Im Rahmen der medizinischen Ausbildung an der Universität Ohio, USA, wurde das Konzept der technisch unterstützten ‘Active Learning Spaces’ in Richtung von mehr Flexibilität erweitert. Ein aktueller Bericht aus EDUCAUSEreview.
In der Zeitschrift EDUCAUSEreview hat Jodie Penrod (Senior Director, Technology, for the Heritage College of Osteopathic Medicine at Ohio University) einen Artikel zur Umsetzung von ‘student-centered, active learning classroom design’ publiziert. Der ausführliche Artikel berichtet über die koordinierte Weiterentwicklung von Lehrräumen, technischer Ausstattung und Unterrichtsmodellen im Rahmen der medizinischen Ausbildung an der Ohio University (Heritage College of Osteopathic Medicine).
Auslöser für die Weiterentwicklung war eine Spende der Ohio Heritage Foundation und die damit ermöglichte Ausweitung der medizinischen Ausbildung. Im Zuge des Neubaus von Gebäuden wurde nicht nur die Ausstattung der Lehrräume weiterentwickelt, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Campuses (in den zwischen ca. 100 und 200 km voneinander entfernten Städten Athens, Dublin, und Cleveland (alle im Bundesstaat Ohio).
Active Learning Spaces (ALS) als Leitbild
Die Gestaltung der Lernräume orientiert sich an einem Leitbild von Lerner-zentriertem Unterricht für Auszubildende bzw. Beschäftigte, die künftig in Situationen arbeiten werden, die mit Technologien und Informationen gesättigt sind. Maximale Flexibilität in der Gestaltung der Lehr-Lernsituation einerseits und intensive Interaktion zwischen Lehrpersonen und Studierenden andererseits sind weitere Elemente des didaktischen Leitbilds.
Whether digital or physical, learning spaces are the most important contemporary infrastructure requirement for learning in the twenty-first century. While more physical spaces are not needed in higher education, increased flexibility in available spaces is desired. Future learning spaces (FLSs) are touted for their capacity to promote collaborative learning experiences through open, flexible, and diverse designs that combine physical and digital infrastructure.
(…)
Typically, ALCs [Active Learning Spaces] use movable work surfaces that are grouped in pods. The pods do not usually face the front of the classroom; they are designed to increase access to technology and create workspaces that allow for student interaction.
Jodie Penrod, EDUCAUSEreview, 17.11.2021
Das am Heritage College der Ohio University umgesetzte Konzept der ‘Active Learning Spaces’ wird an verschiedenen Hochschulen schon seit den 1990er Jahren verfolgt (z.B. Student-Centered Active Learning Environment with Upside-down Pedagogies (SCALE-UP), Loughlin et al.; Technology Enabled Active Learning (TEAL), MIT – vgl. dazu diesen Blogpost von 2015). Es basiert auf einem konstruktivistischen Verständnis von Lehren und Lernen sowie auf der Wertschätzung von Lerngruppen und kollaborativer Zusammenarbeit mit Peers.
Am Heritage College konnte im Zuge der von Penrod geschilderten Weiterentwicklungen auf frühere Erfahrungen mit Active Learning Spaces an zwei der drei Campuses zurückgegriffen werden (vgl. Abb. 1, die beiden oberen Bilder).
(Bildquelle: Heritage College of Osteopathic Medicine)
Weiterentwicklung in Richtung eines ‘Flexiblen Lehr-Lernraums’ (FLS)
Im Zuge des Projekts am Heritage College der University of Ohio wurde die Weiterentwicklung des Active Learning Spaces-Konzepts in Richtung eines maximal flexiblen Lernraums verfolgt (Flexible Learning Space). Alle Elemente der Möblierung (Tischgruppen ebenso wie Monitore und Stationen für kooperatives Arbeiten) sollten verschiebbar sein. Gleichzeitig sollte überall die Konnektivität für studentische Geräte (Bring Your Own Device) gewährleistet sein. Darüber hinaus sollten die Lernräume skalierbar sein, so dass Lehrpersonen mit kleineren ebenso wie mit grösseren Gruppen arbeiten können.
The fact that the spaces were software-centric allowed for greater flexibility, meaning that the college could reduce the need for a variety of physical spaces to accommodate different needs. A learning space could be transformed into a didactic or lecture-based space, an event space, an ALS, or a student group space. Having a smaller physical footprint allowed the team to invest more heavily into the flexibility of the spaces.
Jodie Penrod, EDUCAUSEreview, 17.11.2021
Zentral für die neuen Lehr-Lernräume am Heritage College ist eine Software-basierte Lösung (ThinkHub Education und ThinkHub MultiSite), die mit einer Hardware-Komponente (Gruppen-Stationen – Abb. 2) zusammenspielt. Über die Vernetzung zwischen den verschiedenen Gebäuden an den drei Hochschul-Standorten können Lehrpersonen mit Tischgruppen an einem anderen Standort ins direkte Gespräch gehen. Darüber hinaus können auch weitere Einzelpersonen via Webkonferenz in die Gestamtveranstaltung integriert werden.
Herausforderung Veränderungsmanagement
Eine grosse Herausforderung bei einem solchen Veränderungsprojekt besteht darin, die Beteiligten – und hier insbesondere die Lehrpersonen – mitzunehmen. Nicht alle Lehrpersonen haben ein konstruktivistisches Verständnis von Lehren und Lernen und nicht alle Lehrpersonen sind technisch affin. An der University of Ohio hat man dies insofern berücksichtigt, als die neuen Lehrräume auch mit minimalem Technikeinsatz genutzt werden können:
As space and technology are continually evolving, there will be increasing pressure for instructors to adjust their teaching styles to promote optimal learning outcomes for their students. (…) the Heritage College design team recognized that a small number of instructors were hesitant to use the technology. This concern was addressed by ensuring that the space design allowed for minimal technology use and by helping instructors use the technology if required.
Jodie Penrod, EDUCAUSEreview, 17.11.2021
Es gibt seit einigen Jahren eine eigene wissenschaftliche Zeitschrift, die auf das Thema Lernräume ausgerichtet ist. Dieses Open Access-Journal bietet Beiträge rund um Lernräume sowie damit verbundene Fragen der Pädagogik / Didaktik und des Prüfungswesens: Journal of Learning Spaces.
Penrod, Jodie (2021): The Impact of Learning Space Design on Learner Experience and Collaboration. EDUCAUSEreview, 17.11.2021.
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