Diese Woche ist die Studie von Deloitte University Press „Global Human Capital Trends – The new organization: Different by design” erschienen. An dieser sehr lesenswerten Untersuchung haben sich mehr als 7000 Business & HR Leader aus 130 Ländern beteiligt. Die „DACH-Region“ (Deutschland, Österreich, Schweiz) ist mit 434 Teilnehmer vertreten. In diesem Blogpost möchte ich gerne einzelne Aspekte herausgreifen.
Im Rahmen der Studie werden zehn zentrale Trends in der Human Capital Diskussion identifiziert:
Quelle: Deloitte University Press, Global Human Capital Trends, S. 3 & 4
Ein spannendes Ergebnis der Studie ist der Fokus auf die Gestaltung der Organisation an sich (Organizational design) – 92 % der Befragten sehen darin einen zentralen Erfolgsfaktor:
“Yet this year, a key shift is under way as corporate leaders turn a more focused eye toward adapting their organization’s design to compete successfully in today’s highly challenging business environment and competitive talent market” (Deloitte University Press, Global Human Capital Trends, S. 3).
„Now, more than ever, is the time to challenge traditional organizational structures, empower teams, hold people accountable, and focus on building a culture of shared information, shared vision, and shared direction” (ebd. , S. 23).
Die Autoren skizzieren die Veränderungstreiber, die diese Sichtweise notwendig erscheinen lässt: „Demographic upheavals“, „digital technology is now everywhere“, „rate of change“ und „a new social contract“. Über 80 Prozent der Befragten gaben an, dass sie aktuell restrukturieren, oder eine Restrukturierung gerade hinter sich haben.
Die geforderte “New Organization” zeichnet sich durch „highly empowered teams“, neue Management- und Führungsmodelle und durch eine junge und global aufgestellte Führungsmannschaft aus. Das Modell „network of teams“ wird als passende Organisationsstruktur aufgeführt:
„As companies strive to become more agile and customer-focused, organizations are shifting their structures from traditional, functional models toward interconnected, flexible Teams” (ebd., S. 4).
Den zweiten Platz in der Studie belegt „Leadership“: Es wird deutlich das für viele Organisationen die Frage nach der Gestaltung von Führungskräfteentwicklung im Kontext der aktuellen Entwicklungen (Veränderungsdichte, Digitalisierung, etc.) eine grosse Herausforderung und ein zukünftiges Gestaltungsfeld darstellt. Wir schliessen im April dieses Jahres unseren scil Innovationskreis zu dem Thema „Führungskräfteentwicklung der Zukunft“ ab, indem wir mit zehn Unternehmen diese Herausforderung seit letzten Sommer diskutieren – wir berichten im April im Blog über ausgewählte Ergebnisse.
Erfreulich ist, dass die Bedeutung einer aktiven Gestaltung der Lernkultur in der Organisation von den befragten Executives von sehr hoher Bedeutung gesehen wird. „Culture” und “Engagement“ sind auf Platz 3 und 4 der Studie und werden, wie ich finde, sehr anschaulich in dieser Grafik skizziert:
Quelle: Deloitte University Press, Global Human Capital Trends, S. 5
„Learning“ wird als zentraler Antreiber für die Gestaltung von beiden Bereichen gesehen:
„…learning opportunities are among the largest drivers of employee engagement and strong workplace culture – they are part of the entire employee value proposition, not merely a way to build skills“ (ebd., S. 6).
Wichtig finde ich auch, dass betont wird, das die Gestaltung der Lernkultur nicht alleinige HR Aufgabe ist, sondern ein „business issue“ und eine zentrale Aufgabe von Führungskräften:
„Although HR has a distinct and proactive role to play in driving cultural change – one that leading HR organizations have already embraced – the challenge of culture should be owned at the highest level: by the leaders who are responsible for business strategy” (ebd., S. 42).“
Bei scil diskutieren wir diesen Aspekt unter dem Stichwort „Learning Leaders bzw. Lernförderliche Führungsarbeit“ und haben uns zum Ziel gesetzt im Rahmen unseres diesjährigen Forschungsprogramms, neue Gestaltungsansätze gemeinsam mit der Praxis zu entwickeln.
„Learning: Employees take charge“: Gemäss der Studie erwarten Mitarbeitende auf allen Ebenen von ihren Arbeitgebern „dynamic, self-directed and continious learning opportunities“ (vgl. ebd., S. 57). Ebenso erfreulich ist, dass die Akzeptanz und der Nutzen von Technologien zum einen erkannt und zum anderen sich im Vergleich zu den Vorjahren erhöht hat. Beispielweise ist die Integration von MOOCs in Lernplattformen von 30 % im Vorjahr auf heute 43% gestiegen. In der Studie wird von einem „neuen“ Verständnis von Lernen gesprochen, dass folgende Elemente beinhaltet:
„A new type of employee learning is emerging that is more ‚consumer like‘ and that brings together design thinking, content curation, and an integrated model offering and end-to-end designed learning experience“ (ebd., S. 7).
Die Autoren betonen die Wichtigkeit, Lernen als Prozess und nicht als “einzelne Events” zu betrachten und das Lernen eine unternehmensweite Verantwortung ist, nicht nur die von HR/Learning Professionals.
Quelle: Deloitte University Press, Global Human Capital Trends, S. 60
Veränderte Rolle von Learning Professionals? bzw. „Growing momentum toward a new mandate?“: In dieser Studie belegt das Thema „Changing Skills of the HR Organization“ mit 78% Platz 7 der Top 10 Liste. Dieses Thema ist für uns sehr aktuell und wir sind kontinuierlich dabei, die Veränderungen für unsere eigene Profession der „Learning Professionals“ zu verstehen und mitzugestalten. In vergangenen Posts haben wir beispielsweise die Veränderung von „Learning Managern“ hin zu „Learning Consultants“ (Jane Hart, UK) aufgenommen. In der hier vorgestellten Studie wird von der Rolle als „Steward und Designer“ gesprochen:
„Today, high-impact HR organizations are moving away from a ‚service provider‘ mentality to becoming valued talent, design, and employee-experience consultants“ (ebd., S. 80).
Was beinhaltet z.B. diese Veränderung?
- HR sollte seine Prozesse vereinfachen,
- HR sollte den Mitarbeitenden helfen, die Informationsflut im beruflichen Kontext zu bewältigen,
- HR sollte eine Kultur geprägt von „Collaboration, Empowerment & Innovation“ gestalten/ermöglichen.
Die Autoren betonen, dass es sich hier nicht um „kleine Veränderungen“ beispielsweise des Angebotsportfolios handelt, sondern das es in unserer Sprache eine „Geschäftsmodell-Innovation“ geben muss:
„This means that HR is redesigning almost everything it does – from recruiting to performance management to onboarding to reward systems“ (ebd., S.1).
Jane Hart hat in diesem Kontext gestern in ihrer Community auf einen “Breakup Letter” hingewiesen, der den Trend “Abkehr von klassischen Trainings bzw. Neuerfindung der Learning Funktion in Unternehmen” schön unterstreicht:
(Quelle: http://learnnovators.com/dear-training-breakup-letter-ld-professionals/ abgerufen am: 03.03.2016 – mit „P“ ist Performance gemeint):
Die Autoren der Studie können zum ersten Mal seit der ersten Durchführung der Human Capital Trendstudie vor vier Jahren, eine Veränderung und Weiterentwicklung in der HR-Profession beobachten:
„HR teams are learning to experiment with new ideas; they are making significant steps to upgrade skills; and a new generation of younger, more business-savvy and technology-empowered people is entering the profession“ (ebd., S. 8).
Gemäss dem Ergebnis aus unserer aktuellen scil Trendstudie 2015/2016 gaben aber nur lediglich 28% der befragten Learning Professionals an, dass sie schon heute geeignete Unterstützungsangebote für eine Rollenveränderung in ihrer Organisation vorfinden.
„The transformation of learning is a powerful story, and most organizations are still in the first or second act of this multi-act drama” (ebd., S. 60).
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