Sabine Seufert hat hier gestern auf die IT-Bildungsoffensive des Kantons St.Gallen verwiesen. In Kontext solcher Initiativen sind natürlich auch immer wieder Kompetenzerfordernisse der verschiedenen Akteure ein Thema. Das Kompetenzmodell DigComp (Ferrari 2013 bzw. Carratera et al. 2017), das allgemeine digitale Kompetenzen für Bürger beschreibt, ist mittlerweile gut etabliert und eine ganze Reihe sowohl von Diagnostik-Instrumenten als auch von Massnahmen zur Kompetenzentwicklung bauen darauf auf. Weniger bekannt, aber ebenfalls verfügbar sind analoge Kompetenzrahmen für Bildungsverantwortliche (DigCompEdu, 2017) sowie für Bildungsorganisationen (DigCompOrg, 2015).
DigCompOrg
Mit dem Modell DigCompOrg wird der Anspruch verfolgt, in umfassender Weise alle Aspekte und Prozesse zu berücksichtigen, die für die Integration von digitalem Lernen in Bildungsorganisationen relevant sind. Mit dem Modell werden primär zwei Ziele verfolgt:
- Reflexion und Standortbestimmung auf Seiten von Bildungsorganisationen unterstützen und
- politische Entscheidungsträger in die Lage versetzen, geeignete Rahmenbedingungen für digitales Lernen in verschiedensten Bildungskontexten zu etablieren.
Das Modell umfasst 15 Kompetenzbereiche mit insgesamt 74 Einzelelementen, wobei letztere in der folgenden Abbildung nicht repräsentiert sind:
Hier ein Auszug der zeigt, wie die Definitionen auf der in dieser Abbildung nicht angezeigten Ebene der 74 Einzelelemente aussehen:
- Kompetenzbereich: Teaching and learning practices
- Teilbereich: Rethinking roles & pedagogical processes
- Staff are partners in charge
- New roles are envisaged for staff
- “The organisation empowers staff to act as mentors, orchestrators and facilitators of learning and as role models for lifelong learning and personal professional updating. It is expected that staff will experiment with the creative and innovative use of digital technologies to make improvements to learning and teaching.”
- New roles are envisaged for students
- Pedagogical approaches are expanded
- “Teaching and learning is ‘redesigned’ to incorporate digital technologies. Building on relevant research, the organisation promotes a diversity of technology-enabled learning and teaching practices that are flexible, adaptable and engaging (e.g., learning by playing, learning by exploring, learning-by-creating, learning-by-doing, augmented and enhanced through digital technologies).”
- Personalized learning is developed
- Creativity is promoted
- Collaboration and group work is expected
- Social and emotional skills are developed
- Teilbereich: Rethinking roles & pedagogical processes
DigCompEdu
Die digitalen Kompetenzen von Bildungsverantwortlichen werden zwar auch im Modell DigCompOrg angesprochen, jedoch nicht sehr detailliert behandelt. Detailliert ausgebreitet werden diese Kompetenzen dagegen im Modell DigCompEdu. Dieses Modell soll die politisch Verantwortlichen in den Mitgliedsstaaten der EU sowie auch die Veranwortlichen in Bildungsorganisationen dabei unterstützen, diese Kompetenzen bei ‘Educators’ in verschiedensten Kontexten zu entwickeln.
Das Referenzmodell umfasst drei übergeordnete Kompetenzfelder:
- Professionsspezifische Kompetenzen von Lehrpersonen (‘Educators’ / ‘Learning Professionals’),
- Pädagogische Kompetenzen von Lehrpersonen (‘Educators’ / ‘Learning Professionals’), sowie
- Kompetenzen von Lernenden
Diese drei übergeordneten Felder werden in 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 22 Kompetenzen aufgegliedert. Dabei werden auch besonders wichtige Verbindungen zwischen Kompetenzen angedeutet (vgl. die folgende Abbildung):
Im Zentrum stehen die Kompetenzbereiche 2-5:
- Nutzen von digitalen Lernressourcen
- Gestalten, managen und orchestrieren von Lernprozessen
- Digitale Ressourcen einsetzen, um Prüfungen zu verbessern
- Lernende einbinden, aktivieren und
Die Kompetenzbereiche 1 und 6 flankieren diesen Kernbereich. Diese beinhalten zum einen digitale Kompetenzen, die für die Wirksamkeit von Lehrpersonen (‘Educators’ / ‘Learning Professionals’) in ihrem jeweiligen organisationalen Umfeld sicherstellen (z.B. digital unterstützte Zusammenarbeit mit KollegInnen), zum anderen Kompetenzen, die es ermöglichen, die digitalen Kompetenzen der Lernenden gezielt zu entwickeln.
Auch dieser Bericht geht zu jeder der angeführten 22 Kompetenzen noch weiter in die Tiefe. Dazu wird ein u.a. ein “progression model” eingeführt, das verschiedene Entwicklungsstufen im Hinblick auf die einzelnen Kompetenzen unterscheidet:
Für den Kompetenzbereich 4.2, Prüfen / Belege analysieren sieht diese Detaillierung wie folgt aus:
Beschreibung der Kompetenz:
To generate, select, critically analyse and interpret digital evidence on learner activity, performance and progress, in order
to inform teaching and learning.
Die diesbezüglichen sechs Entwicklungsstufen werden wie folgt formuliert:
Die Beschreibungen zu den Entwicklungsstufen sind so gehalten, dass sie auch für eine Kompetenzeinschätzung (Selbsteinschätzung) verwendet werden können. Aktuell in Entwicklung befindet sich ein Werkzeug, über das eine Standortbestimmung zu diesem Kompetenzmodell durchgeführt werden kann. Ob bzw. wann dieses dann breit verfügbar sein wird, ist derzeit allerdings noch nicht zu ersehen. Mehr dazu hier.
Referenzen:
Carratera, Stephanie; Vuorikari, Riina; Punie, Yves (2017): DigComp 2.1 The Competence Framework for Citizens. With eight proficiency levels and examples of use. Luxembourg: Publications Office of the European Union.
Ferrari, Anusca (2013): DIGCOMP. A framework for developing and understanding digital competence in Europe. JRC Science for Policy Report, EUR 26035 EN. Institute for Prospective Technological Studies. Luxembourg.
Kampylis, Panagiotis; Punie, Yves; Devine, Jim (2015): Promoting effective digital-age learning. JRC Science for Policy Report, EUR 27599 EN. Hg. v. JRC Science Hub. European Union.
Redecker, Christine; Punie, Yves (2017): European Framework for the Digital Competence of Educators (DigCompEdu). JRC Science for Policy Report EUR 28775 EN. Hg. v. JRC Science Hub. Publications Office of the European Union. Seville, (Spain).
Judith Studer says
Lieber Christoph
Ich finde die beiden oben genannten Modelle zur Selbstreflexion sehr spannend. Habt ihr die beiden Modelle per Zufall ins Deutsche übersetzt? Das wäre sehr dienlich.
Lieber Gruss, Judith
Christoph Meier says
Liebe Judith, nein, tut mir leid, eine Übersetzung ins Deutsche haben wir nicht erstellt / nicht vorliegen. Viele Grüsse, Christoph