Wir haben ja nicht mehr wirklich dran geglaubt… Auf einen langen Winter mit viel Schnee bis Ende März (und auch noch danach) folgte ein total verregnetes und ebenso trübes Frühjahr. Jetzt ist es bei uns in St.Gallen also doch noch Sommer geworden. Hoffen wir, dass es noch ein paar Tage so bleibt…
Das scil-team verabschiedet sich in die Sommerpause und wir melden uns dann im August wieder zurück!
Archives for Juli 2013
The next Learning Landscape „Learner-Driven“: was bedeutet eigentlich „Selbstlernen“?
An unserem scil congress hat Ruud Kronenbourg, Dean der Caterpillar University, in der Session „Working is learning – learning is working“? das folgende Schaubild dabei gehabt (Quelle von Forrester Research 2013). Stimmen diese Trendentwicklungen? Kommt nun die Ära des „Learner-driven“ Modells, das Selbstlernen? Ist das „das Prinzip Hoffnung“ – die Mitarbeitenden können sich bald selbst alles beibringen, das Bildungsmanagement und Führungskräfte unterstützen dabei?
Der Bezugspunkt für Lernprozesse scheint nicht mehr der Betrieb, sondern das Individuum (kompetenzorientierte bzw. utilaristische Wende), eine inner- und übertrieblich organisierten Kompetenzentwicklung in vernetzten Lernstrukturen zu organisieren. Als Implikation daraus hat das Bildungsmanagement in Unternehmen die Aufgabe, Lernprozesse auf individueller, betrieblicher und überbetrieblicher Ebene zu initiieren, zu implementieren, zu begleiten und zu evaluieren. Die Überschneidungen zwischen selbstorganisiertem und informellem Lernen sind dabei im Übrigen sehr groß. Häufig werden beide Konzepte gemeinsam verwendet. Obwohl das informelle Lernen mit dem Selbstlernen in manchen Bezügen verbunden ist, betrachten beide das Lernen aus unterschiedlicher Perspektive: Während sich informelles Lernen in allgemeiner Weise auf die „Form“ bezieht und sich – je nach Definition – vom formalen Lernen dadurch abgrenzt, dass es außerhalb von Bildungseinrichtungen und ohne Zertifizierung abläuft, definieren sich die Spielarten des Selbstlernens dadurch, dass das lernende Subjekt bestimmte Aspekte des Lernprozesses wie beispielsweise die Lernsteuerung selbst in die Hand nimmt.
Die Nähe zum informellen Lernen hängt letztendlich von der Interpretation und Ausprägung des Selbstlernens ab. Was bedeutet eigentlich Selbstlernen? Drei Hauptkriterien sind dabei hilfreich: die Organisation, die Steuerung und die Autonomie, die er jeweils wie folgt definiert:
1. „Selbstorganisiertes Lernen bedeutet, sich bei vorgegebenen Inhalten und Lernzielen um die Rahmenbedingungen des Lernprozesses (Unterlagen, Ort, Zeit, Dauer, Prüfungstermin usw.) selbst zu kümmern.
2. Selbstgesteuertes Lernen heißt, in einem vorgegebenen Lernarrangement den Weg zu den extern fixierten Lernzielen selbst zu gehen und entsprechende Maßnahmen, wie Aufrechterhaltung der Motivation, Überwachung und Regulierung des Lernprozesses, zu setzen.
3. Selbstbestimmtes bzw. autonomes Lernen beinhaltet, alle Parameter des Lernprozesses, Organisation, Steuerung, Lernziele, selbst wählen und kontrollieren zu können.“ (Zürcher, 2007, S. 36)
Die Überschneidungen von informellem Lernen und Selbstlernen sind dabei wechselseitig. Zum einen verläuft das informelle Lernen im Alltag häufig selbstorganisiert, als bewusster Lernprozess. Zum anderen kann das selbstgesteuerte Lernen auch in einem formalen, institutionalisierten Kontext eingesetzt werden. Informelles Lernen und Selbstlernen sind daher zwar nicht deckungsgleich, aber sie sind auf eine wechselseitige Annäherung hin angelegt.
Empirische Befunde:
Wie sehen hierzu die Ergebnisse des Berichts der European Union’s Continuing Vocational Training Survey (CVTS), die das 4. Mal in 213 veröffentlicht wurden. Online verfügbar (s.u. link). Anbei die Tabelle zu “Provision of other specified forms of Continuing Vocational Training in 2010, by organisation size and broad industry sector (all organisations)” – also im weiteren Sinne die Elemente im Portfolio, die der “Learner-driven Ära” zugesprochen werden können:
Die Differenzen zwischen Branchen und Unternehmensgrösse werden dabei deutlich: Mit steigender Grösse nimmt das „Learner Driven“ zu, im Durchschnitt ist es im Service Bereich doppelt so hoch als in der Produktion. Das Guided on-the-job Training hingegen ist mit 64% bzw. 61% bei beiden Bereichen gleichermassen stark ausgeprägt. Die Trendentwicklung zu „Learner driven“ im Sinne von selbstgesteuertem Lernen wird somit etwas bestätigt, wenn auch das „Guided on the job-training“ zum derzeitigen Stand einen deutlich höheren Stellenwert einnimmt – aber letztendlich kommt es auch hier auf das konkrete Verständnis von “Learner-driven” an, inwieweit guided on the job-training nicht auch sehr stark vom Mitarbeitenden selbst ausgehen kann – denn Lernen muss man letztendlich immer selbst 😉
Quellen:
Continuing Vocational Training Survey (CVTS4), Feb. 2013 https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/81645/bis-13-587-continual-vocational-training-survey-cvts4.pdf
Zürcher, R. (2007). Informelles Lernen und der Erwerb von Kompetenzen. Theoretische, didaktische und politische Aspekte. Wien: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung.
Führungskräfte als Personal- und Kompetenzentwickler
Die Frage nach der Rolle von Führungskräften beim Lernen und in der Kompetenzentwicklung beschäftigt seit langer Zeit die Community der Learning Professionals. Aktuell scheint es auch auf der ASTD-Tagung 2013 ein heisses Thema gewesen zu sein: „Learning, Leading, Listening, Coaching: Damit zeichnet sich die Führungskraft von morgen aus, die mehr als nachdenklicher Supporter auftritt denn als Held. Das war eine zentrale Botschaft der ASTD-Jahrestagung in Dallas.“
Prof. Karl-Heinz Schwuchow berichtet in der Juli-Ausgabe von managerSeminare über die Highlights dieser bekannten Konferenz und erwähnt in diesem Zusammenhang eine Studie von Talent Savvy, die Aussagen über die Funktion der Führungskraft als Personalentwickler trifft:
„Die Beratungsfirma untersuchte herausragende Manager bei führenden Unternehmen wie Nike, Microsoft und IBM und ermittelte:
- Herausragende Manager nutzen die tägliche Arbeitserfahrung als Entwicklungsbasis.
- Sie sind sich der Psychologie des Lernens bewusst.
- Sie vernetzen Mitarbeiter mit Entwicklungspartnern.
- Sie vermitteln Fähigkeiten im Umgang mit unternehmenspolitischen Entscheidungen.
- Sie beeinflussen das Unternehmensumfeld zur Lernförderung.“
Bei scil beschäftigen wir uns unter dem Stichwort „lernförderliche Führungsarbeit“ mit der Frage der Rolle von Führungskräften im Lernen und haben letztes Jahr einen konzeptionellen Bezugsrahmen entwickelt, nachdem Führungskräften vier zentrale Handlungsbereiche zur Verfügung stehen. Viele der Gedanken aus der oben zitierten Studie finden sich in diesem Framework wieder:
- Rahmengestaltung: Dieser Handlungsbereich betont die Notwendigkeit von lernförderlichen Rahmenbedingungen, die Führungskräfte mitgestalten sollten. Oftmals ist in der Praxis unklar, inwiefern die Rahmengestaltung Aufgabe von Bildungsverantwortlichen in Organisationen oder bzw. und von Führungskräften sein sollte. Es ist davon auszugehen, dass eine enge Zusammenarbeit notwendig ist, um ein transferorientiertes Lernen im Unternehmen zu ermöglichen.
- Interaktionsgestaltung: Dieser Handlungsbereich fokussiert die Art und Weise, wie Führungskräfte Interaktionen in der täglichen Führungsarbeit möglichst lernorientiert gestalten können. Hierzu sind bei den Führungskräften entsprechende Kompetenzen, d. h. Einstellungen, Wissen und Fertigkeiten erforderlich, um Interaktionen mit Mitarbeitenden und in Teams als Lernsituationen zu nutzen.
- Arbeitsintegriertes Lernen: Dieser Bereich zielt darauf ab, Lernen nicht nur in gesetzten Seminarsituationen zu verstehen, sondern möglichst eng mit dem Prozess des täglichen Arbeitens zu verknüpfen („Working is Learning – Learning is Working“). Im Fokus steht die Frage, inwiefern Führungskräfte zum einen eher formale Lernumgebungen (mit-)gestalten können. Diese Rolle kann recht strukturiert definiert und beschrieben werden. Zum anderen ist die Frage von Interesse, wie eher informelle Lernumgebungen von Führungskräften ermöglicht und unterstutzt werden können.
- Lernorientierte Führung: Diese Perspektive im Bezugsrahmen setzt stärker am Subjekt – der Führungskraft – an. Die Denkrichtung ist daher genau umgekehrt zum arbeitsintegrierten Lernen: Ausgangspunkt ist nicht zunächst das Lernen und wie dieses systematischer in Arbeitsprozesse integriert werden kann, sondern Ausgangspunkt ist die Reflexion über die eigene Führungspraxis im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die bestehende Lernkultur. Je nach Führungsstil, kontrollierend, konsultativ, transaktional oder transformational, hat dies andere Konsequenzen für die Lernförderung der Mitarbeitenden.
Weiterführende Informationen zu diesem Bezugsrahmen und den theoretischen Hintergründen zum Thema finden Sie hier:
Neben konzeptionellen Überlegungen zur Ausgestaltung einer lernförderlichen Führungsrolle, interessiert uns v.a. im Kontext unserer Weiterbildungsprogramme für Learning Professionals immer auch die Frage nach der praktischen Umsetzung und „Good-Practice-Beispielen“. Die folgende Abbildung zeigt daher Beispiele zur Ausgestaltung der Handlungsbereiche auf (Workshop mit 25 Learning Professionals):
Wir bleiben weiter an dem spannenden Thema dran und versuchen auch zukünftig gemeinsam mit Learning Professionals aus der Praxis die Rolle von Führungskräften als Personal- und Kompetenzentwickler weiter zu schärfen.
Giving Voice to Values – ein interessanter Ansatz zur Förderung von Verantwortung und Werteorientierung in der Führungskräfteentwicklung
Das Missmanagement wichtiger Entscheidungsträger im Rahmen der Banken und Finanzkrise – vielfach zurückzuführen auf mangelnden Weitblick, fehlendes Nachhaltigkeitsdenken und kurzsichtiges Handeln verantwortlicher Führungskräfte. Eine bekannte Diskussion, deren Vorwürfe in der Konsequenz in kritischen Fragen bezüglich der Qualität von Managementaus- und -weiterbildung mündeten. Es stellt sich die berechtigte Frage, inwieweit angehende und erfahrene Führungskräfte im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung die notwendigen Kompetenzen erlangen, die in einer Welt, die durch rasante Globalisierung, zunehmenden Konkurrenz- und Innovationsdruck, ständigen Wandel, neue Technologien, wachsenden Egoismus und dem Streben nach Erfolg, Geld und Macht notwendig sind? Puhh, eine gute Frage. Aber keine neue Frage. Auch in den letzten Jahrzehnten wurden in regelmässigen Abständen immelaute Diskussionen über die Herausforderungen der Management Education geführt, die dann jedoch meist wieder leiser wurden und schliesslich im Sand versickerten. Was nun tatsächlich neu ist, sind die immer intensiver werdenden und vor allem andauernden Debatten in Gesellschaft und Wissenschaft.
Ein tolles Zitat von Datar et al. (2010, S. 7) bringt es auf den Punkt: “Without ‘doing’ skills, knowledge is of little value. Without ‘being’ skills, it is often hard to act ethically or professionally“. Fehlen einem also Fähigkeiten im ‘Being’, dann wird es schwierig, den Anforderungen und komplexen Situationen gerecht zu werden, mit denen Führungskräfte in ihrem beruflichen Alltag konfrontiert sind. Erwartet wird Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Unternehmen, den Mitarbeitern, der Umwelt, der Gesellschaft…in Entscheidungen möglichst alle Ansprüche dieser verschiedenen Anspruchsgruppen unter einen Hut zu bringen…in Dilemmatasituationen die ‘richtigen’ Entscheidungen zu treffen und auch danach zu handeln…Integrität zu wahren, zu wissen, wer man ist und für was man steht. Und wie kann nun der Bereich des ‘Being’ in Bildungsmassnahmen gefördert werden?
Ein vielversprechender Ansatz ist das Konzept ‘Giving Voice to Values’ von Mary Gentile. Dieser Ansatz wurde am Aspen Institute mit der Yale School of Management entwickelt und nun am Babson College weitergeführt. Mittlerweile ist das Konzept in über 400 Organisationen pilotiert worden. Worum geht es? “Challenging the assumptions about business ethics at companies and business schools, Gentile argues that often the issue isn’t distinguishing what is right or wrong, but knowing how to act on your values despite opposing pressure. Drawing on actual business experiences as well as social science research, Gentile offers advice, practical exercises, and scripts for handling a wide range of ethical dilemmas (vgl. http://www.givingvoicetovaluesthebook.com/).” Es ist ein Pool an Unterrichtsmaterialien (Cases mit ehtischen Problemsituationen, Teaching Notes, Übungen, Self-Assessement-Tests, etc.) entstanden, die unter http://www.babson.edu/faculty/teaching-learning/gvv/Pages/home.aspx verfügbar sind. Es lohnt sich, sowohl Gentiles Buch also auch die Materialien anzusehen. Inspirierend, praxisnah & innovativ – so mein Statement zu dem Ansatz ‘Werten eine Stimme geben’. Zum Abschluss noch ein paar andere… (siehe http://www.givingvoicetovaluesthebook.com/):
“Giving Voice to Values heralds a revolution in ethics education. Gentile isn”t interested in abstract (and often fruitless) debates about ethical principles — rather, she wants to help you practice what to do when you know something is unethical. It’s like a self-defense class for your soul.”
—Dan and Chip Heath, authors of Switch and Made to Stick
“In business and in life, we often know what is the right thing to do, but we have trouble implementing it. This book shows how we can all make the right things happen. It is a wonderful guide to help us enter an era of responsibility and of leadership based on values.”
—Walter Isaacson, CEO of the Aspen Institute
Giving Voice To Values promises to be a major step forward in enabling people to deal effectively with the inevitable challenges to their integrity and ethical values – challenges they will face in both their working and personal lives.”
—Michael C. Jensen, Jesse Isidor Straus Professor of Business Emeritus, Harvard Business School
The workplace learning revolution (Jane Hart)
An Beiträgen zu Veränderungen im Bereich der Weiterbildung in Unternehmen, die das Wort “Revolution” im Titel führen, mangelt es zur Zeit nicht. Ich hatte ja letzte Woche in einem anderen Post zentrale Aussagen aus dem Manifest von Conner et al. zu “Learning Nouveau” zusammengefasst.
Auch Jane Hart (u.a. bekannt für ihre Umfragen zu den “100 Top tools for learning“) hat im Mai auf Slideshare ein Mini e-Book mit dem Titel “The Workplace Learning Revolution” veröffentlicht. Dort führt sie Dinge zusammen, die sie zuvor schon an verschiedenen anderen Stellen geschrieben und vorgestellt hat. Ich habe das Mini-Buch jetzt einmal durchgelesen und mir einige Notizen dazu gemacht:
Das Buch selbst gliedert sich in drei Teile:
- How the way we learn at work is changing
- New thinking, new doing
- Enabling and supporting new ways of learning
1. How the way we learn at work is changing
Ausgangspunkt für Jane Hart im ersten Teil ist die Feststellung, dass das etablierte Modell von “Training” bzw. “Weiterbildung”, (1. Probleme / Bildungsbedarf identifizieren, 2. Trainings / Kurse entwickeln, 3. Trainings / Kurse ausrollen und 4. Trainingserfolg bestimmen) ineffizient ist. Ineffizient, weil a) “Probleme” vorschnell als in einem Mangel an Wissen / Handlungskompetenzen begründet gesehen werden und b) zu oft auf blosses Memorieren gesetzt wird.
Sie zeigt Trends im Hinblick auf Lernen auf (z.B. dass Lernen und Arbeiten immer mehr verschmelzen, dass social media Werkzeuge immer wichtiger für das Lernen und Leisten werden und dass die Mitarbeitenden in Unternehmen zunehmend an der Personalentwicklung vorbei ihre Lern- und Leistungsprobleme selbstorganisiert lösen (vgl. nachfolgende Abbildung, die auf eine Übersicht von Jane Hart zu “Tools for smarter working and learning” zurückgreift).
Jane Hart zeigt dann auf der Grundlage einer eigenen Befragung (600 Teilnehmende) von April 2013 auf, wie ‘smart workers’ (Wissensarbeiter) heute schon lernen und wie sie lernen möchten. Die aus Sicht der Antwortenden wichtigsten Formen des Lernens sind:
- Lernen durch kollaboratives Arbeiten im Team
- Lernen durch Suchen im WWW (Google)
- Lernen durch informelle Gespräche mit anderen
- Lernen durch Beteiligung an Berufsnetzwerken und Praktier-Gemeinschaften
- Lernen durch Weblogs und aggregierte Nachrichten von ausserhalb des Unternehmens.
Hart stellt heraus, dass Mitarbeitende gerne kontinuierlich und im Prozess der Arbeit lernen und dabei unmittelbar auf Herausforderungen reagieren und gleichzeitig autonom agieren möchten. Und sie zeigt auf, bei welchen Bereichen eines möglichen Angebotsportfolios von (internen) Dienstleistern für Personalentwicklung ein gutes oder kein gutes Passungsverhältnis zu diesen Präferenzen besteht:
2. New thinking, new doing
Im zweiten Teil ihres Buches leitet Jane Hart 10 Leitlinien für die künftige Arbeit der betrieblichen Personalentwicklung ab:
- Mitarbeitende lernen nicht nur durch “training” (formale Programme), sondern auf viele verschiedene Weisen
- Neben soliden Einführungen in etablierte Funktionen und Wissensbereiche (durch formal organisierte Trainingsangebote) braucht es auch Fertigkeiten für das Bewältigen des täglichen Informations(über)flusses.
- PE-Bereiche müssen sich mehr auf leistungsunterstützende Angebote (performance support) konzentrieren.
- PE-Bereiche müssen stärker als “business partner” agieren.
- An Stelle von “Zusammenstellen und Ausrollen” von Trainings wird für PE-Bereiche künftig das “Bereitstellen von Gerüsten und Gestalten von Rahmenbedingungen für Lernen” wichtiger.
- PE-Bereiche müssen ihr Augenmerk von “Lernen” auf “Leistung” verlagern.
- Neue Schlüsselkompetenzen im Bereich (kollaboratives) Lernen und persönliches Wissensmanagement müssen breitflächig entwickelt werden.
- Neue, spezialisierte PE-Rollen (z.B. Performance Consultant, Gestalter von Arbeitshilfen, vgl. die Abbildung unten) müssen entwickelt werden.
- PE-Bereiche müssen an Stelle von Lerntechnologien (z.B. Autorenwerkzeuge und Lern-Management-Systeme) “Arbeitstechnologien (“working technologies” – z.B. social media Werkzeuge und Werkzeuge für persönliches Wissensmanagement) stärker in den Blick nehmen.
- PE-Bereiche müssen sich neu ausrichten und auf 3 Bereiche konzentrieren:
1) Trainingsangebote, die verpflichtend sind (“compliance training”; Rechtsabteilungen als zentrale Anspruchsgruppe);
2) Angebote zur Bewältigung von spezifischen Leistungsproblemen (Manager als zentrale Anspruchsgruppe);
3) Angebote zur Unterstützung der kontinuierlichen beruflichen Weiterentwicklung (Vorgesetzte / Führungskräfte als zentrale Anspruchsgruppe).
3. Enabling and supporting new ways of learning
In diesem Teil behandelt Jane Hart die oben bereits angedeuteten Leistungsbereiche für Personalentwickler:
- Performance Support
- Zusammenarbeit in Teams und Gruppen
- Kontinuierliche professionelle Weiterentwicklung
- (New) Training / E-Learning
1. Performance Support
In diesem Bereich geht es vor allem darum, den Mitarbeitenden kurze und einfach zu handhabende Arbeitshilfen zur Verfügung zu stellen, die dabei helfen, definierte Aufgaben zu erfüllen. Dies können beispielsweise Checklisten oder Kurzanleitungen sein. Wichtig ist dabei auch, dass diese Arbeitshilfen über mobile Endgeräte (z.B. Smartphones) jederzeit und überall zugänglich sind.
Damit ist aber nicht gesagt, dass die Personalentwicklung selbst alle diese Arbeitshilfen erstellen muss. Ein gangbarer Weg besteht auch darin, Mitarbeitende in die Lage zu versetzen, dass sie selbst solche Arbeitshilfen erstellen (oder auch finden) und für andere verfügbar machen können (vgl. die entsprechenden Felder in der tabellarischen Übersicht unten).
2. Zusammenarbeit in Teams und Communities
In diesem Bereich geht es für Personalentwickler darum
- zu verstehen, wie in Teams und Gruppen / Communities bisher zusammengearbeitet wird,
- zu klären, wie auf diesen bereits etablierten Praktiken aufgebaut werden kann,
- zu klären, ob und welche technischen Werkzeuge (“networking & collaboration technologies”) dazu beitragen können, Austausch und Zusammenarbeit bessesr zu unterstützen,
- dazu beizutragen, dass Wissensaustausch und Zusammenarbeit Teil der täglichen Arbeit werden und schliesslich
- Indikatoren zu entwickeln, anhand derer überprüft werden kann, ob die Zusammenarbeit in Teams und Communities sich auch auf die Leistungsfähigkeit der Organisation auswirkt.
Jane Hart macht auch darauf aufmerksam, dass damit ein Bedarf entsteht, Lern- und Praxisgemeinschaften innerhalb des Unternehmens insgesamt zu managen und zu professionalisieren (“Enterprise Community Management“). Sie sieht hier unter anderem folgende Aufgaben:
- eine Strategie für das unternehmensweite Community-Management zu entwickeln (Zielsetzungen, Wege zu den Zielen, etc.),
- neu eintretende Mitarbeitende mit den Angeboten, Aktivitäten und Werkzeugen vertraut zu machen,
- die erforderlichen persönlichen, sozialen und technischen Kompetenzen für diese Form der Zusammenarbeit in der Organisation zu entwickeln,
- dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen technischen Plattformen und medialen Ressourcen verfügbar sind,
- Austausch und Zusammenarbeit in Communities insgesamt zu fördern und
- den Beitrag zum Geschäftserfolg, der aus diesen Aktivitäten resultiert, aufzuzeigen.
3. Kontinuierliche Professionelle Weiterentwicklung
Die persönliche, kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung von Mitarbeitenden kann sowohl über formale Trainingsprogramme erfolgen (z.B. im Rahmen von Kursen, die von Berufsverbänden angeboten werden oder über die Beteiligung an MOOCs) als auch über informelle, selbstgesteuerte Lernaktivitäten (z.B. Lektüre von Fachjournalen – online oder offline, Beteiligung an Netzwerken und Expertengemeinschaften oder informelle Gespräche mit Arbeitskollegen, Kunden oder Freunden). Die Personalentwicklung kann diese Aktivitäten fördern und unterstützen, beispielsweise indem gemeinsam mit den Mitarbeitenden 1) mögliche Karrierewege und 2) persönliche Entwicklungspläne besprochen werden sowie 3) gemeinsam darüber gesprochen wird, wie Lernaktivitäten und Entwicklungsschritte dokumentiert und mit anderen geteilt und reflektiert werden können (hier könnte etwa mit professionellen Entwicklungsportfolios gearbeitet werden).
4. New Training / E-Learning
Jane Hart verweist darauf dass, wenn ein Trainingsangebot erforderlich ist, Alternativen zu Standardtrainings und wenig interaktiven WBT möglich sind. Beispiele sind:
- Microlearning-Angebote
- Coaching & Mentoring-Angebote
- Lerngemeinschaften
- Lernpartnerschaften / Tandems (“peer learning”)
- Lunch & Learn
Darüber hinaus entwickelt sie einen Vorschlag für “organisiertes” informelles und soziales Lernen (“Online Social Workshop”). Hierzu führt sie fünf Gestaltungsprinzipien an:
- ein Gerüst für Lernaktivitäten und Lernerfahrungen erstellen;
- so viel Autonomie wie möglich erlauben;
- sozialen Austausch zwischen den Beteiligten ermöglichen;
- Lerninhalte zur Unterstützung der Lernaktivitäten anbieten;
- erwünschte Auswirkungen auf Leistungsprozesse und Leistungstreiber immer im Auge behalten.
Übersicht: erweitertes Angebotsportfolio und neue Rollen im Bereich PE
Jane Hart verwendet in ihrem Mini-Book viele Schaubilder, um ihre Ideen zu verdeutlichen. Die nachfolgende Abbildung ist von diesen abgeleitet (auch weil ich nicht aus allen Aspekten ihrer Schaubilder schlau wurde und eine für mich passende Zusammenschau erstellen wollte) und führt zentrale Aussagen des Buches zusammen. Die Abbildung
- zeigt ein mögliches Angebotsportfolio für die Personalentwicklung mit vier zentralen Bereichen, nämlich
– “Neues Training” / E-Learning,
– Performance Support,
– Unterstützung der Zusammenarbeit in Teams & Communities
– Unterstützung bei kontinuierlicher professioneller Weiterentwicklung. - differenziert Modalitäten der Arbeit der Personalentwicklung, nämlich
– Zusammenstellen und Ausrollen von Trainingsangeboten und
– das Schaffen von Rahmenbedingungen / das Bereitstellen von Gerüsten für erfolgreiches Lernen. - benennt ausgewählte Angebotsformen in den verschiedenen Feldern dieser Matrix.
- stellt heraus, dass die Entwicklung neuer (Schlüssel-)Kompetenzen eine wichtige Anforderung ist
(Jane Hart benennt hier u.a.
– Fähigkeit für effektives persönliches Wissensmanagement,
– Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Teams,
– Fähigkeit zur Unterstützung / Förderung der Zusammenarbeit anderer in Teams & Communities). - zeigt auf, welche neuen Rollen Jane Hart als erforderlich erachtet:
– Lernprozess-Gestalter,
– Performance Consultants,
– Gestalter von Arbeitshilfen,
– Experten für Zusammenarbeit und das Management von Communities,
– Entwicklungsberater und
– Community Manager auf der Ebene des Gesamtunternehmens.
Soweit die Argumentationsstruktur in dem Mini e-Book von Jane Hart. Vieles davon ist für mich plausibel. Aber manches auch nicht. So zeichnet Jane Hart aus meiner Sicht zu Beginn ein sehr negatives Bild der Arbeit in Personalentwicklungsbereichen und sie blendet die seit zehn Jahren geführte Diskussion um die Rolle von L&D als “business partner” aus. Und auch ihre Argumentationsstruktur erschliesst sich nicht gleich. Aber mir gefällt ihr Vorschlag zur Systematisierung der Arbeitsbereiche für L&D / Personalentwicklung (den ich hier für mich ein bisschen angepasst habe). Und ich finde auch ihren abschliessenden Vorschlag zu Gestaltungsprinzipien für “organisiertes informelles und soziales Lernen” interessant (auch wenn ich die vorgeschlagene Bezeichnung – “Online Social Workshop” – noch nicht glücklich finde).