Diesen Monat fand das Webinar von ASTD zum Thema: “Employee Development on a Shoestring: Developing Talent Outside the Classroom” statt. Es wurde sehr gut und interessant von Halelly Azulay durchgeführt. Wir haben uns im letzten Jahr bei scil im Rahmen unseres Forschungsprogramms: „Informelles Lernen als Führungsaufgabe” ja auch mit der Frage nach Möglichkeiten informellen Lernens ausserhalb der klassischen Seminarsettings beschäftigt (s. hierzu unser Blogbeitrag von Januar 2013).
Wir hatten damals fünf Fallstudien in Bildungsbereichen grosser Unternehmen (Caterpillar, Deloitte, IBM, Siemens, UBS) durchgeführt und in dieser Zusammenarbeit entstand folgende Landkarte an informellen Lernformen:
In dem Webinar wurden ganz viele der Aspekte aus unserer „Landkarte“ auch angesprochen. Hier möchte ich kurz von 3 Lernformen berichten, die vorgestellt wurden und wir bisher so nicht explizit im Blick hatten:
1. „Volunteering“: Hiermit ist ein „freiwilliger Arbeitseinsatz“ gemeint. Dieser kann im eigenen Bereich stattfinden, muss aber eine Tätigkeit/Aufgabe sein, die man bisher noch nicht ausgeübt hat. Es kann auch bereichsübergreifend sein, z.B. wenn es ein persönliches Entwicklungsziel ist die eigene Kommunikation zu verbessern, könnte man einen Einsatz im Marketingbereich machen.
Gemäss der Moderatorin müssen die Einsätze nicht von langer Dauer sein, sondern können auch kurz sein, z.B. 1 Tag. Wichtig ist jedoch, dass es freiwillig ist, dass die Abwesenheit mit dem eigenen Team organisiert ist und das Vorhaben von der Führung unterstützt wird. Kritisch wurde daraufhin im Webinar die Frage nach Lern- und Arbeitszeit diskutiert. Das stelle ich mir auch herausfordernd vor, finde aber zugleich den Gedanken, Kompetenzentwicklung verstärkt (bereichsübergreifend) im eigenen Unternehmen zu betreiben („von und miteinander lernen“) interessant.
2. „Digital Storytelling“ – „the creation of video- and audio-based social learning content: Die Idee folgt dem Gedanken “Lernen durch Lehren” (am meisten lernt man oft erst etwas über ein Thema, wenn man es für ein Seminar/Training/Lehrveranstaltung didaktisch aufbereitet).
Mitarbeitende werden bei dieser Lernform als Reporter beauftragt, die ein kleines Video oder Audio Datei aufnehmen sollen. Inhalte können dabei eigene Lernerfahrungen, Meinungen und Ideen von Talentträgern in der Organisation, von Kunden, Führungskräften etc. sein.
Ein Beispiel für digital Storytelling aus dem Buch von H. Azulay: „Peer Stories: Peers feature their peers’ stories of success, lessons learned, problems solved, questions and challenges they want input about, and other `teachable moments’.”
Wir verwenden diese Methode in unserem Seminar „Innovative Learning Design“ als Transferunterstützende Massnahme am Ende des Seminars und machen sehr gute Erfahrungen damit. Die Teilnehmenden fassen hier ihre Learnings in Form eines kleinen Videos zusammen. Dies fördert die Reflexion des Gelernten und die Fokussierung auf die zentralen Aspekte/Erkenntnisse, die man am Arbeitsplatz umsetzen bzw. weiterverfolgen möchte.
3. „Innovation/creativity zones“: Diese Lernform beinhaltet, dass Mitarbeitende neben ihrem eigentlichen Job, Zeit bekommen, sich neue Prozesse auszudenken und neue Ideen zu entwickeln, die im besten Fall Einzug ins Portfolio des Unternehmens finden. Das bekannte Beispiel hierfür sind die „Google Labs“. Hierzu gibt es im Harvard Businessmanager eine interessante Auseinandersetzung, die die Frage aufwirft: Braucht es wirklich einen extra Freiraum für Innovation und Kreativität?:
„Bisher durften sich die Mitarbeiter von Google einen Tag in der Woche Projekten widmen, die nichts mit ihrer direkten Aufgabe zu tun hatten. Doch nun will der Konzern offenbar umsteuern. Eine richtige Entscheidung, denn damit stärkt Google seine Innovationskultur“ (Harvard Businessmanager, 03.09.2013):
http://www.harvardbusinessmanager.de/meinungen/artikel/keine-privaten-projekte-mehr-bei-google-a-919847.html
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"Fack ju Göthe": Mangel an Bildung – etwa ein neuer Trend?
In der NZZ eine köstliche Glosse von Jochen Güntner zu lesen: http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/uebersicht/ach-das-kennen-sie-1.18220271?extcid=Newsletter_14012014_Top-News_am_Morgen
«Voll krass, dieser Filmtitel», schreibt Feuilleton-Korrespondent «Fack ju Göthe», heisst eine Schulkomödie, die in Deutschland zu den erfolgreichsten Filmen seit langem gezählt wird. Doch interessant an der Produktion ist nicht der Erfolg, sondern die Botschaft, welche lautet: Für Mangel an Bildung muss sich niemand mehr schämen. Ist das etwa ein neuer Trend? Was wohl Günter Grass zu dieser Kolumne sagen würde, dessen Aussage “Facebook ist Scheissdreck” in den sozialen Medien breit getreten wurde.
Eine “Wissensverschiebung” ist beobachtbar – nicht zuletzt aufgrund des Phänomens einer zunehmenden Googleisierung – alte vs. neue Wissenstypologien. Für uns Bildungsverantwortliche, für die Lehrpersonen, bedeutet dies, herauszufinden, wie wir eine “Wissensökologie” herstellen können, in der eine Balance zwischen beiden “Typologien” hergestellt werden kann.
«Das Netz, anders als oft erwartet, ist kein Bildungsautomat, sondern, ohne epistomologisches Fundament des Nutzers, eine Halbwissenmaschine, die das anstrengende Genre der Besserhalbwisserei hat allgegenwärtig werden lassen.»
Sascha Lobo, FAZ, 10.07.2013
Visualisierungen für Lernen und Wissenskommunikation
Wir Menschen sind Augentiere: über unsere Augen erfolgt der grösste Teil der Informationsaufnahme und Bilder können wir schneller verarbeiten als Text. Und wir sehen nicht nur die Welt, wir erzeugen auch visuelle Darstellungen der Welt, unserer Erfahrungen und unseres Wissens: von den Darstellungen von Jagdszenen in den Höhlen von Lascaux über historische Panoramen (z.B. das monumentale Panorama von Tübke über die Bauernkriege des Mittelalters) bis hin zu den Infografiken im WWW unserer Tage.
Visuelle Medien und Visualisierungen sind natürlich auch ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit in der Aus- und Weiterbildung: wir erstellen MindMaps bei der Aufarbeitung von neuen Inhalten; erstellen Grafiken, um Arbeitsschritte, Zusammenhänge und Abläufe darzustellen; wir nutzen oder erstellen Infografiken, um “trockene” Daten anschaulich und eingängig vermitteln zu können (vgl. das Buch von David McCandless und seinen TED-Talk dazu);
wir nutzen oder erstellen sogenannte “Learning Maps”, um komplexe Zusammenhänge wie etwa Geschäftsmodelle für neue Mitarbeitenden eingängig darzustellen;
und wir erstellen häufig genug auch visuelle Darstellungen zu unseren Projekten, Angeboten und Dienstleistungen, um sie unseren Auftraggebern und Kunden zu verdeutlichen und zu vermitteln.
Die dazu erforderlichen Fertigkeiten – vom Gestalten von Flipcharts bis zum Erstellen von Infografiken mit speziellen Werkzeugen – sind in der Regel nicht Bestandteil der Ausbildung von “Learning Professionals”. Dies ist ein Grund, warum wir dieses Thema im Rahmen unserer scil learning days verfolgen. Unser nächster Workshop dazu findet am 12. März in St.Gallen statt.
Was wollen Führungskräfte? Coaching!
In der Ausgabe 11/2013 von Trainingaktuell wird dieser Frage nachgegangen. Der deutsche Führungskräfteverband ULA hat zusammen mit dem Verlag managerSeminare eine Studie dazu durchgeführt. Sie zeigt für welche Weiterbildungsformate und – inhalte sich Führungskräfte interessieren. Fast drei Viertel der Befragten interessieren sich für Coaching:
Im Widerspruch dazu stehen aktuelle Buchungszahlen. Im Jahr 2013 haben nur 16% der Führungskräfte ein Coaching gebucht oder planen dies noch. Ein möglicher Grund für den Widerspruch könnte sein, dass Führungskräfte befürchten, die Inanspruchnahme eines Coachs könnte als Schwäche ausgelegt werden.Es werden lieber Kurzformate, wie Ein- oder Zweitagesseminare in der Weiterbildung gebucht. Auch E-Learning Kurse und Webinare werden vergleichsweise häufig absolviert.
Welche Kompetenzen wollen Führungskräfte stärken?
Im Rahmen der Studie wurden die Führungskräfte auch gefragt, für welche Seminare sie sich entscheiden würden, wenn sie die freie Wahl hätten.
Top drei der Themen sind:
- Führungskraft als Coach
- Selbstorganisation der Mitarbeiter fördern und
- Burnout vorbeugen
Coaching und die Rolle von Führungskräften ist übrigens auch Gegenstand in unserem scil Seminar „Die Rolle von Führungskräften: Gestaltung einer lernförderlichen Führungsarbeit“. Dort behandeln wir u.a.:
- Die Rollenanforderung: „Führungskräfte als Coach“ reflektieren
- Kernkategorien einer systematischen Einbindung der Führungskräfte als Lernförderer verstehen und gestalten können
- Lösungsansätze zur Überwindung der „Beschleunigungsfalle“ kennenlernen
Mehr Informationen dazu hier:
http://www.scil.unisg.ch/de/Angebote/Weiterbildung-scil+academy/Fokusseminare/Fuehrungskraefte_CAS2
Informelles Lernen mit social media in der betrieblichen Weiterbildung: Erfolgsfaktoren für online Lerngemeinschaften
Ende 2013 erschien ein Buchbeitrag von Sabine Seufert und mir zu einem Thema, das uns auch in 2014 weiter beschäftigen wird: die Integration von informellem Lernen in die Weiterbildung von Mitarbeitenden in Unternehmen und die Transformation von Weiterbildungsbereichen. Der Originaltitel des Beitrags lautet: “Integrating informal learning into corporate learning via social media” und er ist in einem Sammelband mit dem Titel “Technological and Social Environments for Interactive Learning” bei Informing Science erschienen. In dem Beitrag fassen wir die Ergebnisse unseres scil Arbeitsberichts 24 für englischsprachige Leser zusammen und entwickeln dann darauf aufbauend die Unterscheidung der drei Modalitäten “Extended Training”, “Workplace Learning” und “Networked Learning”. Zum Schluss zeigen wir Entwicklungsperspektiven für L&D in Unternehmen und Organisationen auf: aus unserer Sicht sollten L&D-Bereiche sowohl das Potenzial von social media für das Management von L&D explorieren als auch das Potenzial für die Weiterentwicklung von Trainings und Lernangeboten. Perspektivisch kann das auf die Gestaltung einer partizipatorischen Lernkultur hinauslaufen, in der Lernaktivitäten effektiv und effizient durch social media unterstützt werden.
Eine Facette dieses Entwicklungsprogramms haben wir in einer zweiten Publikation entwickelt.
Im aktuellen Heft 01/2014 von Wirtschaft und Weiterbildung findet sich einen kurzen Beitrag von uns zu den Erfolgsfaktoren für online Lerngemeinschaften (vgl. dazu auch unseren Blogpost vom 18.12. und die dort eingebundenen Präsentationsfolien). Wir, das sind in diesem Fall Lars Satow von SAP AG, meine Kollegin Tanja Fandel-Meyer und ich.
In der innerbetrieblichen Weiterbildung und auf Seiten von Weiterbildungsanbietern wird ja oft danach gefragt, wie online Lerngemeinschaften das bisherige Portfolio der Lernformen ergänzen und informelle Lernprozesse ermöglichen können. Klar ist, dass es nicht genügt, eine technische Plattform anzubieten und dann zur Vernetzung und zum Austausch aufzufordern.
Ausgehend von einer Literaturanalyse haben wir 29 Erfolgsfaktoren in vier Dimensionen (Nutzen, Personen, Moderation & Interaktion, technische und organisatorische Unterstützung) unterschieden. Diese Übersicht zu Erfolgsfaktoren bilde dann den Hintergrund zu einer Analyse von zwei verschiedenen online Lerngemeinschaften:
- Die SAP Training & Education Community (http://scn.sap.com/community/training-and-education) wurde 2012 als offene Austauschplattform zu allen Themen rund um die Schulungs- und Trainingsangebote von SAP ins Leben gerufen. Beheimatet ist sie im SAP Community Network (SCN), das bereits seit einigen Jahren mehrere große Communities zu SAP-Themen umfasst. Die SAP Training & Education Community stellt eine Interessen-Community dar; die Teilnehmenden sind primär an Informationsaustausch und Kontaktpflege interessiert. Gleichzeitig ist die SAP Training & Education Community in einem kommerziellen Umfeld zu verorten, wobei der Betreiber (SAP Education) Austausch und Zusammenarbeit ermöglicht, über Moderatoren zur Wahrung von Interaktionsregeln beiträgt und über Blogger inhaltliche Impulse setzt.
- Die „scil Academy Community“ wurde im September 2012 auf Basis von Yammer als geschlossene Austauschplattform für Teilnehmende und Alumni der scil Weiterbildungsprogramme ins Leben gerufen. Die Initiative hierzu ging von scil aus. Ziele sind das Etablieren eines zusätzlichen Informations- und Kommunikationskanals zu Teilnehmenden und Alumni der scil Weiterbildungsprogramme und vermittelt darüber eine Stärkung der Bindung der Community-Mitglieder an scil als Anbieter von Dienstleistungen im Bereich Weiterbildung und Beratung sowie das Ermöglichen von unkompliziertem informellem Austausch der Teilnehmenden an den Zertifikatsprogrammen (sowie auch der Alumni dieser Programme) untereinander.
Die beiden online Lerngemeinschaften werden in dem Beitrag auf die Ausgestaltung im Hinblick auf ausgewählte Erfolgsfaktoren analysiert. Die beiden kurzen Fallstudien zeigen, dass die betrachteten online Lerngemeinschaften in unterschiedlichen Kontexten stehen und sich auch die Ausprägung der Betreiber-Rolle unterscheidet. Darüber hinaus liegen unterschiedliche Konfigurationen von Zielsetzungen, Zielgruppen, technischen Plattformen, organisatorischer Einbettung, Moderatorenrollen etc. vor.
Für uns ergibt sich daraus als Konsequenz, dass es keine einfache Sequenz von Arbeitsschritten gibt, die für eine erfolgreiche Lancierung von online Lerngemeinschaften durchlaufen werden muss – etwa in dem Sinne, dass zunächst relevante Kooperationsziele für eine bestimmte Zielgruppe identifiziert werden müssen, dann eine technische Plattform ausgewählt und schliesslich eine unterstützende Moderation umgesetzt werden muss. Vielmehr repräsentieren die vier Dimensionen von Erfolgsfaktoren Arbeitsfelder, die für einen nachhaltigen Erfolg von online Lerngemeinschaften mehrfach zu durchlaufen und weiterzuentwickeln sind. Dabei ist die Relevanz der aufgeführten Erfolgsfaktoren jeweils für den konkreten Einzelfall zu prüfen.