Wie kann der Wertbeitrag von Weiterbildung aufgezeigt werden? Dies ist eine Dauerherausforderung für Bildungsverantwortliche. Steve Foreman von InfoMedia Designs hat dazu kürzlich im Rahmen des eLearning Guild Online Summits “Data & Analytics” seinen Ansatz und ein Fallbeispiel vorgestellt.
Ein wichtiger Bezugspunkt für Foreman ist die Tatsache, dass L&D als Funktionsbereich häufig zu sehr als serviceorientierter Auftragnehmer agiert und zu wenig differenziert zwischen Anfragen und Projekten, die
- auf den Regelbetrieb bezogen sind,
- aufgrund von regulatorischen Verpflichtungen wichtig sind oder
- strategisch relevant sind.
L&D als Funktionsbereich sollte bei Projektanfragen stärker selektieren und mehr Ressourcen für strategisch relevante Initiativen einsetzen – dort insbesondere für die Problemanalyse, die Lösungsentwicklung und die Evaluation.
Dies Fokussierung ist eine erste Herausforderung für Bildungsverantwortliche.
Eine zweite Herausforderung besteht darin, die Leistung bzw. die Effekte einer Initiative zur Kompetenzentwicklung mit den übergeordneten Metriken und Leistungsindikatoren in Passung zu bringen, die für Auftraggeber aus dem (Top-)Management relevant sind. Hierzu hat Foreman in seinem Beitrag zur Online-Konferenz ein Vorgehensmodell vorgestellt und anhand eines konkreten Projekts illustriert.
Foreman unterscheidet drei Ebenen und die damit jeweils verbundenen Metriken:
- Die Lernlösung und “solution metrics”;
- Leistungserfordernisse im Arbeitsfeld (“Performance Challenges”) und “performance metrics”;
- übergeordnete Geschäftsziele und”business metrics”
Bei der Entwicklung von Lernlösungen muss die Bewegungsrichtung allerdings umgekehrt werden. Der für L&D strategisch relevante Startpunkt sind die drei wichtigsten Zielsetzungen auf der Ebene des Geschäftsbereichs oder der Gesamtunternehmung, die in Gesprächen mit den verantwortlichen Personen geklärt werden müssen. Von dort werden dann die weiteren Ebenen abgeleitet:
Foreman führt zur Illustration ein Beispiel aus der Logistik-Branche heran. Eine Herausforderung für ein Unternehmen / einen Geschäftsbereich in dieser Branche kann beispielsweise darin bestehen, dass das Management des Lagerbestands nicht optimal läuft. Für manche Teile ist der Lagerbestand zu hoch (Kosten), für andere zu niedrig (es kann nicht geliefert werden – unzufriedene Kunden). Hier ein Beispiel für eine damit verbundene Geschäftsmetrik (“days on hand”):
Auf der nächsten Ebene ist dann zu klären, warum die Zielwerte dieser Geschäftsmetriken nicht erreicht werden – beispielsweise im Rahmen von Interviews mit Bereichsverantwortlichen, Teamleitungen oder Mitarbeitenden. Dabei kann zum Beispiel das folgende Bild zu den zentralen Herausforderungen bei der Umsetzung von Logistik-Dienstleistungen resultieren:
Eine Aufstellung zu den auf dieser Ebene relevanten Metriken kann beispielsweise so aussehen:
Jetzt gilt es herauszufinden, warum die Zielwerte bei den relevanten Metriken zum Teil nicht erreicht werden. Relevant sind hier u.a. Gespräche mit Mitarbeitenden, Analysen von Prozessen oder auch Analysen von Arbeitsumgebungen und verfügbaren Werkzeugen / Arbeitsmitteln. Das Ergebnis könnte beispielsweise so aussehen:
An diesem Punkt beginnt das Design einer Lernlösung bzw. einer Lösung zur Leistungsunterstützung. Diese kann im Sinne des Konzepts eines “Learning & Performance Ecosystems” verschiedene Elemente umfassen. Zum Teil werden diese Elemente von L&D gestaltet und verantwortet (z.B. Diagnostik-Werkzeuge oder Lernressourcen), zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen umgesetzt (z.B. Möglichkeit von Experten-Sprechstunden), zum Teil können diese aber lediglich als Empfehlungen formuliert werden (z.B. Anpassung von Standards oder Prozessen). Foreman hat für das von ihm entwickelte Fallbeispiel das folgende Bild gezeigt:
An diesem Punkt im Prozess wird das Aufzeigen von Lösungsmetriken erforderlich. Metriken die aufzeigen, dass die auf die Ursachen ausgerichteten Lernlösungen funktionieren. Relevante Messgrössen können sich auf folgende Aspekte beziehen:
- Nutzung der Lernlösung
- Was wird genutzt?
- Von wie vielen Nutzern?
- Wie oft?
- Einmalig oder wiederkehrend?
- etc.
- Kontext der Nutzung
- Wer nutzt die Lernlösung?
- Wann wird die Lernlösung genutzt?
- Bewertung der Lernlösung
- Wie wird die Lernlösung von den Nutzern bewertet?
- Wird die Lernlösung weiterempfohlen?
- etc.
Foremen zeigt anhand seines Fallbeispiels auch auf dieser Ebene verschiedene Lösungsmetriken auf:
Und er schlägt vor, dass die L&D-Verantwortlichen ein Cockpit entwickeln, über das sie das Zusammenspiel bzw. die Passung der Metriken auf den verschiedenen Ebenen deutlich machen:
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Es wird immer wieder vorgeschlagen, über Kontrollgruppenvergleiche, Trendanalysen oder die Analyse von Korrelationen mit Geschäftsmetriken die Leistungsfähigkeit und den Wertbeitrag von betrieblichen Bildungsdienstleistungen aufzuzeigen (ein Beispiel für diese Herangehensweise ist der ROI-Prozess von Jack Phillips). Ein solches Vorgehen mag noch möglich sein, wenn Trainings punktuelle und isolierte Interventionen sind. Sobald Interventionen aber im Sinne von Learning & Performance Eosystems (vgl. Abbildung 8) gestaltet werden, verschiedenste Elemente beinhalten, gegebenenfalls von verschiedenen Teams / Bereichen verantwortet und zu verschiedenen Zeitpunkten verfügbar werden, wird es noch schwieriger, überzeugende Kontrollgruppenvergleiche oder Trendanalysen durchzuführen.
Foreman äussert sich zu diesem Aspekt nicht explizit. Im Unterschied zum ROI-Prozess setzt Foreman darauf, den Wertbeitrag von Bildungsdienstleistungen über die Ableitung bzw. Passung von Geschäftsmetriken, Leistungsmetriken und Lösungsmetriken darzustellen. Wenn die Lernlösung die zentralen Leistungstreiber (und darüber die zentralen Leistungsmetriken) adressiert und wenn diese für die übergeordneten Geschäfts(bereichs)Ziele zentral sind, dann – so seine Argumentation – liefert L&D den geforderten Wertbeitrag.
Steve Foreman (2018): 101 – How Metrics Drive a Learning and Performance Ecosystem. eLearning Guild Online Summit “Data & Analytics”)
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