Erste Befragungsergebnisse aus Deutschland zeigen, dass Studierende ChatGPT & Co. verbreitet nutzen. Typische Nutzungsszenarien sind: sich Konzepte erklären lassen; Literaturrecherche; Übersetzungen; Textanalyse und Texterstellung; Problemlösung / Entscheidungsfindung. Die Autor:innen beobachten eine Lücke zwischen dem Anspruch an “wissenschaftlichen” Output einerseits und nachvollziehbaren Ausgaben andererseits.
Eine Forschungsgruppe um Jörg von Garrel, Professur für Prozess- und Produktinnovationen mit Schwerpunkt quantitative Sozialforschung, Hochschule Darmstadt, hat Ergebnisse einer Flächenbefragung zur Nutzung von KI-Applikationen wie ChatGPT im Studium publiziert. Das Arbeitspapier (Preprint) wurde am 28.06.2023 freigeschaltet.
Für die Online-Befragung kontaktiert wurden – über mehr als 3’800 Studiengangsverantwortliche an 395 Hochschulen in Deutschland – alle dort immatrikulierten Studierenden kontaktiert. Die Auswertung basiert auf 6’311 vollständigen Rückläufen von Studierenden aus allen 16 Bundesländern.
Im Folgenden sind zentrale Ergebnisse der Studie aufgeführt.
Häufigkeit und Intensität der Nutzung
Nutzung allgemein:
- 63,2 % der befragten Studierenden geben an, KI-basierte Werkzeuge für das Studium zu nutzen
- 36,8 % verneinen dies
- 22,3 % nutzen diese Werkzeuge “sehr häufig”
- 3 % “häufig”
- 9,5 % “gelegentlich”
- 12,5 % “selten”
- 15,9 % “sehr selten”
Der Anteil der Studierenden, die KI-basierte Werkzeuge für das Studium nutzen, unterscheidet sich nach Fachbereichen. Die höchste Nutzungsquote findet sich im Fachbereich Sport, gefolgt von Ingenieurwissenschaften und Kunst / Kunstwissenschaften:
- Sport: 87,5 % (N= 32)
- Ingenieurwissenschaften: 75,3 % (N = 1078)
- Kunst / Kunstwissenschaften: 73,4 %
- Mathematik / Naturwissenschaften: 71,9 %
- Geisteswissenschaften: 61,0 %
- Rechts- / Wirtschafts- & Sozialwissenschaften: 58,4 %
- Humanmedizin & Gesundheitswissenschaften: 52,7 %
- Agrar-, Forst- & Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin: 47,6 %
Unterschiede zeigen sich auch zwischen verschiedenen Studienstufen:
- Bachelor-Stufe: 65,0 %
- Master-Stufe: 71,7 %
- Promotion / Doktorat: 51,9 %
Überlegungen dazu, wie die hier festgestellten Unterschiede begründet sein könnten, sind im aktuell vorliegenden Bericht noch nicht enthalten.
Die im Kontext des Studiums verwendeten KI-Applikationen sind insbesondere die Folgenden:
- ChatGPT: 77,5 %
- DeepL: 19,6 %
- DALLE: 5,7 %
- Midjourney: 4,1 %
- BingAI: 2,9 %
Aufgaben und Erwartungen an die KI
Im Rahmen des Studiums werden KI-Applikationen vor allem für die folgenden Aufgaben genutzt:
- sich fachspezifische Konzepte erklären lassen: 56,5 %
- Recherche & Literaturstudium: 45,4 %
- Übersetzungen: 42,2 %
- Textanalyse, Textverarbeitung, Texterstellung: 39,3 %
- Problemlösung / Entscheidungsfindung: 35,1 %
Die aus Sicht der befragten Studierenden besonders wichtigen Merkmale von KI-Applikationen sind die folgenden:
- Grad der Wissenschaftlichkeit: 75,4 %
- Fehlervermeidung bei der Ausgabe: 57,7 %
- Logische Argumentation: 47,4 %
- Preis: 44, 3 %
- Erklärbarkeit der Entscheidung: 32, 4 %
- Fehlererkennung und Fehlerkorrektur bei der Eingabe: 25,9 %
Wunsch nach “wissenschaftlichem” Output dominiert
In Ihrem Fazit betonen die Autor:innen die folgenden Punkte:
Die Studie verdeutlicht, dass KI-basierte Tools bei Studierenden aller Studienbereiche in Deutschland ihren Weg gefunden haben und genutzt werden. Fast zwei Drittel der Befragten haben solche Tools genutzt bzw. nutzen diese.
von Garrel et al. (2023): Künstliche Intelligenz im Studium, S. 37.
(…)
Weiter zu untersuchen ist in diesem Kontext u.a. auch die „Lücke“ zwischen der Bedeutung der Wissenschaftlichkeit auf der einen Seite, die von fast drei Viertel der Studierenden als relevantestes Kriterium genannt wird und der Bedeutung einer logischen Argumentation (z.B. Antworten sind nachvollziehbar) (ca. 50%) sowie Erklärbarkeit der Entscheidung (z.B. White-Box vs. Black-Box) (ca. 35%) auf der anderen Seite. Eine erste Begründung scheint in dem Umstand zu liegen, dass die Studierenden nur zu interessieren scheint, dass am Ende „wissenschaftlicher Output“ generiert wird, wie dieser aber generiert wurde, scheint zweitrangig zu sein. Und genau hier liegt die Verantwortung einer Hochschule. Denn das Ziel wissenschaftlichen Arbeitens ist nicht nur, “wissenschaftlichen“ Output zu generieren, sondern auch die Relevanz eines nachvollziehbaren, logischen und transparenten und damit auch wissenschaftlichen Prozesses zu verdeutlichen. Dieser Umstand scheint bei den Studierenden im Kontext der KI-Nutzung aktuell noch nicht gereift zu sein. Hochschulen sollten auch an dieser Stelle den Studierenden den Umgang mit KI als Instrument vermitteln sowie deutlich auch die Grenzen der Nutzung aufzeigen.
Von Garrel, Jörg; Mayer, Julia; Mühlfeld, Markus (2023): Künstliche Intelligenz im Studium Eine quantitative Befragung von Studierenden zur Nutzung von ChatGPT & Co. Professur für Prozess- und Produktinnovationen mit Schwpkt. quantitative Sozialforschung, Hochschule Darmstadt.
[…] Erste Befragungsergebnisse aus Deutschland zeigen, dass Studierende ChatGPT & Co. verbreitet nutzen (via scil.ch): […]