Ethan Mollick (Whaton Business School) plädiert für die Sammlung von Experten-«Zaubersprüchen» (Expert-Prompts), wenn es um die produktive Nutzung von generativer KI in Unternehmen und Organisationen geht.
Ethan Mollick stellt sich selbst so vor:
I am a professor at the Wharton School of the University of Pennsylvania. I study entrepreneurship & innovation, as well as how we can better learn and teach. I am trying to understand what our new AI-haunted era means for work and education.
OneUsefulThing.org
Ethan Mollick ist eine meiner “go to persons” wenn es um generative KI und Bildung geht. Auf oneusefulthing.org schreibt er regelmässig und pointiert zu diesem Themenfeld. So zum Beispiel vor wenigen Wochen, als er in einem seiner Posts eine kurze Übersicht zu verschiedenen LLMs lieferte und aufzeigte, welche LLMs für welche Aufgaben am besten geeignet sind:
- Text schreiben: Bing / Claude 2 / GPT-4 mit Plugins;
- Bilder erstellen: Adobe Firefly / Stable Diffusion / Bing Image Creator / Midjourney
- Videos erstellen: D-iD / Runway v2 / Eleven Labs
- Mit Daten & Dokumenten arbeiten: GPT-4 Code Interpreter / Claude 2
- etc.
Prompts als Zaubersprüche bzw. als ‘encoding expertise’
In seinem aktuellen Beitrag “Now is the time for grimoires” plädiert Mollick dafür, die “Zaubersprüche” von Expert:innen, die zu guten Ausgaben bei generativen Assistenzsystemen wie ChatGPT führen, zu sammeln und in Büchern bzw. Sammlungen zu dokumentieren. Die Metapher Zaubersprüche ist dabei weniger weit hergeholt, als es auf den ersten Blick scheinen mag:
- derzeit ist in der Regel unklar, welches Detail eines Prompts die Ausgabe der generativen KI in welcher Weise beeinflusst;
- identische Eingaben (Prompts) führen in der Regel nicht zu identischen Ausgaben;
- elaborierte und erfolgreiche Prompts basieren auf einem grossen Mass an fachlicher Expertise.
Auf den zuletzt genannten Punkt haben auch Seufert / Burkhard in ihrer Prompting Guideline für ChatGPT (2023) hingewiesen: für die erfolgreiche Nutzung von generativen KI-Anwendungen braucht es unter anderem fachspezifisches und fachübergreifendes Wissen, epistemisches Wissen, prozedurales Wissen sowie metakognitiven Fähigkeiten. Mollick macht dies anhand des Beispiels “Chatbot als Tutor / Mentor” deutlich.
Beispiel: ChatBot als Tutor
Natürlich kann man der generativen KI-Anwendung einfach sagen:
“Du bist mein Tutor. Bitte erkläre mir den Begriff [beliebiger Begriff] in einfacher Sprache.”
Und man wird auch ein Ergebnis erhalten. Aber vermutlich wird die Erfahrung der tutoriellen Unterstützung durch die KI nur mässig sein. Denn ein guter Tutor bzw. eine gute Tutorin bringt mehr als nur Fachwissen ein:
- er / sie interagiert mit uns als Lernenden;
- er / sie passt die Erklärungen an unseren Wissenstand an;
- er / sie motiviert uns, neues Wissen mit bereits vorhandenem Wissen zu verknüpfen;
- etc.
Mit dem oben angeführte Prompt wird all dies nicht funktionieren.
Mollick zeigt auf, wie ein auf fachlicher Expertise aufbauender und für den Anwendungskontext «ChatBot als Tutor» optimierter Prompt aussehen könnte. Dabei hebt er die verschiedenen Konstruktionselemente des Prompts farbig hervor:
(Bildquelle: Ethan Mollick / OneUsefulThing, 20.08.2023)
Damit wird deutlich, dass in die Erarbeitung bzw. Entwicklung eines guten Prompts auch einiges an zeitlichem Aufwand investiert werden muss. Davon berichten beispielsweise auch Nutzer, die an Prompts für das Erzeugen spezifischer Bilder bzw. Szenen in Anwendungen wie z.B. Midjourney gearbeitet haben (Heidorn 2023).
Ein betriebliches Zauberbuch zusammenstellen
Für Mollick sind die Prompts für generative KI-Anwendungen eigentlich Programme bzw. Computer-Code in Prosa. Für die Entwicklung von Experten-Prompts braucht es ihm zufolge drei Dinge:
- Expertise
“expertise means that you have deep knowledge of a topic, combined with sufficient deliberate practice and instruction that you have developed intuition for it” - Zeit
“AI is weird to work with, and does not come with an instruction manual. The only way to get good at using AI is therefore by using AI. My rule of thumb is 10 hours of use is required before you start to understand the systems and their quirks” - klares Ziel
“LLMs are quite good at taking abstract concepts and applying them. However, AIs also have limited context windows (memories) and tend to start to ramble if a conversation goes on too long (…) so you need to ensure your prompt is focused on your goal”
Mit Blick auf die Nutzung von generativer KI durch Unternehmen und Organisationen formuliert Mollick folgende Empfehlung: an Stelle einer Priorisierung des Trainierens bzw. Anpassens von generativen KI-Modellen auf der Grundlage eigener Daten sollten vielmehr Zauberspruch-Sammlungen für den Einsatz von KI im betrieblichen Arbeitsalltag zusammengestellt werden:
The corporate focus on giving AIs more data before building an infrastructure around using AI misses this point (…) Instead, companies should be considering how to build libraries of prompts, grimoires of expert spells that allow practices to be scaled inside the organization. If it turns out more data is needed, it can then be gathered, but I suspect that, in many cases, general models will do very well at many tasks with just a few examples in a prompt.
Verweise
Heidorn, Christian (2023): Create MULTIPLE Character Scenes – Midjourney Character Design. YouTube. ((https://www.youtube.com/watch?v=znulbnRynOc))
Mollick, Ethan (2023): Now is the time for grimoires. It isn’t data that will unlock AI, it is human expertise. OneUsefulThing.org (2023-08-20).
Seufert, Sabine & Burkhard, Michael (2023): Prompting Guideline: ChatGPT als Assistenz- und Lernsystem effektiv nutzen. Handbuch zum Weiterbildungsmodul. St.Gallen: Institut für Bildungsmanagement und Bildungstechnologien / Swiss Competence Centre for Innovations in Learning.
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