Im Anschluss an den scil Kongress, über den wir bereits berichtet haben, fand der Post-Conference Workshop zum Thema “Innovation Spaces for Learning Professionals” statt. Bei traumhaften Wetter kamen interessierte Experten zusammen um gemeinsam der Frage der Professionalisierung des Bildungsmanagements nachzugehen. Zunächst berichtete Dr. Diana Seibold von ihren Erfahrungen im Rahmen der Tätigkeit bei der Allianz SE. Danach wurde das Thema an verschiedenen Stationen aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert und weiterentwickelt:
Fokus Rolle des Bildungsmanagements: Welche verschiedenen Rollen nehmen Bildungsmanager ein? Wo stehen sie derzeit bezüglich der Frage der Professionalisierung? Ausgangspunkt für die Diskussionen waren die Ergebnisse der Trendstudie N°4. Dort wurde deutlich, dass das Bildungsmanagement heute eine Vielzahl unterschiedlicher Rollen einnehmen muss: Service-/Dienstleister, Change Agent, Business-Partner und Impuls-/Ideengeber. Diese Vielfalt in den Anforderungen wurde von den Experten bestätigt – sie wurde sogar noch um weitere Rollen ergänzt. So wurden u.a. die der Führungskraft, des Trainers, des Weiterbildners (Train-the-Trainer) und des Lernprozessberaters aufgenommen. Einigkeit bestand darin, dass zukünftig die derzeit noch stark vertretene Rolle des Dienstleisters zu Gunsten der anderen Rollen abnehmen wird.
Fokus Professionelles Portfolio: Welche Trends sind zu identifizieren? Was sollte ins Portfolio aufgenommen werden? Zwei Themen stehen klar im Fokus: zum einen Learning Leadership, d.h. die lernförderliche Rolle von Führungskräften stärken. Führungskräfte werden als Personalentwickler angesehen und es wird auch darauf hingewiesen, dass das Top-Management in diesem Sinne als „Personalentwickler“ agieren sollte. Zum anderen die aktive Gestaltung der Lernkultur als integrierter Bestandteil der Unternehmenskultur. Daneben sollten folgende Themen in ein professionelles Portfolio aufgenommen werden: die Integration von neuen Technologien und informellem Lernen in ein stimmiges Gesamtkonzept (Lernlandschaft), Integration und Förderung von informellem Lernen als wichtige Lernform, Projektmanagement und Train-the-Trainer bzgl. neuer Lernformen/-technologien sowie Ausbildung von Fachtrainern. Daneben wurden die Themen der Keynotes des Kongresses diskutiert (siehe eigener Blog-Beitrag) und als hoch bedeutsam für ein professionelles Bildungsmanagement angesehen.
Fokus Expertenrunde: Es bestand die Möglichkeit, in informeller Runde das Gespräch mit Dr. Diana Seibold weiterzuführen. Dabei wurde deutlich, dass die Frage der Sichtbarkeit der Bildungsmanagementaktivitäten viele der anwesenden Experten beschäftigt. Damit verbunden sind die bereits angesprochenen Aspekte der Professionalisierung.
Fokus Wissenschaftsperspektive: Saskia Raatz diskutierte Aspekte ihrer Dissertation mit den Experten. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt: Inwieweit werden in der Management Aus- und Weiterbildung tatsächlich Kompetenzen gefördert, die Führungskräfte in einer immer komplexeren Welt benötigen? Sie zeigte erste Ergebnisse auf und machte deutlich, wie wichtig der Aspekt des „Being“ ist.
Fokus Vision: Wo soll es hingehen? Angeregt durch Impulse aus der Trendstudie lehnten sich die Experten zurück und begaben sich gedanklich ins Jahr 2023. Wie sieht das Bildungsmanagement dann aus? Es wurden sehr persönliche Visionen formuliert. Eine Gemeinsamkeit wurde dabei deutlich: Bildung wird Thema der Top-Managements, das dieses als integralen Bestandteil aufnimmt.
Fokus Handlung: Was braucht es zur Weiterentwicklung der Professionalisierung? Zu dieser Frage wurde im Workshop ein Netz der Ideen/Impulse gesponnen. Wichtige Elemente die dabei deutlich wurden, waren unter anderen strategische Aspekte wie Allianzpartner, extrem gute Kommunikation, politisch ungefärbt, weniger Silo, daneben organisatorische Bedingungen wie Budget, Ressourcen, Standards und bessere Ausbildung von Bildungsmanagern. Weiter kamen vielfältige Herausforderungen im Bereich Kultur auf: produktive Energie bei Allen, Freiraum, Menschen mehr zutrauen, Achtsamkeit, Comittment. Letztlich wurden auch Aspekte wie praxisrelevante Forschung und ein verändertes Menschenbild angesprochen.
Zum Abschluss des Workshops wurde deutlich, dass die Professionalisierung des Bildungsmanagements ein wichtiges Thema ist, welches die Experten bewegt. Es konnte aufgezeigt werden, dass neben dem Knowing das Doing und vor allem auch das Being wesentlich sind, um auf diesem Weg erfolgreich voranschreiten zu können. Wir werden das Thema auf jeden Fall weiterverfolgen. Ein herzliches Dankschön auf diesem Weg an alle Beteiligten!
Archives for Juni 2013
Learning Nouveau – Revolutionize corporate learning
Mit dem Titel ihres gemeinsamen Arbeitspapiers “Learning Nouveau – Revolutionize corporate learning: beyond formal, informal, mobile, social dichotomies” (Mai 2013) spielen Marcia Conner, Dan Pontrefact und Kerry Brown auf radikale Brüche in der Kunst Anfang des 20. Jahrhunderts an und sie plädieren für eine “Neuerfinding” von corporate learning am Anfang des 21 Jahrhunderts. Sie sehen die Coca-Cola Freestyle Getränkemaschine, die den Benutzern eine fast unüberschaubare Anzahl von Getränkevariationen ermöglicht, als Positivbeispiel für Kundenorientierung, an dem sich auch die Bildungsbereiche in Organisationen orientieren sollten.
Education represents a more complicated process than soda making, however, it is also an inefficient business in need of creativity, choice, collaboration, and courage.”
Ausgangspunkte für Conner, Pontrefact und Brown sind zum einen die Überzeugung, dass Mitarbeitenden Informationssuche und Lernaktivitäten aufgrund ihrer aktuellen Bedarfssituationen selbst steuern können und wollen und dass sie nicht von einer betrieblichen Bildungsbürokratie versorgt werden wollen: “People learn best within the context of their needs.” Zum anderen verstehen sie Lernen als etwas, das vor allem im Austausch mit anderen und im Rahmen von vertrauenswürdigen Netzwerken geschieht – Menschen haben ein natürliches Bedürfnis, Dinge zu teilen.
So gelangen sie zu 3 Elementen, die zusammen einen “Bogen” bilden:
- Access (Zugang zu / Zugriff auf Informationen)
- Recommend (Empfehlen)
- Curate (Kuratieren)
Access
- Wenn Mitarbeidende in einfacher Weise Zugriff auf Informationen haben, lernen sie auch dann, wenn sie sich gar nicht um Lernen bemühen. Für die Mitarbeitenden ist Lernen nicht das Ziel, sondern der Weg zum Erreichen ihrer Ziele.
- Die Bildungsbereiche sollten sich daher vor allem darum bemühen, Zugang zu Informationen möglich zu machen und Barrieren abzubauen.
Recommend
- Wenn Bildungsbereiche sich darauf konzentrieren, Optionen anzubieten, Lernmöglichkeiten zu empfehlen und Mitarbeitende bei der Entwicklung individueller Strategien zur Zielerreichung zu unterstützen, dann können sie zur Zufriedenheit und zum Engagement der Mitarbeitenden und zum Geschäftserfolg beitragen.
- Solche Empfehlungsservices können auf der Grundlage von Social Media und Business Intelligence Werkzeugen realisiert werden – wie es Amazon.com beispielsweise mit seinen Empfehlungen und dem einfachen Klick auf Inhaltsverzeichnisse (“Look inside”) vorgemacht hat.
Curate
- Angesichts der Informationsflut besteht eine wichtige Aufgabe für Personalentwickler darin, Informationen zu sichten und zu filtern und die relevantesten Inhalte in einer einfach zu verwertenden Weise an die Arbeitsplätze zu bringen.
Education leaders must be on a quest to curate knowledge blazing through the organizational networks and digital pipelines, positioning and marketing the most effective insights to employees in usable forms.”
Handlungsempfehlungen
Conner, Pontrefact und Brown schliessen ihr Manifest, indem sie einige Empfehlungen für Personalentwickler aussprechen:
- Kompetenz im Bereich der neuen Medien aufbauen (“collaboration & community-building technologies”).
- Gute Beziehungen zu CIO, CFO und CHRO aufbauen und diese in den ARC-Prozess einbinden.
- Das Leistungs- und Angebotsportfolio von Personalentwicklungsbereichen radikal umbauen.
- Lernen und Teilen von Wissen tief in der Unternehmenskultur verankern.
Innovatives Lernen – aus der Sicht von Schülern…
Wie sieht eigentlich die Zukunft des Lernens aus Sicht heutiger Schüler aus, die bald ihr Studium antreten oder gleich in die Berufswelt einsteigen? Generation Z werden sie von Prof. Scholz, Universität Saarbrücken genannt (über die Sinnhaftigkeit und Stereotypenbildung des Generationenansatzes haben wir viel am Kongress diskutiert).
Drei Schülerinnen am Gymnasium, 16 Jahre alt, haben für den congress folgendes Video erstellt – die Kernbotschaft ist recht klar:
http://www.youtube.com/watch?v=E_vNNgTcgNg&feature=youtu.be
“Schüler lernen am besten, wenn sie Spass haben”
Ist es die Spass- / Funkultur, welche die Schüler heutzutage so stark prägt?
Beim genaueren Betrachten – die Cuts sind schnell, man muss das Video zweimal sehen 😉 – ist es tiefgründiger.
Herrlich die Starwars-Szene: “Luke, ich bin dein Lehrer” – “NO” -> auch in Zukunft bleibt die Lehrperson der “natürliche Feind”. Die Lehrperson kann sich einfallen lassen, was sie will – es ist Teil des “Spiels”, zu jammern (wie langweilig, “hat meine Oma schon gelesen”…)
Die Methoden/ Medien sind vielfältig: Simulationen (Google Glasses vermutlich), Animationen, Filme, aber auch Bücher existieren für sie künftig immer noch in ihrer Welt.
“Fachübergreifend” soll der Unterricht sein (ein Fachterminus, den sie anscheinend bereits aus ihrem Schullalltag kennen), auch wie wichtig es ist, selbst aktiv zu lernen, dass es auch notwendig ist, vom Lehrer einen Schubs zu bekommen, um eigene Erfahrungen zu machen, zu erkennen, was der Unterrichtsstoff mit seinem eigenen Lebensalltag zu tun hat…
Aber egal, was und wie Unterricht gestaltet wird – Hauptsache, Schüler haben Spass – auch wenn man in den einzelnen Szenen des Unterrichts, den nicht immer gleich erkennen kann – die Freude am Lernen ist eben doch tiefgründiger und wir sehen sie auch nicht immer sofort…
Zentral ist die Frage jedenfalls schon: Wie können wir die (intrinsische) Motivation der Lernenden wecken? Und nicht zu verwechseln mit oberflächlichem Spass (und oberflächlichem Lernen).
Noch als Randbemerkung:
ich wollte den drei Mädchen eine Freude machen, fragte im häuslichen Umfeld nach, ob ein Geschenkgutschein von H&M gut ankäme. Nein, lautete die Antwort, die Mädchen boykottieren H&M, da die Firma noch nicht genügend gegen Kinderarbeit in Indien unternähme (evtl. haben sie die ARD Reportage im Fernsehen gesehen, die Aktiv-gegen-Kinderarbeit Initiative auf Facebook mitgekriegt oder das Thema sogar bei einem engagierten Lehrer in der Schule behandelt – ggf. sogar die Mischung aus allem, wäre auch ein schönes Beispiel für die Verzahnung formellem und informellem Lernen, was letztendlich zu sozialverantwortlichem Handeln führt
Der 5. internationale scil-Kongress im Rückblick
Lost in Transition? Pathways to successful Learning in Organisations…
…dies war das Motto unseres 5. scil Kongresses. Letzten Donnerstag und Freitag kamen knapp 80 Learning Professionals im Weiterbildungszentrum der Universität St.Gallen zusammen, um gemeinsam mit uns verschiedene Trendthemen im betrieblichen Lernen zu diskutieren und um den 10. Geburtstag von scil zu feiern!
Nachdem sich schon andere zum Kongress geäussert haben (z.B. Andreas König) schauen auch wir in diesem Beitrag zurück auf unsere Veranstaltung…
Die Pre-Conference: “The future goes mobile?!”
Im Rahmen der Pre-Conference diskutierten die Vertreter von Unternehmen und Schulen//Hochschulen, wie mobiles Lernen gestaltet werden kann. Im Mittelpunkt standen u.a.:
- welche mobilen Lernszenarien sind realistisch und relevant?
- welche Rahmenbedingungen bzw. Voraussetzungen für mobile Lernprojekte müssen geschaffen werden?
- was wird sich durch mobiles Lernen nicht ändern?
Zentrale Arbeitsergebnisse des Workshops sind folgende:
- Mobiles Lernen ist ein facettenreicher Begriff, hinter dem sich verschiedene Lerneraktivitäten und technische Umsetzungsvarianten verbergen. Um mobiles Lernen greifbar zu machen, bedarf es einer engeren Definition. Da mobiles Lernen per se kein didaktisches Konzept beinhaltet Begriff ist, kann der Zugang nur über Aspekte wie Mikro-Lernen, erfahrungsbasiertes Lernen oder andere Konzepte erfolgen.
- Mobile Lernszenarien müssen in ein ganzheitliches didaktisches Konzept eingebunden sein und können nicht alleine stehen. Mobiles Lernen ist eine Ergänzung zu anderen Angeboten.
- Grundsätzliche Erkenntnisse der Pädagogik/Psychologie über Lernen und Informationsverarbeitung behalten auch für mobile Lernangebote ihre Gültigkeit und müssen entsprechend berücksichtigt werden.
Die Eröffnung: Lost in Transition?
Ausgehend von den Ergebnissen der scil-Trendstudie 2012/2013 hat Sabine Seufert die Frage nach der Orientierung für professionelle Bildungsarbeit im Kontext anhaltender Veränderung und somit auch das Kongressmotto aufgegriffen. How do we know to set the right priorities, if the permanent change is the goal? Where does the orientation come from when we learn more on the job, supported by supervisors, more informal and mobile, bottom-up and more self-regulated? Do we get lost if learning happens more decentral? Tanja Fandel-Meyer hat als eine mögliche Antwort darauf zentrale Handlungsfelder für „Pathways for successful learning in organisations“ eingeführt sowie die Kongressthemen entlang dieser Handlungsfelder dargestellt – als Navigator zur Orientierung für den Kongress.
Die Keynote-Vorträge
Im ersten Keynote-Vortrag stand das Thema „Lernen von- und miteinander: Intergenerational Learning“ im Fokus. Adrian Cojocaru, Chief HR-Officer von OC Oerlikon, brachte hier die Unternehmensperspektive ein. Er betonte die Bedeutung von „Vertrauen“ als Grundlage für den Umgang mit unterschiedlichen Perspektiven verschiedener Generationen. Und er warf die Frage auf, ob es überhaupt ein Generationen-spezifisches Learning Design braucht. Dieter Euler stellte anschliessend in seinem Beitrag zur Zukunft von Lernen an Hochschulen die Frage: „Bereiten wir an Universitäten Studierende gut genug für die Arbeitswelt vor?“ und betonte die Bedeutung von normativen Orientierungen („being“/“wozu?“). Er wies darauf hin, dass „High Tech nicht zwingend zu „High Teach“ führt und dass es wichtig ist, die intrinsische Lernmotivation der Studierenden zu stärken – beispielsweise über Problemorientierung, Rollenvorbilder und die Einbindung in Gemeinschaften. Philipp Riederle musste leider wegen einer mündlichen Abiturprüfung kurzfristig absagen, verfasste aber spontan ein Video-Statement für die Kongressteilnehmer in dem u.a. deutlich wurde, dass für die Generation Y/Z der Umgang mit sozialen Medien zum Alltag gehört und hier sowohl das Bildungswesen als auch die Arbeitswelt noch viele Potenziale ungenutzt lassen. In der Keynote von Heike Bruch zum Thema „Learning & Leadership“ wurde eindrücklich deutlich, wie wichtig organisationale Energie für erfolgreiche Führung und für Lernen ist. Führungskräfte sind gefordert zu schauen, welche Energie im Unternehmen vorhanden ist und als Rollenvorbilder eine positive Einstellung zum Lernen vorzuleben. Zudem warnte sie vor einer „Überhitzung“ durch zu viele Aufgaben/Herausforderungen, die auf eine gesunde Art und Weise nicht zu bewältigen sind. Im Beitrag von Susan McKenney wurde der Forschungsansatz „Educational Design Research“ vorgestellt, der zwei Ziele gleichzeitig verfolgt: 1. Ein Nutzen für praktische Probleme in Unternehmen zu generieren und 2. einen Impact zur wissenschaftlichen Theoriebildung zu leisten. Der Ansatz setzt auf eine enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis und beinhaltet verschiedene Feedbackschleifen zur Entwicklung einer praxisrelevanten Intervention. Die Beiträge von Richard Straub (EFMD) und Nick van Dam (Deloitte) schliesslich standen unter der Frage: „Future of Learning?“ Richard Straub stellte die Frage, wie L&D-Einheiten dazu beitragen können, dass Unternehmen in einer VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) erfolgreich agieren können. Er stellte dabei die Bedeutung der folgenden Kompetenzbereiche heraus: Die Fähigkeit zur Kommunikation und Zusammenarbeit aber auch die Fähigkeiten zur Kreativität. Nick van Dam stellte sein „Next Learning Framework“ vor und auch ein „Learning Strategy Framework“, das (1) die strategische Ausrichtung von L&D-Arbeit („business excellence“), (2) die Effektivität von L&D-Dienstleistungen („learning excellence“) und (3) die Effizienz von Dienstleistungen („operational excellence“) beinhaltet.
Workshop 1: Working is learning – learning is working
In diesem Workshop unter der Leitung von Ruud Kronenburg (Caterpillar University) und Tanja Fandel-Meyer (scil) stand die Frage im Fokus, welche Konsequenzen mit der Idee „Working is Learning“ verbunden sind. Die folgenden Aspekte wurden diskutiert und in Kleingruppen bearbeitet:
- Wie können Mitarbeitende darin unterstützt werden tägliche Arbeitssituationen als Lernsituationen wahrzunehmen? Ein Ansatz kann darin gesehen werden, ein konstruktives und direktes Feedback als Führungskräfte zu geben: „Every job is a developmental assignment all the time“ (Colvin)
- Wer sollte die Verantwortung für das Lernen übernehmen? Mitarbeitende, Führungskräfte, beide? Wenn ja, zu welchem Anteil?
- Wie können Trainer/Weiterbildungsanbieter die Verzahnung von Lernen und Arbeiten unterstützen? Hier wurden verschiedene Ideen gesammelt, z.B. Teilnehmer bringen Praxisbeispiele in das Seminar mit, als Transferaufgabe sollen sich Teilnehmer mit Führungskräften über das Gelernte austauschen, es werden reale Aufgabenstellung aus der Praxis mit den Inhalten der Weiterbildung verzahnt, Blended Coaching, etc.
- Wie können Führungskräfte die Idee von „Working is Learning“ unterstützen? Ansätze liegen in den Bereichen Gestaltung der Lernkultur (z.B. Project lesson learned Plattformen ), der Rahmenbedingungen (z.B. Lunch & Learn Sessions), täglicher Führungsarbeit (z.B. „Good Practice Thinking Days“ ), Entwicklungsprojekten (z.B. Strech Assignments)
Insgesamt wurde nicht in Frage gestellt, zukünftig noch stärker als bisher Lern- und Arbeitsprozesse zu verzahnen. Jedoch bringt diese Entwicklung auch eine veränderte Rolle von Learning Professionals und Führungskräften mit sich: Das Portfolio der Learning Professionals wird sich vermutlich zukünftig noch stärker durch „customized Angebote“, arbeitsplatznahe Lernformen und Einbezug relevanter Stakeholder (Führungskraft, Peers, etc.) auszeichnen. Für Führungskräfte steigt die Notwendigkeit, Kompetenzentwicklung als Teil ihrer Führungsaufgabe wahrzunehmen und auszuüben.
Workshop 2: Unternehmerische Ausrichtung von Lernen & Entwicklung: Praxisbeispiel RWE Development Center
Im Mittelpunkt dieses Workshops stand das Konzept „Learning Business Partner“. Christoph Meier (scil) führte in den Rahmen ein: das Gesamtkonzept „HR Value Proposition“ von Ulrich & Brockbank sowie die zentralen Aspekte 1) Positionierung, 2) Geschäftsmodell, 3) Organisationsmodell und 4) Evaluation / Wertbeitrag. Katrin Prinz, Mitglieder Leitungsgruppe des RWE Development Center, hat dann diese Punkte aufgegriffen und anhand des Fallbeispiels RWE Development Center sehr lebendig und anschaulich die Entwicklungen der letzten Jahre dargestellt.
Besonders spannend war zu erfahren, wie RWE seit 2009 zuvor dezentral in Geschäftseinheiten angesiedeltes L&D Personal in einem Service Center / Center of Expertise zusammengeführt hat und ein sehr redundantes Angebotsportfolio mit teilweise mehr als dreissig verschiedenen Anbietern im gleichen Themenbereich (z.B. beim Thema IT-Training oder Führungstraining) radikal reduziert und konsolidiert hat. Spannend war auch zu erfahren, welche Friktionen zwischen Produktentwicklung und Seminar-Administration /–Organisation bei der Ausgliederung der administrativen Einheiten in eine separate Service-Gesellschaft entstehen können. Und drittens war interessant zu erfahren, dass der Veränderungsprozess bei RWE weiterhin andauert und beispielsweise die Entwicklung vom systematischen Anbieter-Management hin zum Modell von „managed training solutions“ beinhaltet.
Workshop 3: Lost in Communities?
In diesem Workshop ging es um die Möglichkeiten, Lernprozesse durch online Lerngemeinschaften (online learning communities) zu ergänzen. Lars Satow von der SAP AG hat über die Erfahrungen aus dem Aufbau der SAP Education Community berichtet und über die – auf einer anderen Technologie basierenden und auf Lerngruppen bzw. kleinere Lerngemeinschaften ausgerichteten – Learning Rooms. Das Erreichen einer kritischen Masse an Teilnehmenden und verfügbaren Ressourcen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor; im Falle der Learning Rooms darüber hinaus auch das didaktische Design.
Claudia Nising von Bayer stellte das Projekt einer Bayer Global Training Community (ein nur über persönliche Einladung zugängliches Netzwerk) vor, das zur Weiterentwicklung des globalen, für Bayer verfügbaren Trainerpools beitragen soll.
Im Anschluss an die Präsentationen wurden an drei verschiedenen Arbeitsstationen Ideen zur Weiterentwicklung der vorgestellten Communities und Erfolgsfaktoren für online Lerngemeinschaften diskutiert
Workshop 4: Lost in Mobile Learning?
In diesem Workshop wurden zwei Praxisbeispiele von Andrea Kuhn-Senn, Geschäftsleiterin des Center for Young Professionals (CYP), und Max Gissler, Leiter neue Medien der Schweizerischen Post, zum Thema “Mobiles Lernen” in Co-Moderation vorgestellt. Die beiden Referenten berichteten offen von ihren Ausgangspunkten, zeigten Eindrücke von ihren Umsetzungsarbeiten und teilten ihre bisherigen Erfahrungen mit mobilen Lernangeboten. Ein besonderer Fokus lag auf dem didaktischen Gesamtkonzept. Die Diskussionen mit den Teilnehmenden verdeutlichten das hohe Interesse und den steigenden Bedarf an mobilen Lernangeboten in Schulen, Ausbildungsstätten und Unternehmen.
Workshop 5: Social Business Learning
In diesem Workshop ging es um die Potenziale von Sozialen Medien in Bildungsprozessen. Daniel Stoller-Schai (LerNetz AG) stellte die damit verbundenen Veränderungen heraus. Anhand eines compliance trainings zeigte er auf, wie im Rahmen eines aus fünf Schritten bestehenden Vorgehens (1) Communicate, 2) local acitivities, 3) personal acitivites, 4) competition / storytelling, 5) closure) soziale Medien zielführen in Trainingsprozessen eingesetzt werden können.
Katharina Stanoevska-Slabeva (Universität St.Gallen) betonte in ihrem Beitrag das Verschmelzen von Computer- und Informationskompetenzen auf der einen mit Medienkompetenzen auf der anderen Seite. Die neuen sozialen Medien erlauben Medienkonsum ebenso wie sie Teilhabe, Mitwirkung und Gestaltung ermöglichen. Daraus ergeben sich dann Möglichkeiten für die Integration von sozialen Medien in Schulen und Ausbildung allgemein.
Workshop 6: Practicable concepts in learning
In diesem Round Table Workshop standen drei Themen im Fokus die jeweils in rotierenden Kleingruppen bearbeitet worden:
- Lernprozessbegleitung: Einbindung von Führungskräften in die Kompetenzentwicklung:
Hier berichtete Christian Lüdi von PostFinance vom erfolgreichen Einsatz eines Werkzeugs zur Einbindung von Führungskräften. Der Lernprozessbegleitbogen sieht z.B. vor, dass Führungskräfte vor und nach einer Weiterbildungsmassnahme mit ihren Mitarbeitenden über Lernziele und Lernerlebnisse gemeinsam sprechen und reflektieren. Damit wird einerseits die lernförderliche Rolle der Führungskräfte in der Organisation gestärkt. Andererseits ist aber auch der zusätzliche Zeitaufwand für die Führungskräfte nicht zu unterschätzen.
- Multi-Blogs und Wiki als zentrale Wissens- und Diskussionsplattform:
Armando Schär berichtete, wie Wissensaustausch und Lernen bei Namics über Web 2.0 Tools unterstützt wird. Hierbei wurde eindrücklich deutlich, dass diese Art zu kommunizieren als Bestandteil der Lernkultur von allen Beteiligten akzeptiert und gelebt werden muss, um erfolgreich zu funktionieren. Es wurde auch deutlich, dass z.B. für geschäftskritische Themen verantwortliche Personen definiert werden müssen und nicht alles auf dem Prinzip der Selbstorganisation beruhen kann.
- e-Kompetenzportfolio – ein Praxisbeispiel zur Lernprozessbegleitung:
Hier stellte Sina Fäckeler (scil) das scil-Kompetenzportfolio vor, das im Rahmen der scil Weiterbildungsprogramme zum Einsatz kommt. Dieses, im Unternehmenskontext noch relativ unbekannte Instrument, bietet viele Potenziale zur Lernbegleitung. Ein Hauptpotenzial liegt sicherlich darin, dass Teilnehmende neben den Lernerfahrungen aus formalen Lernsituationen (z.B. Seminaren) auch informelle Lernprozesse reflektieren und dokumentieren können (z.B. kritische Situationen im Arbeitsalltag, Teambesprechungen,…).
Geburtstags- & Kongressdinner
Am Donnerstagabend fand dann in der stimmungsvollen Lokremise neben dem Bahnhof St.Gallen das „Geburtstags-Kongressdinner“ statt. Es war ein toller Abend und ein grosses Dankeschön an alle, die an der Planung, Organisation und Durchführung des Kongresses beteiligt waren. Auf ein baldiges Wiedersehen in St. Gallen!
Ihr scil-Team
Ergiebige Kongressformate?
IOTA Forum, Vienna
Das internationale Forum der IOTA in Wien hat unter dem Lead der Bundesfinanzakademie in Wien ein interessantes Format für eine interne Veranstaltung durchgeführt: Video Statements als Impuls, Open Space (Powerpoint Free!) und moderierte online Diskussion im Nachgang.
Mein Videostatement anbei – die Trendstudie nochmals „in English – in a nutshell“ sowie 4 Trends, die ich für die Organisation ausgewählt habe:
1) Mobile Learning
2) User Generated Content & Content Curation
3) Social Communities
4) Bringing competence models to life
insbes. der letzte Trend ist m.E. ein emergenter Trend (kein Hype, oder „technology-driven“ wie sonst üblich, daher nicht so präsent und visibel, aber umso bedeutender), setzt am Subjekt- und Erfahrungsbezug der individuellen Lernenden an und kann gleichzeitig die normative Orientierung im Unternehmen bieten
Ergiebiges Kongressformat? Die ersten Erfahrungen sind vielversprechend – es mobilisiert „Bottom-up-Prozesse“, integriert “Networking-Thinking”, um neues Wissen zu generieren -> Aber was bleibt wirklich hängen? Weitere Erfahrungen werden es im Nachgang zeigen…
Massive Open Online Courses (MOOCs): Entwicklungslinien, Typen, Zertifzierung, Geschäftsmodelle
Für eine Lehrveranstaltung habe ich in den letzten Tagen eine kurze Orientierung zu MOOCs – Massive Open Online Courses – zusammen gestellt. Vielleicht ist diese ja auch auf diesem Kanal von Interesse…
MOOCs – Massive Open Online Courses, sprich “Muhks” – sind eine der aktuell am meisten diskutierten Innovation im Bildungsbereich (zum Teil wird wieder einmal von einer “Revolution” gesprochen). MOOCs elektrisieren und polarisieren. In den USA unter anderem aufgrund des Kontrast von teuren Studiengängen an Elitehochschulen einerseits und kostenlosen, über das Internet verfügbaren MOOCs ebendieser Hochschulen andererseits. Zudem faszinieren die grossen Zahlen: mehr als 100’000 Studierende aus der ganzen Welt in einer einzigen Lehrveranstaltung! (hier der TED-Talk von Peter Norvig zu seinen Erfahrungen) Es wird aber auch, andererseits, eine veraltete, instruktivistische Didaktik in diesen MOOCs kritisiert (z.B. von Rolf Schulmeister – eine Entgegnung zu dieser Kritik findet sich u.a. bei Deimann / Klöpper, vgl. unten).
Entwicklungslinien
MOOCs können in eine Entwicklungslinie mit der Open Educational Resources-Bewegung (OER) gestellt werden, die mit dem MIT Open Courseware-Projekt (erste Überlegungen ab 1999, offizieller Start in 2003). Gelegentlich wird auch Salman Khan mit seiner seit 2006 operierenden Khan Academy in diese Reihe gestellt (hier sein TED-Talk von 2011).
Einen kurzen Abriss zur Entwicklung von MOOCs hat Paul Stacey Anfang Mai 2013 in seinem Weblog veröffentlicht. Er verweist auf die Ursprünge in Kanada, von wo aus unter anderem George Siemens (Athabasca University) in 2008 und 2009 seine offenen Kurse zu seiner als “Connectivism” bezeichneten Lerntheorie durchführte und in 2010 zusammen mit Cave Cormier, Stephen Downes und anderen den offenen Kurs “Personal Learning Networks and Knowledge 2010“. Stacey stellt heraus, dass gerade die frühen MOOCs im Hinblick auf ihr didaktisches Design innovativ waren, massen sie doch den selbstorganisierten Aktivitäten der Teilnehmenden und den Prinzipien aggregate [Sammeln]; remix [neu kombinieren]; repurpose [neu / anders verwenden]; feed forward [verfügbar machen) grosse Bedeutung bei:
“PLENK2010 is an unusual course. It does not consist of a body of content you are supposed to remember. Rather, the learning in the course results from the activities you undertake, and will be different for each person.
In addition, this course is not conducted in a single place or environment. It is distributed across the web. We will provide some facilities. But we expect your activities to take place all over the internet. We will ask you to visit other people’s web pages, and even to create some of your own.
This type of course is called a ‘connectivist’ course and is based on four major types of activity.
1. Aggregate (…) 2. Remix (…) 3. Repurpose (…) 4. Feed Forward” (vgl. PLENK 2010)
Die (anfangs etwas mehr als 800, am Ende mehr als 1’600) Teilnehmenden wurden ermuntert, eigene Blogs zu führen, social bookmarking services wie z.B. Delicious zu nutzen, sich an der online Diskussion zu beteiligen und selbst erstellte Blogbeiträge oder andere Notizen mit anderen wiederum zu teilen.
Für grosses Aufsehen sorgte dann im Herbst 2011 der von den Stanford Professoren Thrun und Norvig als MOOC angebotene Kurs “Introduction to artificial intelligence“, der zu Anmeldungen von mehr als 160’000 Teilnehmenden aus mehr als 190 Ländern führte. In der Folge dieses unerwarteten Erfolgs verliess Thrun die Stanford University und gründete auf der Grundlage von Risikokapital Udacity, das sich zur Aufgabe gemacht hat, qualitativ hochwertige Lehrveranstaltungen weltweit verfügbar zu machen. Im Dezember 2011 startete dann edX (zunächst als Initiative des MIT, dann mit Beteiligung der Universitäten Harvard, Berkeley und weiterer Partner) und im April 2012 das von den Stanford-Professoren Koller und Ng initiierte Coursera (mittlerweile mit 80 Universitäten weltweit als Partnern, 377 Kursen und mehr als 3,7 Millionen registrierten Benutzern – hier ihr TED-Talk, in dem Koller ihre Vision für Coursera erläutert).
cMOOcs und xMOOCs
Stacey (und auch andere Autoren, z.B. Deimann / Klöpper 2013) stellen den eher auf kollaboratives Lernen ausgerichteten und am Leitbild des Connectivism orientierten cMOOCs die auf einem hochgradig skalierbaren Kursdesign basierenden xMOOCs etwa von Udacity oder Coursera gegenüber, die einen instruktionalem Ansatz und einen grossem Anteil von Videovorlesungen aufweisen. Eine differenziertere Bild hat kürzlich Gráinne Conole (Universität Leicester) in ihrem Blog entworfen, indem sie verschiedene Kriterien (z.B. Grad der Offenheit, Anzahl der Teilnehmenden, Umfang der Nutzung von Multimedia, Umfang von kommunikativen und kollaborativen Aktivitäten im Lernprozess, Eingesetzte Verfahren der Qualitätssicherung, Vorgehen bei der Zertifizierung) auf die bekanntesten Beispiele anwendet. Qualitätsaspekte von MOOCs werden aktuell auch im Rahmen des MOOC Quality Project der European Foundation for Quality in E-Learning (EFQUEL) diskutiert.
Erfahrungen
Kürzlich wurde ein sehr interessanter Erfahrungsbericht der University of Edinburgh veröffentlicht, die schon seit vielen Jahren im Bereich der Fernlehre aktiv ist und bereits eine Reihe von vollständig online durchgeführten MSC-Programmen anbietet. Zielsetzung der Hochschule bei der Umsetzung von sechs in Kooperation mit Coursera angebotenen MOOCs war es, ein neues Format für Fernlehre zu erproben und neue Zielgruppen anzusprechen. Die vollständig neu entwickelten Kurse, zwischen fünf und sieben Wochen lang, wurden ab ab Januar 2013 durchgeführt: “Artificial Intelligence Planning“, “Astrobiology“, “Critical Thinking“, “E-Learning and Digital Cultures“, “Equine Nutrition” und “Introduction to Philosophy“.
Die Kurse wurden in verschiedenen Fakultäten mit je eigenen Projektteams entwickelt, wobei zum Teil schon bestehende Materialien integriert und die Projekte insgesamt zentral koordiniert wurden. Die Entwicklungskosten pro Kurs werden mit ca. 30 Personentagen (für Fakultätsmitglieder) pro 5-6 wöchigem MOOC angegeben.
Die didaktischen Designs der sechs Kurse unterscheiden sich deutlich. An der Durchführung waren – je nach Kurs – zwischen einer und sieben Lehrpersonen sowie zwischen zwei und vier Tutoren beteiligt. Videoaufzeichnungen als Lernmaterialien wurden in unterschiedlichem Umfang eingesetzt – zwischen ca. 100 Minuten (“Critical Thinking”) und ca. 700 Minuten (“AI Planning”). Darüber hinaus wurden zumeist “Quizzes” zur Überprüfung des Lernerfolgs und zum Teil Google Hangouts und Twitter zur Kommunikationsunterstützung eingesetzt.
Die Studierenden kamen vor aus insgesamt 203 Ländern, vor allem aus den USA (28%), aus Grossbritannien (11%) und aus Indien, Brasilien, Kanada, Spanien und Australien (jeweils zwischen 4.6 und 3.5%).
Der Kurs mit den meisten Anmeldungen war “Introduction to Philosophy” (98’128). Das Kursdesign umfasste eine wöchentliche Videovorlesung (im Mittel 34 Minuten lang) zu einem für sich allein stehenden Thema und durch einen jeweils anderen Dozierenden. Die Lehrpersonen waren auch im Diskussionsforum aktiv. Am Ende jeder Woche wurde ein kurzes “end-of-week reflection and response”-Video erstellt, in dem Beiträge aus dem Diskussionsforum aufgegriffen wurden. Ein Google Hangout wurde nicht eingesetzt. Lernerfolgskontrollen erfolgten primär über “Quizzes”. Optional konnten die Teilnehmenden einen “peer assessment essay” schreiben. Ein “Statement of Achievement” (SoA) wurde für diejenigen Teilnehmenden ausgestellt, die in jeder Woche mindestens 50% der Punkte erreicht hatten.
Von den etwa 98’000 für diesen Kurs angemeldeten Teilnehmenden waren etwa 50% aktive Teilnehmende (d.h. nur etwa die Hälfte der angemeldeten Teilnehmenden hat auf Lernmaterialien zugegriffen). Von diesen aktiven Teilnehmenden haben etwa 14% (ca. 7’200) im Durchschnitt 2.7 Mitteilungen im Diskussionsforum der Lernplattform eingestellt, die von etwa 3’500 Teilnehmende kommentiert wurden. Für 9’445 (18% der aktiven Lernenden) wurden am Ende dieses Kurses “Statements of Achievement” ausgestellt (dafür mussten über alle Arbeitsaufträge hinweg je nach Kurs zwischen 40% und 65% der möglichen Punkte erreicht werden).
Fragen zur Kursevaluation wurden von insgesamt 15’210 Teilnehmenden (ca. 5% aller etwa 300’000 angemeldeten Personen, ca. 9% aller aktiven Lernenden) beantwortet.
Die am häufigsten genannten Motive der Teilnehmenden – die zu einem überraschend grossen Teil schon Studiengängen auf Ebene “undergraduate” (etwa 30%) und postgraduate (etwa 40%) abgeschlossen hatten – zum Besuch dieser online Kurse der Universität Edinburgh waren
- “mehr über das Fach erfahren” (96%),
- “online Lernen ausprobieren” (78%),
- “MOOCs kennen lernen” (72%),
- “Kursinhalte durchsehen” (69%),
- “ein Zertifikat erhalten” (62%),
- “meine Karrierechance verbessern” (49%) und
- “Teil einer online-Community werden und andere Personen kennen lernen” (49%).
32% der Befragten äusserten, dass die Kurse ihre Erwartungen übertroffen hätten, 45% fanden ihre Erwartungen voll erfüllt, 21% zum Teil erfüllt und nur 2% sahen ihre Erwartungen als nicht erfüllt.
Ein zweiter Teil des Erfahrungsberichts der Universität Edinburgh ist in Vorbereitung.
Zertifizierung
Angesichts der grossen Nutzerzahlen stellt sich bei MOOCs die Frage, wie denn die Leistungen der einzelnen Teilnehmenden überprüft und dokumentiert bzw. zertifiziert werden können. Dies ist zunächst einmal eine Frage des Kursdesigns und der Lernziele, die erreicht und überprüft werden sollen. Im Rahmen des deutschsprachigen OpenCourse2012 (vgl. den folgenden Abschnitt zu deutschsprachigen MOOCs, unten) wurden gestaffelt nach Aktivitäten im Rahmen des Kurses drei Typen von online “Badges” vergeben:
- Beobachter (regelmässiges Verfolgen der online Diskussion; Teilnahme an bzw. Rezeption von mindestens 4 Aufzeichnungen der online Webkonferenzen)
- Kommentator (mindestens drei Beiträge – z.B. Blogbeiträge, Audioboos, Grafiken / Fotos – zu unterschiedlichen Themenblöcken im Verlauf des OPCO)
- Kurator (3 Texte: Zwischenbericht und Endzusammenfassung zu einem Themenblock sowie am Ende eine Einordnung dieses Themenblocks in den Gesamtkurs)
Darüber hinaus stellt sich aber ganz allgemein die Frage, wie denn die in offenen Kursen erbrachten Leistungen und erworbenen Kompetenzen (digital) dokumentiert werden können. In der Regel ist hier die Rede von “Badges” (Teilnahmezertifikaten). Die Mozialla-Foundation hat hierzu kürzlich eine erste Version ihres technischen Standards “Open Badge” vorgestellt:
Eine weitergehende Frage ist die, wie denn die Identität von Personen, die im Rahmen von MOOCs Leistungen erbringen, überprüft werden kann. Coursera hat hierzu ein “Verified Certificate” entwickelt (hier ein Beispiel), das – ähnlich wie Open Badges eingesetzt werden kann. Die Teilnehmenden müssen hierfür zunächst ein “signature profile” erstellen, das die Aufzeichnung eines personentypische Tipp-Profils an der Tastatur und ein Webcam-Bild beinhaltet. Beim Einstellen des eigenen Leistungsnachweises wird dann wiederum die persönliche Identität mit dem Liefern des Tipp-Profils und dem Webcam-Bild bestätigt (vgl. Abbildungen). Aber auf diese Weise kann natürlich nur überprüft werden, welche Person eine Leistung eingereicht hat. Ob weitere Personen beim Erstellen dieser Leistung beteiligt waren lässt sich damit natürlich nicht überprüfen.
Geschäftsmodelle
Derzeit noch in Diskussion und Entwicklung sind tragfähige Geschäftsmodelle. Wie können MOOCs in ein tragfähiges Geschäft für Bildungsinstitutionen überführt werden? In einem Beitrag für das Magazin “University Business” werden auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Coursera und der Universität Michigan verschiedene Möglichkeiten aufgeführt, wie aus MOOCs Einnahmen generiert werden können:
- kostenpflichtige ergänzende Leistungen (z.B. Tutoring) als Ergänzung zu kostenfrei angebotenen Kursen
- kostenpflichtige Prüfungen und Zertifizierungen
- kostenpflichtiger Zugang für Unternehmen, die Mitarbeitende rekrutieren möchten, zu von den Kursteilnehmenden freigegebenen Daten (z.B. zum Erfolg von bestimmten Studierenden in bestimmten Kursen)
- kostenpflichtiger Zugang für Unternehmen zu den Kursen / Kursinhalten
- Sponsoring von einzelnen Kursen durch Unternehmen
- Teilnahmegebühren für Studierende.
Aktivitäten im deutschsprachigen Raum
MOOCs sind übrigens nicht mehr nur ein Thema in der englischsprachigen Welt. Auch im deutschsprachigen Raum wurden bereits verschiedene (Massive) Open Online Courses durchgeführt. Beispiele sind der Open Course 2011 zur Zukunft des Lernens (OPCO 2011), der OPCO 2012 zu Trends im E-Teaching oder der Open Online Course über MOOCs (“MOOC Maker Course“). Aktuell läuft gerade ein Wettbewerb um Fördermittel für das Erstellen von MOOCs (“MOOC Production Fellowship“), getragen von iversity und dem Stifterverband für die deutsche Wissenschaft. Darüber hinaus wird auch darüber diskutiert, ob und in welcher Form MOOCs auch im Angebotsportfolio von Bildungsbereichen in Unternehmen ihren Platz finden können (vgl. hierzu beispielsweise Jochen Robes auf slideshare).