Josh Bersin hat kürzlich nochmals sein Konzept der Capability Academies als organisationalem Rahmen für Personalentwicklung erläutert: organisiert nach Fachbereichen, gesteuert von Fachexpert:innen, mit unterlegten Kompetenzmodellen, etc. Griffig, aber es bleiben Fragen offen.
Im Rahmen eines Webinars des Plattformanbieters NovoEd hat Josh Bersin kürzlich das von ihm bereits vor einiger Zeit lancierte Konzept von Capability Academies als Organisationsprinzip für die Personalentwicklung noch einmal erläutert. Ergänzend dazu gibt es eine Infografik, die das Konzept einordnet und die Grundprinzipien übersichtlich darstellt.
Ein neues Organisationsprinzip?
Das Konzept der Capability Academy wird dabei als “neuer” Zugang zum Thema Kompetenzentwicklung in Unternehmen und Organisationen dargestellt. Allerdings sind viele der in dem Konzept zusammengeführten Aspekte für sich genommen nicht neu. Aber die Zusammenstellung und die Bezeichnung sind griffig, dafür ist Bersin ja bekannt. Nicht behandelt werden Fragen der Governance und mögliche Herausforderungen wie etwa Austausch und Synergien zwischen diesen verschiedenen Academies oder die übergreifende (Weiter-)Entwicklung von Standards und Infrastrukturen.
Wichtige Organisationsprinzipien von Capability Academies sind u.a.
- Organisation nach Fachbereichen,
- Gesteuert von Fachexpert:innen und (Bereichs-)Leitungen,
- unterlegte Kompetenzmodelle,
- Berücksichtigung von Entwicklungsprojekten und Karrierepfaden.
Ein Grundprinzip ist die Einpassung von Entwicklungsaktivitäten “in the flow of work”. Und zentrale Formate lassen sich unter die folgenden Rubriken einordnen:
- Sharing (Wissens-Austausch),
- Projekte und Praxis (u.a. Entwicklungsprojekte, Stretch Assignments),
- Collaboration (u.a. peer-to-peer),
- Wertschätzung von Fachwissen / Fachkompetenz als kritischem Wettbewerbsfaktor.
In der Infografik wird auch aufgezeigt, was Capability Academies NICHT sein sollen:
- eine Corporate University, die die gesamte Breite des Geschäfts abdecken und unterstützen will,
- eine Kurs-Bibliothek oder Standard-Trainings,
- eine Sammlung von Lernumgebungen, in denen es um Testergebnisse und Bestehensnachweise geht.
Das Beispiel CEMEX
Im Webinar werden übrigens auch noch Beispiele für die Umsetzung dieses Organisationsprinzips aufgezeigt. So setzen u.a. CEMEX, Bank of America, KraftHeinz oder Novartis dieses Prinzip um. Kurz beleuchtet wird das Beispiel des Baustoffherstellers Cemex, der in Mexiko beheimatet ist und gut 40’000 Mitarbeitende beschäftigt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die sieben fachlichen Academies und die Leadership Academy.
Die Angebote dieser Capability Academies sind an den strategischen Prioritäten des Unternehmens ausgerichtet. Die Lerninfrastruktur (NovoEd LMS) wird zwar von HR / L&D betrieben, die Beschäftigten werden aber nicht von HR zu den Modulen und Kursen eingeladen, sondern von den Fachbereichen bzw. von den leitenden Fachverantwortlichen. Die Capability Academies verfolgen die Auswirkungen ihrer Arbeit auf zentrale Leistungsindikatoren, wie das folgende Beispiel zeigt.
Schwere Personenunfälle sind in der Baustoffindustrie ein wichtiges Thema. CEMEX hatte in 2012 ein erstes Trainingsmodul für Führungskräfte zum Thema Sicherheit eingeführt (“Legacy Course” in Abb. 3). In der Folge sank die Anzahl der schweren Unfälle mit Todesfolge deutlich, stagnierte dann aber in den Folgejahren. In 2017 wurde auf ein verändertes Organisationsprinzip umgestellt und eine Health & Safety Academy (eine Capability Academy) etabliert. In der Folge konnten die schweren Unfälle mit Todesfolge noch einmal um ca. 60% reduziert werden. Welche weiteren Veränderungen neben den organisatorischen Umstellungen gegebenenfalls auch noch zum Tragen kamen, das wurde im Webcast leider nicht näher erläutert.
Capability Academies: A new approach for critical skills development. Webinar with Josh Bersin. 20. September 2022. (YouTube-Video)
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