In einem Beitrag für MIT Sloan Management Review skizzieren Latham / Humberd vier Profile, wie sich die (KI-)basierte Automatisierung auf Arbeitsplätze und Beschäftigungsfähigkeit auswirkt.
Bei ihrem Modell gehen sie davon aus, dass zwei Dimensionen zentral sind:
- das Set der eigenen Kernkompetenzen (“core skills”)
- die Art und Weise, wie die eigenen Leistungen geliefert bzw. verfügbar gemacht werden (“value form”).
Ein Beispiel für den zuletzt genannten Aspekt. Die Kernkompetenz einer Lehrperson an einer Hochschule besteht in ihrer fachlichen Expertise (und – leider wird dies häufig weniger betont – auch in ihren didaktischen Fertigkeiten). Traditionell wurde diese Expertise im Hörsaal wirksam (und in Buch- bzw. Zeitschriftenveröffentlichungen). Mit der Entwicklung von leistungsfähigen MOOC-Plattformen und ausgefeilten MOOC-Designs oder auch von adaptiven Lernplattformen kann sich die Weise, wie die Kernkompetenz einer Lehrperson erlebbar wird, verändern: Lehrpersonen können beispielsweise MOOCs durchführen oder adaptive Lernumgebungen für das von ihnen vertretene Fach entwickeln.
Ausgehend von diesen beiden Dimensionen unterscheiden die Autoren vier Pfade:
- Ersetzen des Arbeitsplatzes (“Displaced jobs”)
Dort, wo die Kernkompetenz durch (intelligente) Maschinen abgedeckt werden und gleichzeitig auch die Form, in der die Leistung erbracht wird, tiefgreifend verändert werden kann, besteht ein hohes Risiko, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Beispiele aus der Vergangenheit sind Telefonvermittlungen oder Setzer in Zeitungsverlagen; ein aktuelles Beispiel ist die Berufsrolle des Apothekers (DocMorris) oder der Bibliothekarin. Für Beschäftigte in diesem Quadranten ist eine grundlegende berufliche Neuorientierung ein Thema. - Veränderte Leistungserbringung (“Deconstructed jobs”)
Dort, wo die Kernkompetenz nicht durch (intelligente) Maschinen bedroht ist, kann gleichwohl die Form, in der Leistungen erbracht werden, einer grundlegenden Veränderung unterliegen. Das Beispiel von Lehrpersonen wurde oben bereits angeführt. Beschäftigte in diesem Quadranten müssen bereit sein, sich an veränderte Kundenerwartungen und Formen der Leistungserbringung anzupassen. Also, beispielsweise, sich für verschiedene Formen der Online-Lehre zu öffnen. - Veränderte Kompetenzprofile (“Disrupted jobs”)
Dort, wo die Arbeitsleistung hoch standardisiert ist, die Kunden aber gleichwohl eine ähnliche Form der Leistungserbringung wünschen, werden sich die Aufgaben und die erforderlichen Kompetenzprofile ändern. Beispiele sind Schnellrestaurants, wo die Aufgaben für die Belegschaft an verschiedenen Stellen über technische Systeme abgewickelt oder von Maschinen übernommen werden (z.B. Bestellen der Gerichte über eine App, Herstellen der Gerichte durch Kochautomaten). Gleichwohl ist zu erwarten, dass das Schnellrestaurant als Ort der Leistungserbringung bestehen bleibt. Ähnliches gilt beispielsweise für Immobilienmakler, deren Aufgaben durch interaktive Chatbots teilweise übernommen werden. Über diese Chatbots können etwa die ersten Formalitäten bei der Suche nach einem Haus und die ersten grundlegenden Fragen abgewickelt werden. Gleichwohl braucht es die Rolle des Maklers in weiteren Prozessschritten. Beschäftigte in diesem Quadranten sollten sich beispielsweise auf die Aufgaben und Teile der Wertkette fokussieren, wo die Interaktion mit und die Beratung durch Personen wichtig ist – und sich hier weiterentwickeln. - Stabile Beschäftigungsprofile (“Durable jobs”)
Dort, wo weder die Kernkompetenz bedroht ist, noch die Form der Leistungserbringung, bleiben die Beschäftigtenprofile vergleichsweise stabil. Dies gilt für viele handwerkliche Berufe (z.B. Installateure) oder etwa auch für Pflegepersonal. Beschäftigte in diesem Quadranten sind für die nächste Zeit in ihren Berufsrollen nicht akut bedroht, sollten aber gleichwohl die Veränderungen im Bereich Technologie und Arbeitsmarkt im Auge behalten.
Latham, Scott; Humberd, Beth (2018): Four ways jobs will respond to automation. In: MIT Sloan Management Review (Fall).
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