Diese Woche fand in Zürich, parallel zur Personal Swiss, die achte Durchführung der SeLC (Swiss eLearning Conference) statt. Das Rahmenthema lautete “Lernen im Wandel: Wie digitales Lernen Veränderungsprozesse in Organisationen unterstützt“. Daniel Stoller-Schai (Crealogix) und Nils Hafner (Hochschule Luzern) haben als Programmleiter auch durch die Veranstaltung geführt. Etwa 65 Teilnehmende waren dabei und wie in früheren Jahren gab es einen (kostenpflichtigen) online-Track mit Live-Video sowie einen begleitenden Twitter-Kanal.
An Stelle der üblichen Keynote-Vorträge stand – nach einer kurzen Einführung – die Arbeit im Rahmen einer “kollektiv-kollaborativen Werkbank” am Anfang der Veranstaltung. Moderiert von LaunchLabs aus Berlin arbeiteten wir in Tischgruppen am Thema “Wie könnte Lernen im Jahr 2025 aussehen?“. Zunächst gab es ein kuzes Warm-up und dann folgten die Arbeitsphasen “Brainstorming”, “Design” (begleitet von trendiger Musik via Spotify), “World Café” und “Vorstellung ausgewählter Ideen / Designs im Plenum”. Im Prozess entstanden einige interessante Ideen, beispielsweise zu einem “Corporate Siri”, zu einem intelligenten, personalisierten Filter für umfangreiche Informations- bzw. Lernräume oder – im Fall meiner Tischgruppe – eine AR-Lösung für 3D-Pinwände zur Unterstützung der Wissensintegration im verteilten Team. Dieser Einstieg hat viel Energie in die Tagung gebracht.
Nach einer Führung zu ausgewählten Ständen auf der Messe Personal Swiss ging es dann am Nachmittag mit Vorträgen weiter. Heraus stach für mich dabei der Vortrag von Michael Kerres (Universität Duisburg-Essen) zum Thema “Digitale Transformation: (Wie) Kann digitales Lernen Veränderung unterstützen?”.
Zum Ausgangspunkt für seinem Vortrag machte er die (problematische) Annahme, dass allein schon der Einsatz von digitalen Werkzeugen unmittelbar zu Veränderungen und erwünschten Effekten in der Bildungsarbeit führt:
Es ist nicht die Technik, die Bildung verändert, sondern Menschen können Bildung verändern – mit digitaler Technik.
Dem stehen allerdings Beharrungstendenzen und das Übertragen hergebrachte Ansätze bzw. Vorgehensweisen entgegen. Das Ergebnis sind dann traditionelle, wenig innovative Lerndesigns beispielsweise bei WBT oder MOOCs. Hier braucht es also sowohl einen Kulturwandel als auch ein systematisches Veränderungsmanagement. Zentrale Elemente für ein solches Veränderungsmanagement sind das Erzeugen von Angeboten (“Affordanzen”), das gezielte Setzen von Anreizen und die Entwicklung von Kompetenzen.
Im Hinblick auf Kompetenzentwicklung warnt Kerres davor, Kompetenzen für eine digitale Welt (kurz “digitale Kompetenzen”) lediglich als weiteren, additiv zu berücksichtigenden Kompetenzbereich (z.B. neben Fachkompetenzen oder Führungskomptenzen) zu sehen. Vielmehr müssten diese Kompetenzen zusammen mit anderen Kompetenzbereichen integrativ gedacht werden.
Für Bildungsanbieter stellt sich dabei die Frage, wie sie die Digitalisierung als Gelegenheit zur Profilierung nutzen können. Michael Kerres sieht die Bildungsarbeit in der Zukunft stärker als bisher durch die Arbeitsteilung zwischen Partnern mit sehr speziellen Kompetenzen geprägt, bei der beispielsweise Spezialisten für Diagnostik, für digitale Lernmedien und Lernumgebungen (z.B. Simulationen), für Lernprozessbegleitung, für Testing und für Analytics zusammenarbeiten.
Am zweiten Tag stand am Vormittag ein Marktplatz auf dem Programm. Insgesamt gab es acht Tische zu Themen wie z.B.:
- Einsatz digitaler Werkzeuge bei der Migros Klubschule online academy
- Kompetenzbasierte Aus- und Weiterbildung ber PostFinance
- Kundenorientierung dank Mitarbeiterqualifizierung (ZURICH Versicherungen)
- Onboarding für Berufslernende
Wir von scil hatten einen Marktplatz-Tisch zum Thema “Digitale Transformation von L&D” vorbereitet. An unserem Tisch ging es zunächst darum, auf der Basis eines Modells von Jan-Marco Leimeister (hier ein kurzes Video dazu) Schneisen in das grosse Thema “Digitalisierung” zu schlagen. Anschliessend haben wir dann für die Zielrichtungen “Prozesse”, “Nutzer- / Nutzenorientierung” und “(smarte) Produkte / Services” die aktuell priorisierten Entwicklungsvorhaben und die damit verbundenen Herausforderungen in den Blick genommen.
Die aktuellen Entwicklungsvorhaben sind divers – wie bei einem Konferenzpublikum nicht anders zu erwarten. Unter den genannten Entwicklungsthemen und den damit verbundenen Herausforderungen waren beispielsweise:
- Initiativen zur Veränderung der Lernkultur –
Überwindung des Beharrungsvermögens auf Seiten von Lernenden / Mitarbeitenden, Trainern / Lehrenden und Führungskräften - Individualisierung & Personalisierung des Lernens –
Gestaltung von veränderten Rollen (Lernende und Lehrende / Lernbegleiter) und & Strukturen - Adaptive bzw. intelligente Lernumgebungen am Arbeitsplatz –
Nutzung / Auswertung von verfügbaren Daten & Ableitung von Hinweisen zur Gestaltung - Umsetzung neuer Lerndesigns –
Kompetenzentwicklung auf Seiten von Lehrenden / Lernbegleitern
Das Demofest am Nachmittag habe ich aufgrund von Terminkonflikten leider verpasst. Im begleitenden Twitter-Kanal finden sich einige Kurz-Posts dazu (auch zur Veranstaltung insgesamt).
Danke an die Veranstalter für die Einladung und die rundum gelungene Veranstaltung!
Christoph Schmitt says
Das Lernen 2025 findet ja statt. Heute. In der Gegenwart. Definitiv. Es wird nicht kommen, es ist da. Ich finde es problematisch, dass zurzeit an vielen Ecken und Enden Präsenzveranstaltungen und Weiterbildungen aus dem Boden schießen, die den Menschen suggerieren, dass in Zukunft alles anders wird. Es ist anders. Alles andere ist Singen im dunklen Wald.