Im Rahmen der Veranstaltung «Empower People 2023» der FH Kärnten haben wir Assistenzsysteme auf Basis generativer KI zum Thema gemacht – mit einem Impuls, einer Pulsmessung und Gruppendiskussionen. Ein Fazit: es gibt viel Orientierungsbedarf zu Assistenzsystemen auf Basis generativer KI.
Empower People…
«Empower People» nennt sich die Veranstaltung der «people experience community» und der FH Kärnten, die dieses Jahr zum zweiten Mal durchgeführt wurde. Motto der Veranstaltung war «Empowerment durch innovative Lern- und Entwicklungskonzepte». Die Organisator:innen – Uschi Liebhart, Michael Kosutnik und Christian Mörtl – hatten mich eingeladen, den Abend mit Inhalt zu füllen. Das habe ich gerne gemacht und einen Impuls, eine kurze Pulsmessung sowie eine moderierte Diskussionsphase vorbereitet.
… durch Assistenzsysteme auf Basis generativer KI
Der Titel für meinen Impuls war «ChatGPT & Co. als persönliche Assistenzsysteme in Arbeits- & Lernwelten». Mein Ausgangspunkt waren die Veränderungen in unserer Arbeitswelt (Fokus generative KI) und die Frage danach, worauf wir als Bildungsverantwortliche Menschen vorbereiten sollen bzw. wofür wir sie befähigen sollen.
Die kurze Antwort lautet: auch auf das Zusammenarbeiten mit «smarten» Assistenzsystemen auf der Basis von generativer KI. Aus meiner Sicht wird dies zum «neuen Normal» in Arbeits- und Lernwelten. Ganz gleich, ob wir mit Texten arbeiten, mit Bildern, mit Videos, mit Sound / Musik, mit Computer-Code, mit Dateien und Daten – Assistenzsysteme auf Basis von generativer KI werden verfügbar sein und uns dabei unterstützen können.
Potenziale – und Herausforderungen
Damit verbunden ist das Potenzial für eine deutlich Erhöhung unserer Arbeitsproduktivität. Allerdings unter Voraussetzungen:
- wir kennen die Funktionsprinzipien, die Möglichkeiten und auch die Limitationen dieser As-sistenzsysteme (z.B. «one token at a time» oder Bias und Halluzinationen);
- wir sind uns bewusst, dass diese Assistenzsysteme sich mehr oder weniger kontinuierlich weiterentwickeln; was heute (nicht) funktioniert hat, kann morgen schon wieder etwas anders sein – und zwar besser oder schlechter;
- wir gestalten den Kooperationsprozess mit den Assistenzsystemen in einer zielführenden Weise (z.B. mit dem Assistenzsystem in der Rolle eines Praktikanten);
- wir verfügen über die erforderliche Fingerfertigkeit in der Anleitung der Assistenzsysteme (z.B. Prompting);
- wir gewährleisten sichere Umgebungen für die Arbeit mit diesen Assistenzsystemen (z.B. gekapselte Umgebungen oder Berücksichtigung von Risiken bei der Nutzung von Plugins für GPTs).
Für uns als Verantwortliche für Bildung und Personalentwicklung in den verschiedenen Kontexten (Schule, Hochschule, Berufsbildung, betriebliche Weiterbildung, etc.) sind damit verschiedene Aufgabenbereiche verbunden:
- Sicherstellen, dass wir selbst mit diesen Lösungen vertraut sind;
- Mitarbeit an geeigneten Rahmenbedingungen;
- Unterstützung und Befähigung von Anwender:innen.
Vertrautheit mit «smarten» Assistenzsystemen
Als Verantwortliche für Bildung und Personalentwicklung können wir nur dann wirksam an der Gestaltung von Rahmenbedingungen und an Befähigungsprogrammen arbeiten, wenn wir selbst diese neuartigen Assistenzsysteme gründlich verstehen. Wir müssen Funktionsprinzipien, Möglichkeiten und Limitationen kennen und wir brauchen Erfahrung in der Arbeit mit diesen Assistenzsystemen. Ohne dass wir uns selbst die Finger schmutzig machen, wird es nicht gehen.
Mitarbeit an Rahmenbedingungen
Ein wichtiger Aspekt ist hier der Zugang zu diesen Lösungen. Beispielsweise über Lizenzen oder auch über intern verfügbare, gekapselte Lösungen. Timm Friebe von ENBW hat kürzlich im Education Newscast mit Thomas Jenewein geschildert, wie dies bei ENBW umgesetzt wird. Ich erlebe in Workshops immer wieder, dass Teilnehmende – weil sie keinen Zugang zu den aktuell leistungsfähigsten Versionen dieser Assistenzsysteme haben – mit frei verfügbaren (und in der Regel deutlich weniger leistungsfähigen) Versionen arbeiten und diese dann (aus meiner Sicht vorschnell) als «nicht ernst zu nehmen» abtun.
Unterstützung / Befähigung von Anwender:innen
Zentraler Aufgabenbereich ist natürlich die Befähigung von anderen für die Nutzung von bzw. für die Arbeit mit diesen Assistenzsystemen. Je nach Kontext stehen Lernende, Studierende, Beschäftigte, Führungskräfte oder andere Zielgruppen im Fokus.
Hier geht es um
- Funktionsprinzipien, Möglichkeiten, Limitationen und Risiken;
- verfügbare Produkte bzw. Services sowie deren Besonderheiten;
- geeignete und weniger geeignete Einsatz- bzw. Nutzungsszenarien;
- Fingerfertigkeit in der Arbeit mit diesen Lösungen (u.a. Prompting);
- Gestaltung der Zusammenarbeit (Kooperationsprozess);
- Sensibilisierung für ethische und sicherheitstechnische Herausforderungen.
Wo stehen wir aktuell?
Im Rahmen der Veranstaltung haben wir auch eine kurze Pulsmessung durchgeführt. Zwei Fragen habe ich gestellt:
- Welche Typen von Assistenzsystemen auf Basis generativer KI sind bekannt & werden genutzt?
- Wie Assoziationen und Befindlichkeiten sind mit der Nutzung verbunden?
Die Pulsmessung, bei 85 von ca. 100 Teilnehmenden an der Veranstaltung geantwortet haben, zeigt, dass bislang vor allem genKI-Applikationen für die Arbeit mit Texten bekannt sind und genutzt werden. Bild-Generatoren folgen mit deutlichem Abstand an zweiter Stelle. Es wird deutlich, dass viele das Spektrum der verfügbaren Assistenzsysteme nicht kennen.
Bei der zweiten Frage ging es darum, welche Assoziationen und Befindlichkeiten sich mit der Nutzung von Assistenzsystemen auf Basis generativer KI verbinden. Im Vordergrund, so zeigen die Ergebnisse, stehen die Wahrnehmung, produktiver zu sein und das Gefühl, gestärkt bzw. befähigt zu sein. Aber auch die Aussagen «fühlt sich an wie schummeln» und «ich vermisse klaren Vorgaben» fanden viel Zustimmung. Hier spielt vermutlich eine Rolle, dass etwa die Hälfte der Teilnehmenden an der Online-Veranstaltung Studierende der FH Kärnten waren.
Entwicklungsdynamik als Herausforderung
Im Feld der generativen KI-Awendungen herrscht aktuell eine enorm hohe Entwicklungsdynamik. Verfügbare Produkte und Services entwickeln sich schnell weiter. Laufend kommen neue Player und neue Produkte / Services hinzu. Das ist für alle Beteiligten sehr herausfordernd. Und es unterstreicht, wie wichtig es ist, Wissen zu, Verständnis für und Kompetenz in der zielorientierten Nutzung diese Lösungen aufzubauen.
Aus meiner Sicht sind dies gute Gründe für Verantwortliche in Bildung / Personalentwicklung, dieses Themenfeld systematisch anzugehen.
Hier noch die wichtigsten Folien aus meinem Impuls zur Veranstaltung:
Die hier angesprochenen Herausforderungen für Bildungsverantwortliche adressieren wir systematisch im Rahmen unserer Arbeit an der SCIL Academy und insbesondere in unseren Weiterbildungsprogrammen «Bildungsmanagement» und «Lerndesign». Mehr dazu hier.
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