Am 12. und 13. April fand in Zürich die Personal Swiss statt. Eine Messe für HR-Fachleute, an der sich verschiedene Anbieter präsentieren. Daneben gab es verschiedene interessante Vorträge, zum Beispiel im Themenbereich „Trainings to business“. In diesem Beitrag berichte ich von mir ausgewählten und besuchten Keynotes.
Führungsarbeit auf neuen Wegen
Martina Eissing, Head of Leadership Academy Swisscom, berichtete zusammen mit Christoph Gütersloh vom IAP von einer Neuausrichtung der Führungsausbildung bei der Swisscom. Zuerst wurden einige Gründe aufgezeigt, warum sich Führungsentwicklung verändern muss:
- Allgemeiner Innovationsdruck der heute Unternehmen treibt. Insbesondere im ICT-Markt ist die Angst gross, wie „Nokia“ einen entscheidenden Trend zu verpassen.
- Führungskräfte sind heute sehr schnell mit sämtlichen Führungsthemen konfrontiert.
- Führungskräfte wechseln heute permanent zwischen Projekt und Personalführung. Die Rollen sind weniger klar und ändern sich sehr häufig.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen wurde die neue Leadership Academy konzipiert. Die Academy versteht sich als Angebot für alle Swisscom Mitarbeitenden in einer Führungsfunktion. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um Linien-, Projekt- oder fachliche Führung geht. Es wurde eine Leadership Map entwickelt, welche die vier Schlüsselfähigkeiten darstellt, die innerhalb der Swisscom als wichtig angesehen werden:
- als Unternehmer Zukunft gestalten
- als Trainer Menschen stärken
- als Netzwerker Kräfte verbinden
- Sich selbst führen
Die Struktur der Academy besteht aus drei Labs und einer Plattform: Personal, Team und Community Lab sowie der Wissensplattform für alle Mitarbeitenden mit Angeboten rund um Leadership Know-how.
Die Programme in den Labs wurden bei der Neuorientierung neu designt. Dabei wurde versucht, bewährte Elemente zu übernehmen und neu miteinander zu verbinden. Alle Programme sind heute im blended learning Design. Es wurde in der Konzeption bewusst versucht, möglichst viel selbstorganisiertes Lernen zu ermöglichen und Verantwortung an die Lernenden abzugeben.
Fazit des Vortrages und Appell an die Zuhörer war: Bewährte Trainingselemente vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen in einer neuen Architektur neu zu denken und konsequent miteinander zu verzahnen.
Disruptiver Wandel und die Rolle von HR – Wie Sie die digitale Transformation meistern können
Helmut Fink – Neuböck, demokratisch gewählter (darauf wird bei Haufe-Umantis Wert gelegt) Leader Market, hat in seinem Vortrag „Disruptiver Wandel und die Rolle von HR“ von Veränderungen in der Haufe Gruppe berichtet und daraus drei Handlungsempfehlungen für HR-Verantwortliche abgeleitet. Diese sind aus meiner Perspektive, zumindest teilweise, auch für unseren Trainingskontext interessant.
Die Haufe Gruppe hat ihre Wurzel im Printbereich. In den 90er Jahren hat die Gruppe ca. 55 Millionen CHF Umsatz gemacht. Heute sind es 330 Millionen CHF, davon 95% mit digitalen Produkten. Im Mittelpunkt steht bei Haufe nicht mehr ein Produkt, sondern der Kunde. Zentraler Aspekt ist die Costumer Experience Journey. Um den Wandel ähnlich erfolgreich wie Haufe zu meistern, wurden folgende drei Thesen vorgeschlagen:
I. Zerstöre dein HR Portfolio schöpferisch
Ziel ist es, innerhalb der gesamten Organisation eine Balance zu finden zwischen einem agilen Netzwerk, das sich zu ad-hoc-Teams formiert, ein Projekt in dieser Konstellation bearbeitet, um sich dann für neue Herausforderungen neu zusammenzusetzen und einer klassischen command-control-Struktur. Die Organisation soll nicht zwingend komplett auf den Kopf gestellt, der Mehrwert aber zumindest geprüft werden.
II. Werde messbar wie dein CFO
Die Transformation soll mit bestimmten Zielen gesteuert werden. Diese sollen messbar sein, damit während der Transformation geprüft werden kann, ob das Unternehmen auf Kurs ist. So kann danach kommuniziert werden, welche Ziele erreicht wurden und welche nicht.
III. Träume, Denke nach, Experimentiere in kleinen Schritten
Es sollen komplett neue Wege ausprobiert werden. Bei Haufe wurde so zum Beispiel Team Recruiting eingeführt, wobei ein komplettes Team an einem Vorstellungsgespräch teilnimmt und die Entscheidung für oder gegen einen Bewerber zusammen fällt. Diese Prozesse waren nicht problemlos. So mussten zum Beispiel Ingenieure zuerst lernen, was bei einem Bewerbungsgespräch wichtig ist. Heute sieht es die Gruppe aber als Mehrwert an, Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen in den Prozessen dabei zu haben.
Als der Geschäftsführer wechselte, wurde eine Wahl veranstaltet. Die Idee war, dass der neue Geschäftsführer nicht nur von einem Führungsgremium, sondern vom ganzen Unternehmen gewählt werden sollte. Diese Idee hat sich im Unternehmen verbreitet, so dass kurz darauf andere Führungskräfte sich ebenfalls in ihre Positionen wählen lassen wollten.
Wie ausgezeichnete Unternehmen ihre Arbeitsplatzkultur weiterentwickeln
In einer interessanten Podiumsdiskussion diskutierten Vertreter von IKEA, H&M, Abbvie und Haufe-Umantis mit einem Vertreter von Great Place to Work, was eine gute Arbeitsplatzkultur ausmacht und in welche Richtung sie die Entwicklungen der nächsten Jahre sehen. Great Place to Work ist ein international tätiges Forschungs- und Beratungsinstitut mit Arbeitsplatzkultur als Hauptfokus, welches weltweit aktiv ist und jährlich Erhebungen in verschiedenen Ländern macht. Die oben genannten Unternehmen sind alle innerhalb der letzten Jahre ausgezeichnet worden.
Die Unternehmen haben jeweils eigene Ansätze. Ein gemeinsamer Nenner wurde bei den Unternehmenswerten identifiziert. Diese unterscheiden sich zwar inhaltlich, aber die Unternehmen haben in der Regel einige wenige Kernwerte und versuchen diese in allen Unternehmensbereichen aus zu leben. Ein weiterer wichtiger Punkt scheint die Fehlerkultur und die strategische Ausrichtung. Es wurde der IKEA-Gründer Ingvar Kamprad mit „You’ve got to make mistakes!“ zitiert. Aus der Haufe Gruppe kommt „Wer nicht vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke“.
Allen Unternehmen gleich ist, dass sie sich an der Zukunft orientieren. Angesprochen darauf, was für Entwicklungen die Vertreter erwarten, wurde eine weitere Gemeinsamkeit klar: Sie haben nicht den Anspruch zu Wissen, in welche Richtung sich die Organisationen und die Gesellschaft entwickeln werden. Allerdings sollen jeweils die gesamten Organisationen und somit alle Mitarbeitenden die Zukunft aktiv mitgestalten. Eine interessante Idee dazu war über Innovationen und Experimente nicht lange in verschiedenen Gremien nachzudenken, sondern es einfach im kleinen Rahmen zu wagen. Insbesondere wenn Bedürfnisse aus der Organisation kommen, ist es häufig spannender und motivierender etwas schnellst möglich zu pilotieren, als zuerst in verschiedenen Gremien darüber zu befinden. So sollen Innovationsprojekte gemäss den Vertretern in Zukunft weniger als PUSH von HR-Seite kommen, sondern als PULL aus der Organisation.
10 Irrtümer mit digitalen Medien
Roy Franke vom CYP (Center for Young Professionals), dem Kompetenzzentrum für modernes und nachhaltiges Lernen der Schweizer Banken, machte seinen Keynote Titel „10 Irrtümer mit digitalen Medien“ zum Programm. Das CYP setzt seit 2012 in der Aus- und Weiterbildung komplett auf digitale Medien und konnte daraus viele Erfahrung sammeln. Hier die 10 Irrtümer und Roy Frankes Antworten darauf:
I. Lernende können schon alles
Digital Natives gibt es nicht. Roy Franke spricht von Digital Socializer. Die neue Generation kann gut mit Kommunikationsapps und sozialen Plattformen, wie zum Beispiel Whatsapp, Facebook oder Twitter, umgehen. Das heisst aber nicht, dass auch der Umgang mit allen Office und Business Applikationen quasi in die Kinderwiege gelegt wird.
II. Wir sind dafür nicht zuständig
Wer soll für den Aufbau von Kompetenzen mit digitalen Medien zuständig sein, wenn nicht die Aus- und Weiterbildungsverantwortlichen
III. Digitalisierung löst Lehrpersonen ab
Digitalisierung löst Lehrpersonen nicht ab, sie verändert aber deren Rolle. Die Lehrperson kann Vorwissen aktivieren und wird zum Coach.
IV. Es muss vor Gefahren gewarnt werden
Das sollte in der Tat getan werden, allerdings immer kontextbezogen. Digitale Medien sollten nicht prinzipiell verteufelt werden.
V. Digitale Medien erleichtern das Lernen
Digitale Medien fördern und unterstützen das Lernen. Sie erleichtern es aber nicht unbedingt. Je nach Einsatz und Gebiet fordern sie die Lernenden viel mehr heraus als analoge Medien.
VI. Digitale Medien lösen analoge Medien ab
Es ist möglich, dass eine Entwicklung in diese Richtung in Zukunft stattfinden wird. Wichtig ist die Frage „Wo liegt der Mehrwert des digitalen Mediums?“ Damit kann verhindert werden, dass digitale Medien um deren selbst Willen eingesetzt werden. Das wäre kontraproduktiv.
VII. Ich muss mich damit noch nicht auseinandersetzen
Didaktische Überlegungen sind nach wie vor zentral. Aber um differenziert planen zu können, muss ich wissen was es gibt. Das richtige Vorgehen ist immer noch, sich Ziele des Unterrichts bzw. der Ausbildung zu überlegen und dann nachzudenken, mit welchen Methoden und Medien diese erreicht werden können.
VIII. Mit der nachrückenden Generation ändert sich alles
…Nicht unbedingt. Wie in Irrtum I. wurde festgehalten, dass Digital Natives bisher eher ein Mythos als die Realität sind. Wie die Entwicklung in 20 Jahren sein wird, bleibt abzuwarten.
IX. Zeit, die ich heute in digitale Medien stecke, spare ich später
Unterricht und eingesetzte Medien müssen weiterentwickelt werden. Das war schon immer so und wird sich auch mit der Digitalisierung nicht ändern. Der Aufwand welcher betrieben werden muss, um Medien à jour zu halten, sollte nicht unterschätzt werden.
X. Ich kann das nicht
Der Umgang mit digitalen Medien ist erlernbar. Die Fragen, die sich Personen mit diesem Einwand stellen sollten, sind: Bin ich bereit dazu etwas Neues zu tun? Habe ich Freude etwas anderes auszuprobieren und vielleicht meine eigene Haltung gegenüber neuen Medien zu verändern?
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