Eine aktuelle Studie zeigt die Lernwirksamkeit von Erklärvideos auf und erläutert zentrale, lernförderliche Gestaltungsaspekte wie etwa Navigation, Interaktion, Aufnahmeperspektive, Dauer und kollaborative Bearbeitung.
Das Lernen mit Videos ist populär und gewinnt an Bedeutung. Ein verbreitetes Format in diesem Kontext sind kurze Erklärvideos.
In einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag von Wirtschaftspädagogen der Universität Mannheim (Findeisen et al. 2020) werden zentrale Gestaltungselemente und deren Wirksamkeit untersucht. Die Autoren gehen dabei von der nachfolgenden Definition für Erklärvideos aus:
Erklärvideos sind eigenproduzierte, kurze Filme, in denen Inhalte, Konzepte und Zusammenhänge erklärt werden (Erklärvideos im engeren Sinne) oder Tätigkeiten und Prozesse demonstriert und kommentiert werden (Tutorial), jeweils mit der Intention, beim Betrachter ein Verständnis zu erreichen bzw. einen Lernprozess auszulösen.
Findeisen et al. 2020, S. 34
Und sie berichten über Ergebnisse einer Literaturstudie zu Gestaltungselementen für Erklärvideos und deren Wirksamkeit. Ausgangspunkt der Studie sind die folgenden Feststellungen zu Unterschieden von videobasierten Erklärungen im Vergleich zu herkömmlichen Instruktionsformen:
- fehlende Möglichkeit für direkte Rückfragen;
- wenig Einfluss der Nutzer / Betrachter auf den Prozess der Informationsverarbeitung (i.d.R. schnell ändernde, flüchtig präsentierte Inhalte);
- keine Berücksichtigung von unterschiedlichen kognitiven Voraussetzungen oder Lerngeschwindigkeiten;
Manche der hier aufgeführten Herausforderungen lassen sich durch entsprechende Hinweise an die Nutzer bzw. Lernenden entschärfen:
- “Macht beim Betrachten des Videos Pausen und macht euch Notizen.”
- “Nutzt die Möglichkeit, im Player die Wiedergabegeschwindigkeit für euch anzupassen.”
- “Beantwortet auf der Grundlage des Videos die folgenden Leitfragen: …”
Gleichzeitig ist es sinnvoll, diese Erklärvideos lernförderlich zu gestalten. Findeisen et al. stellen hierfür die folgenden Gestaltungsaspekte heraus:
- Möglichkeiten der Steuerung der Videowiedergabe integrieren (Reihenfolge, Geschwindigkeit, Pausieren, Überspringen, etc.);
- Aufteilen der Erklärvideos in kürzere Abschnitte;
- Integration / Ergänzung eines Inhaltsverzeichnisses;
- Möglichkeiten der Navigation im Video etwa über einen Zeitstrahl;
- Hervorhebungen, etwa durch farbige Markierungen oder durch das Einblenden von Schlüsselbegriffen;
- Möglichkeiten für das Erstellen von Notizen und deren Zuordnung zu definierten Stellen im Video;
- Möglichkeiten für Austausch von (punktgenauen) Kommentaren innerhalb einer Lerngruppe;
- Möglichkeiten für Zugriffe auf Zusatzmaterialien, etwa durch Hyperlinks;
- Feedback zum Lernerfolg beispielweise über Quizzfragen.
Findeisen et al. haben insgesamt 24 empirische Studien daraufhin ausgewertet, wie stark die mit diesen Gestaltungselementen verbundenen Wirkungen sind. Sie kommen zu folgenden Ergebnissen:
Alles in allem verweisen die Ergebnisse auf positive Effekte einer Nutzung von Erklärvideos – sowohl für kognitive (zum Beispiel Wissen) als auch für nicht-kognitive Merkmale (zum Beispiel Lernmotivation, Zufriedenheit.)
Findeisen et al. 2020, S. 35
Lernförderlich sind insbesondere die folgenden Gestaltungsaspekte:
- Möglichkeiten der Interaktion mit dem Video;
- Darstellung von Handlungen aus der Perspektive der / des Erklärenden; dies vereinfacht das Nachmachen;
- Die Erklärungen erfolgen durch ältere Personen (an Stelle von Peers); Lernende scheinen dadurch den Erklärenden mehr Expertise zuzuschreiben und mehr Aufmerksamkeit zu widmen);
- kurze Videos / Videos nicht länger als sechs Minuten;
- ansprechendes, nutzerfreundliches Design (dies ist motivationsförderlich).
Verweise:
Kurzfassung
Findeisen, Stefanie; Horn, Sebastian; Seifried, Jürgen (2020): Lernen in Zeiten von YouTube & Co. Wie sollen Erklärvideos gestaltet sein. In: WeiterBildung 2020 (3), S. 34–37.
Ausführliche Fassung:
Findeisen, Stefanie; Horn, Sebastian; Seifried, Jürgen (2019): Lernen durch Videos. Empirische Befunde zur Gestaltung von Erklärvideos. In: MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 2019 (Oktober), S. 16–36. https://doi.org/10.21240/mpaed/00/2019.10.01.X
Bildquelle Beitragsbild: explainity(r) / https://youtu.be/81Z8x6n9Jvk
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