen etwa 1/3 der als “Best in class” bezeichneten Unternehmen (leider finden sich keine weiteren Angaben dazu) adaptive Plattformen ein, die den Mitarbeitenden auf der Basis von Analytics individualisierte Hinweise auf relevante Lerninhalte geben.
Darüber hinaus wird in dem kurzen Bericht aufgezeigt, wo die befragten Unternehmen Vorteile durch den Einsatz von adaptiven Lernplattformen sehen. Am deutlichsten sind diese Vorteile im Hinblick auf kontinuierliche Leistungsverbesserungen (vgl. Abbildung).
Quelle
Aberdeen Group (April 2017): Adaptive learning: The key to cultivating a successful workforce. https://elearningindustry.com/adaptive-learning-successful-workforce-free-ebook
Fallstudie: Soziales Lernen mit online-Lerngemeinschaften bei FINCA Impact Finance (Sergio Alguacil-Mallo)
Diesen Sommer erhielten wir eine für uns überraschend Anfrage aus Washington, DC:
Ich lese seit Jahren die Veröffentlichungen des SCIL (…) Ich wäre sehr dankbar für die Möglichkeit, andere Professionals im Bereich der betrieblichen Weiter- und Fortbildung, und Studenten der Erwachsenenbildung, auf meine wissenschaftliche Arbeit aufmerksam machen zu können.
Die Anfrage kam von Sergio Alguacil-Mallo, Manager Learning Systems & Technology von FINCA Impact Finance. FINCA steht für Foundation for International Community Assistance und besteht aus einem Netzwerk von 21 Community-basierten Microfinance-Institutionen, dem über 10’000 Mitarbeitende angehören.
Sergio hat in seiner Master-Arbeit soziales Lernen und soziale Medien als Element einer betrieblichen Bildungsstrategie untersucht (die Arbeit wurde bei Rolf Arnold an der TU Kaiserslautern eingereicht). Hier eine Auskoppelung aus dieser Arbeit, in der er
- die Einführung von online Lerngemeinschaften bei der FINCA Development Academy (FDA) beschreibt;
- Lessons Learned herausarbeitet – und zwar im Hinblick auf Aktivitäten
- vor der Implementierung,
- während der Implementierung (Pilotphase) und
- nach der Implementierung (Pilotphase);
- und dabei auf vier Bereiche von Erfolgsfaktoren Bezug nimmt:
- Nutzen,
- Personen,
- Moderation & Interaktion,
- technische / organisatorische Unterstützung.
Sergio formuliert folgende Eine zentrale Einsicht aus dieser Fallstudie:
In der Vergangenheit hatte Silodenken Erneuerungen im Kerngeschäft erheblich behindert. Die Community hat sich als sehr nützlich für das Aufbrechen dieses Silodenkens innerhalb von Ländergrenzen (FINCA arbeitet in 21 Ländern), Abteilungsstrukturen und Hierarchieebenen erwiesen.
Referenz
Alguacil-Mallo, Sergio (2014). Soziales Lernen und soziale Medien als Strategie einer ganzheitlichen betrieblichen Weiterbildung der Gegenwart. Masterarbeit, Technische Universität Kaiserslautern.
Die vollständige Arbeit kann über diesen Link geladen werden.
#CLC17 – scil zu Besuch auf dem Corporate Learning Camp 2017 in Frankfurt a.M.
Auch in den letzten Jahren war scil auf dem Corporate Learning Camp (CLC) unterwegs (vgl. scil Blogbeitrag von Christoph Meier). Dieses Jahr fand das CLC17 bereits zum 7. Mal statt und wurde von Karlheinz Pape und seinem Team organisiert – mit ca. 300 Teilgebenden (wieder ausgebucht):
Das CLC „ist eine nicht-kommerzielle Veranstaltung für alle Corporate Learning Professionals, veranstaltet von HESSENMETALL, der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände VhU und der Frankfurt University of Applied Sciences FAU.“ (Quelle: https://colearn.de/clc17/)
In diesem Jahr war ich persönlich zum ersten Mal dabei. Und ich bin noch sehr beeindruckt von der inspirierenden Dynamik und der spannenden Community (#krasseherde).
Etwas Spezielles ist das Format: Als BarCamp gestaltet kommen die Themen und Vorschläge für Sessions von den Teilgebenden (anstelle des passiver konnotierten Begriffs „Teilnehmende“). Der Themenschwerpunkt war „L&D in the Digital Age“ – der gleiche, wie der des CL2025 MOOCathon.
Dokumentiert wurden viele Themen und Ergebnisse des CLC17 auf Twitter: #CLC17
Themen des #CLC17
Spannend gestartet sind wir schon mit der Vorstellungsrunde. Hier nannte jede(r) ein Stichwort, mit dem sie/er dabei ist. Interessant ist dabei die Breite der aktuellen Themen, wobei einige häufiger vorkamen als andere. Hier ein Einblick:
# Agile Personalentwicklung / agile Werte
# Verbindung analog + digital („ist analog wirklich tot?“ / „digitale Auszeit“)
# (Lern-) Kulturveränderung
# Smart Learning Environments
# User-centered Design
# Working out loud (WOL)
# digitale Transformation / digitale Lernformate
# Content Curation
# digitale Kompetenzen aufbauen
# digitale Transfersicherung
# Blended Learning
# Motivationsdesigns
# u.v.m. …
scil Beiträge: “Kompetenzen für eine digitale Arbeitswelt”
An beiden Tagen habe ich jeweils eine Session zum Thema „digitale Kompetenzen“ anbieten dürfen.
In der 1. Session beschäftigten wir uns mit 34 Teilnehmenden mit „Kompetenzen für eine digitale Arbeitswelt“. Als Grundlage habe ich folgendes Framework vorgestellt, das wir bei scil basierend auf unserer Analyse verschiedener aktuell vorliegender Modelle entwickelt haben:
Anschliessend führten wir in einer Pilotierung das scil Benchmarking „Kompetenzen für eine digitale Arbeitswelt“ als persönliche Standortbestimmung anhand eines Online-Fragebogens (18 Items) durch und reflektieren die Ergebnisse sowohl individuell als auch im Gruppenvergleich. Die anschliessende Diskussion um digitale Kompetenzen griff verschiedene Punkte auf – hier einige Beispiele:
- Selbstkompetenzen müssen zukünftig verstärkt im Fokus stehen, um mit den unvorhersehbaren Entwicklungen (= Black Box) umgehen zu können, aber auch um sich selbst in der eigenen Kompetenzentwicklung einschätzen und Massnahmen ergreifen zu können.
- Datenschutz und Betriebsrat werden als Hindernisse für die Entwicklung gesehen.
- Auch die Formulierung von Werten könnten zukunftsfähig sein (im Sinne von Verhaltensbeschreibungen und anstelle von Kompetenzformulierungen, die konkrete Handlungen beschreiben).
- Sind Kompetenzmodelle in einer zunehmend agilen und unvorhersehbaren Welt überhaupt zukunftsfähig?
- Der reflektierte Umgang mit Herausforderungen und Risiken wird als zentrale Kompetenz betont.
- u.a.
Übrigens:
Das scil Benchmarking zum Thema „digitale Kompetenzen für eine digitale Arbeitswelt“ wird nun nochmal überarbeitet und bald allen Interessierten zugänglich sein. Anhand eines Online-Fragebogens kann in einem ersten Schritt eine individuelle Standortbestimmung vorgenommen werden, Ergebnisse individuell und im Vergleich zu anderen Befragten analysiert werden. Mögliche Reflexionsfragen:
- (Inwiefern) entspricht das Ergebnis Ihrer aktuellen Rolle?
- Wie interpretieren Sie Ihre Ergebnisse im Vergleich zu anderen Befragten?
- Welche Entwicklungsmassnahmen können Sie daraus ableiten?
In einer 2. Session haben wir dann digitale Kompetenzen für Learning Professionals diskutiert und gemeinsam erarbeitet. Hier das Ergebnis mit zentralen Punkten:
(zum Vergrössern bitte anklicken)
Besonders treffend finde ich die Aussage: Lernformate sollten ein „Spiegel der Arbeitswelt“ sein (danke an Werner Sauter), wenn durch sie Kompetenzen für aktuelle Entwicklungen entwickelt werden sollen. Dabei sollen sie methodisch als auch inhaltlich diese Entwicklungen aufgreifen und selbstorganisierte Prozesse erfahrbar machen, die einen Kulturwandel erfordern und einem Paradigmenwechsel unterliegen. Damit ist ein „dynamischer Ermöglichungsrahmen“ zu schaffen, der deutlich wegrückt von einem Seminardenken.
Ausserdem wurden Überzeugungskompetenzen hervorgehoben. Diese stehen im Zusammenhang mit Bildungsmarketing: Intern neue Lernmöglichkeiten „verkaufen“ können, gegenüber dem Top Management als Auftraggeber sowie auch gegenüber potenziellen Teilnehmenden – bspw. durch ein treffendes „Wording“, aber auch durch Argumente der Nachhaltigkeit. Ein „dickes Fell“ zu haben wurde hierzu als hilfreich gesehen.
Lessons learned #CLC17
Lessons learned aus diversen Sessions beider Tage wurden neben dem Twitterkanal auch analog festgehalten:
Zum Abschluss noch ein Zitat, das mir von den beiden Tagen in Erinnerung geblieben ist und – wie ich finde – in vielen Situationen auch prima auf L&D passt:
„Machen ist wie wollen, nur krasser.“