Lost in Transition? Pathways to successful Learning in Organisations…
…dies war das Motto unseres 5. scil Kongresses. Letzten Donnerstag und Freitag kamen knapp 80 Learning Professionals im Weiterbildungszentrum der Universität St.Gallen zusammen, um gemeinsam mit uns verschiedene Trendthemen im betrieblichen Lernen zu diskutieren und um den 10. Geburtstag von scil zu feiern!
Nachdem sich schon andere zum Kongress geäussert haben (z.B. Andreas König) schauen auch wir in diesem Beitrag zurück auf unsere Veranstaltung…
Die Pre-Conference: “The future goes mobile?!”
Im Rahmen der Pre-Conference diskutierten die Vertreter von Unternehmen und Schulen//Hochschulen, wie mobiles Lernen gestaltet werden kann. Im Mittelpunkt standen u.a.:
- welche mobilen Lernszenarien sind realistisch und relevant?
- welche Rahmenbedingungen bzw. Voraussetzungen für mobile Lernprojekte müssen geschaffen werden?
- was wird sich durch mobiles Lernen nicht ändern?
Zentrale Arbeitsergebnisse des Workshops sind folgende:
- Mobiles Lernen ist ein facettenreicher Begriff, hinter dem sich verschiedene Lerneraktivitäten und technische Umsetzungsvarianten verbergen. Um mobiles Lernen greifbar zu machen, bedarf es einer engeren Definition. Da mobiles Lernen per se kein didaktisches Konzept beinhaltet Begriff ist, kann der Zugang nur über Aspekte wie Mikro-Lernen, erfahrungsbasiertes Lernen oder andere Konzepte erfolgen.
- Mobile Lernszenarien müssen in ein ganzheitliches didaktisches Konzept eingebunden sein und können nicht alleine stehen. Mobiles Lernen ist eine Ergänzung zu anderen Angeboten.
- Grundsätzliche Erkenntnisse der Pädagogik/Psychologie über Lernen und Informationsverarbeitung behalten auch für mobile Lernangebote ihre Gültigkeit und müssen entsprechend berücksichtigt werden.
Die Eröffnung: Lost in Transition?
Ausgehend von den Ergebnissen der scil-Trendstudie 2012/2013 hat Sabine Seufert die Frage nach der Orientierung für professionelle Bildungsarbeit im Kontext anhaltender Veränderung und somit auch das Kongressmotto aufgegriffen. How do we know to set the right priorities, if the permanent change is the goal? Where does the orientation come from when we learn more on the job, supported by supervisors, more informal and mobile, bottom-up and more self-regulated? Do we get lost if learning happens more decentral? Tanja Fandel-Meyer hat als eine mögliche Antwort darauf zentrale Handlungsfelder für „Pathways for successful learning in organisations“ eingeführt sowie die Kongressthemen entlang dieser Handlungsfelder dargestellt – als Navigator zur Orientierung für den Kongress.
Die Keynote-Vorträge
Im ersten Keynote-Vortrag stand das Thema „Lernen von- und miteinander: Intergenerational Learning“ im Fokus. Adrian Cojocaru, Chief HR-Officer von OC Oerlikon, brachte hier die Unternehmensperspektive ein. Er betonte die Bedeutung von „Vertrauen“ als Grundlage für den Umgang mit unterschiedlichen Perspektiven verschiedener Generationen. Und er warf die Frage auf, ob es überhaupt ein Generationen-spezifisches Learning Design braucht. Dieter Euler stellte anschliessend in seinem Beitrag zur Zukunft von Lernen an Hochschulen die Frage: „Bereiten wir an Universitäten Studierende gut genug für die Arbeitswelt vor?“ und betonte die Bedeutung von normativen Orientierungen („being“/“wozu?“). Er wies darauf hin, dass „High Tech nicht zwingend zu „High Teach“ führt und dass es wichtig ist, die intrinsische Lernmotivation der Studierenden zu stärken – beispielsweise über Problemorientierung, Rollenvorbilder und die Einbindung in Gemeinschaften. Philipp Riederle musste leider wegen einer mündlichen Abiturprüfung kurzfristig absagen, verfasste aber spontan ein Video-Statement für die Kongressteilnehmer in dem u.a. deutlich wurde, dass für die Generation Y/Z der Umgang mit sozialen Medien zum Alltag gehört und hier sowohl das Bildungswesen als auch die Arbeitswelt noch viele Potenziale ungenutzt lassen. In der Keynote von Heike Bruch zum Thema „Learning & Leadership“ wurde eindrücklich deutlich, wie wichtig organisationale Energie für erfolgreiche Führung und für Lernen ist. Führungskräfte sind gefordert zu schauen, welche Energie im Unternehmen vorhanden ist und als Rollenvorbilder eine positive Einstellung zum Lernen vorzuleben. Zudem warnte sie vor einer „Überhitzung“ durch zu viele Aufgaben/Herausforderungen, die auf eine gesunde Art und Weise nicht zu bewältigen sind. Im Beitrag von Susan McKenney wurde der Forschungsansatz „Educational Design Research“ vorgestellt, der zwei Ziele gleichzeitig verfolgt: 1. Ein Nutzen für praktische Probleme in Unternehmen zu generieren und 2. einen Impact zur wissenschaftlichen Theoriebildung zu leisten. Der Ansatz setzt auf eine enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis und beinhaltet verschiedene Feedbackschleifen zur Entwicklung einer praxisrelevanten Intervention. Die Beiträge von Richard Straub (EFMD) und Nick van Dam (Deloitte) schliesslich standen unter der Frage: „Future of Learning?“ Richard Straub stellte die Frage, wie L&D-Einheiten dazu beitragen können, dass Unternehmen in einer VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) erfolgreich agieren können. Er stellte dabei die Bedeutung der folgenden Kompetenzbereiche heraus: Die Fähigkeit zur Kommunikation und Zusammenarbeit aber auch die Fähigkeiten zur Kreativität. Nick van Dam stellte sein „Next Learning Framework“ vor und auch ein „Learning Strategy Framework“, das (1) die strategische Ausrichtung von L&D-Arbeit („business excellence“), (2) die Effektivität von L&D-Dienstleistungen („learning excellence“) und (3) die Effizienz von Dienstleistungen („operational excellence“) beinhaltet.
Workshop 1: Working is learning – learning is working
In diesem Workshop unter der Leitung von Ruud Kronenburg (Caterpillar University) und Tanja Fandel-Meyer (scil) stand die Frage im Fokus, welche Konsequenzen mit der Idee „Working is Learning“ verbunden sind. Die folgenden Aspekte wurden diskutiert und in Kleingruppen bearbeitet:
- Wie können Mitarbeitende darin unterstützt werden tägliche Arbeitssituationen als Lernsituationen wahrzunehmen? Ein Ansatz kann darin gesehen werden, ein konstruktives und direktes Feedback als Führungskräfte zu geben: „Every job is a developmental assignment all the time“ (Colvin)
- Wer sollte die Verantwortung für das Lernen übernehmen? Mitarbeitende, Führungskräfte, beide? Wenn ja, zu welchem Anteil?
- Wie können Trainer/Weiterbildungsanbieter die Verzahnung von Lernen und Arbeiten unterstützen? Hier wurden verschiedene Ideen gesammelt, z.B. Teilnehmer bringen Praxisbeispiele in das Seminar mit, als Transferaufgabe sollen sich Teilnehmer mit Führungskräften über das Gelernte austauschen, es werden reale Aufgabenstellung aus der Praxis mit den Inhalten der Weiterbildung verzahnt, Blended Coaching, etc.
- Wie können Führungskräfte die Idee von „Working is Learning“ unterstützen? Ansätze liegen in den Bereichen Gestaltung der Lernkultur (z.B. Project lesson learned Plattformen ), der Rahmenbedingungen (z.B. Lunch & Learn Sessions), täglicher Führungsarbeit (z.B. „Good Practice Thinking Days“ ), Entwicklungsprojekten (z.B. Strech Assignments)
Insgesamt wurde nicht in Frage gestellt, zukünftig noch stärker als bisher Lern- und Arbeitsprozesse zu verzahnen. Jedoch bringt diese Entwicklung auch eine veränderte Rolle von Learning Professionals und Führungskräften mit sich: Das Portfolio der Learning Professionals wird sich vermutlich zukünftig noch stärker durch „customized Angebote“, arbeitsplatznahe Lernformen und Einbezug relevanter Stakeholder (Führungskraft, Peers, etc.) auszeichnen. Für Führungskräfte steigt die Notwendigkeit, Kompetenzentwicklung als Teil ihrer Führungsaufgabe wahrzunehmen und auszuüben.
Workshop 2: Unternehmerische Ausrichtung von Lernen & Entwicklung: Praxisbeispiel RWE Development Center
Im Mittelpunkt dieses Workshops stand das Konzept „Learning Business Partner“. Christoph Meier (scil) führte in den Rahmen ein: das Gesamtkonzept „HR Value Proposition“ von Ulrich & Brockbank sowie die zentralen Aspekte 1) Positionierung, 2) Geschäftsmodell, 3) Organisationsmodell und 4) Evaluation / Wertbeitrag. Katrin Prinz, Mitglieder Leitungsgruppe des RWE Development Center, hat dann diese Punkte aufgegriffen und anhand des Fallbeispiels RWE Development Center sehr lebendig und anschaulich die Entwicklungen der letzten Jahre dargestellt.
Besonders spannend war zu erfahren, wie RWE seit 2009 zuvor dezentral in Geschäftseinheiten angesiedeltes L&D Personal in einem Service Center / Center of Expertise zusammengeführt hat und ein sehr redundantes Angebotsportfolio mit teilweise mehr als dreissig verschiedenen Anbietern im gleichen Themenbereich (z.B. beim Thema IT-Training oder Führungstraining) radikal reduziert und konsolidiert hat. Spannend war auch zu erfahren, welche Friktionen zwischen Produktentwicklung und Seminar-Administration /–Organisation bei der Ausgliederung der administrativen Einheiten in eine separate Service-Gesellschaft entstehen können. Und drittens war interessant zu erfahren, dass der Veränderungsprozess bei RWE weiterhin andauert und beispielsweise die Entwicklung vom systematischen Anbieter-Management hin zum Modell von „managed training solutions“ beinhaltet.
Workshop 3: Lost in Communities?
In diesem Workshop ging es um die Möglichkeiten, Lernprozesse durch online Lerngemeinschaften (online learning communities) zu ergänzen. Lars Satow von der SAP AG hat über die Erfahrungen aus dem Aufbau der SAP Education Community berichtet und über die – auf einer anderen Technologie basierenden und auf Lerngruppen bzw. kleinere Lerngemeinschaften ausgerichteten – Learning Rooms. Das Erreichen einer kritischen Masse an Teilnehmenden und verfügbaren Ressourcen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor; im Falle der Learning Rooms darüber hinaus auch das didaktische Design.
Claudia Nising von Bayer stellte das Projekt einer Bayer Global Training Community (ein nur über persönliche Einladung zugängliches Netzwerk) vor, das zur Weiterentwicklung des globalen, für Bayer verfügbaren Trainerpools beitragen soll.
Im Anschluss an die Präsentationen wurden an drei verschiedenen Arbeitsstationen Ideen zur Weiterentwicklung der vorgestellten Communities und Erfolgsfaktoren für online Lerngemeinschaften diskutiert
Workshop 4: Lost in Mobile Learning?
In diesem Workshop wurden zwei Praxisbeispiele von Andrea Kuhn-Senn, Geschäftsleiterin des Center for Young Professionals (CYP), und Max Gissler, Leiter neue Medien der Schweizerischen Post, zum Thema “Mobiles Lernen” in Co-Moderation vorgestellt. Die beiden Referenten berichteten offen von ihren Ausgangspunkten, zeigten Eindrücke von ihren Umsetzungsarbeiten und teilten ihre bisherigen Erfahrungen mit mobilen Lernangeboten. Ein besonderer Fokus lag auf dem didaktischen Gesamtkonzept. Die Diskussionen mit den Teilnehmenden verdeutlichten das hohe Interesse und den steigenden Bedarf an mobilen Lernangeboten in Schulen, Ausbildungsstätten und Unternehmen.
Workshop 5: Social Business Learning
In diesem Workshop ging es um die Potenziale von Sozialen Medien in Bildungsprozessen. Daniel Stoller-Schai (LerNetz AG) stellte die damit verbundenen Veränderungen heraus. Anhand eines compliance trainings zeigte er auf, wie im Rahmen eines aus fünf Schritten bestehenden Vorgehens (1) Communicate, 2) local acitivities, 3) personal acitivites, 4) competition / storytelling, 5) closure) soziale Medien zielführen in Trainingsprozessen eingesetzt werden können.
Katharina Stanoevska-Slabeva (Universität St.Gallen) betonte in ihrem Beitrag das Verschmelzen von Computer- und Informationskompetenzen auf der einen mit Medienkompetenzen auf der anderen Seite. Die neuen sozialen Medien erlauben Medienkonsum ebenso wie sie Teilhabe, Mitwirkung und Gestaltung ermöglichen. Daraus ergeben sich dann Möglichkeiten für die Integration von sozialen Medien in Schulen und Ausbildung allgemein.
Workshop 6: Practicable concepts in learning
In diesem Round Table Workshop standen drei Themen im Fokus die jeweils in rotierenden Kleingruppen bearbeitet worden:
- Lernprozessbegleitung: Einbindung von Führungskräften in die Kompetenzentwicklung:
Hier berichtete Christian Lüdi von PostFinance vom erfolgreichen Einsatz eines Werkzeugs zur Einbindung von Führungskräften. Der Lernprozessbegleitbogen sieht z.B. vor, dass Führungskräfte vor und nach einer Weiterbildungsmassnahme mit ihren Mitarbeitenden über Lernziele und Lernerlebnisse gemeinsam sprechen und reflektieren. Damit wird einerseits die lernförderliche Rolle der Führungskräfte in der Organisation gestärkt. Andererseits ist aber auch der zusätzliche Zeitaufwand für die Führungskräfte nicht zu unterschätzen.
- Multi-Blogs und Wiki als zentrale Wissens- und Diskussionsplattform:
Armando Schär berichtete, wie Wissensaustausch und Lernen bei Namics über Web 2.0 Tools unterstützt wird. Hierbei wurde eindrücklich deutlich, dass diese Art zu kommunizieren als Bestandteil der Lernkultur von allen Beteiligten akzeptiert und gelebt werden muss, um erfolgreich zu funktionieren. Es wurde auch deutlich, dass z.B. für geschäftskritische Themen verantwortliche Personen definiert werden müssen und nicht alles auf dem Prinzip der Selbstorganisation beruhen kann.
- e-Kompetenzportfolio – ein Praxisbeispiel zur Lernprozessbegleitung:
Hier stellte Sina Fäckeler (scil) das scil-Kompetenzportfolio vor, das im Rahmen der scil Weiterbildungsprogramme zum Einsatz kommt. Dieses, im Unternehmenskontext noch relativ unbekannte Instrument, bietet viele Potenziale zur Lernbegleitung. Ein Hauptpotenzial liegt sicherlich darin, dass Teilnehmende neben den Lernerfahrungen aus formalen Lernsituationen (z.B. Seminaren) auch informelle Lernprozesse reflektieren und dokumentieren können (z.B. kritische Situationen im Arbeitsalltag, Teambesprechungen,…).
Geburtstags- & Kongressdinner
Am Donnerstagabend fand dann in der stimmungsvollen Lokremise neben dem Bahnhof St.Gallen das „Geburtstags-Kongressdinner“ statt. Es war ein toller Abend und ein grosses Dankeschön an alle, die an der Planung, Organisation und Durchführung des Kongresses beteiligt waren. Auf ein baldiges Wiedersehen in St. Gallen!
Ihr scil-Team
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