Die Learntec, das zeigt der aktuelle mmb Trendmonitor, ist mit grossem Abstand die wichtigste Veranstaltung im deutschsprachigen Raum zum Technologie-unterstützten Lernen. Als ich durch die Messehallen ging, fühlte ich mich von der Fülle der Stände ebenso wie von den verschiedenen Vortragsforen (Trendforum, Anwenderforum, School@learntec, VR-Arena, etc.) schon fast überwältig. Ich habe allerdings die meiste Zeit im Kongressbereich verbracht, Vorträge angehört und mir Notizen gemacht…
Im Track “Lernkonzepte für die VUKA-Welt” machte Tim Burmeister (GP Strategies) die digitale Transformation, die damit erforderlichen Veränderungen auf Seiten von L&D (“from – to”) sowie gute Praxis im Leistungsprozess von L&D zum Thema:
Direkt anschliessend führten Chris Böhler (innogy) und Tobias Pickl (Audi) einige dieser Punkte weiter. Unter dem Titel “Corporate Learning 2025 – Machen wir uns als Weiterbildner überflüssig?” stellten sie Ergebnisse eines Vision Thinking Workshops mit Beteiligung verschiedener Corporate Learning Experten vor. Die von ihnen wahrgenommenen Trends (u.a. Demokratisierung von Lernen, User Generated Content, Lernökosysteme und Transformationskompetenz von L&D) sind in dieser Abbildung repräsentiert:
Und sie zeigten anhand eines Profils auf, wie sich Learning & Development aus ihrer Sicht in den nächsten Jahren weiterentwickeln muss:
Jane Hart, C4LPT, war eingeladen, für die Learntec 2019 einen Track zum Thema “Modern Workplace Learning” zu gestalten. Als Referenten hatte sie dazu u.a. Clark Quinn, Donald Clark und Harold Jarche eingeladen.
Donald Clark machte “Chatbots for learning” zum Thema seines Vortrags. Er führte eine Reihe von Stärken von Chatbots an, u.a. die einfache Benutzerumgebung (Sprechen und Hören an Stelle von Klicken), die Möglichkeiten für Dialog und Personalisierung aber auch die Anonymität. Und er führte einige Beispiele dafür an, wie Chatbots in Lernszenarien eingesetzt werden:
- beim Onboarding von neuen Mitarbeitenden,
- für die Bindung von Lernenden an eine Lernumgebung (hier brachte er das Beispiel differ.chat)
- zur Unterstützung von Lehrenden und Lernenden (z.B. Bots in der Rolle von Teaching Assistants)
- für die Vereinfachung von Zugriffen auf Lernressourcen im LMS (z.B. Otto von Learning Pool)
Clark listete eine Reihe von zentralen Fragen auf, wenn man Chatbots entwickeln will (Welches Ziel? Welche Stimme / Tonalität? Welche Entwicklungsumgebung? Wie in bestehende Plattformen integrieren? etc.) und einige prominente Anbieter von Chatbot-Lösungen (z.B. dialogueflow (google), amazon lex, ibm watson, bold360, liveperson, livechat, botique.ai).
Und er führte noch ein Evaluationsergebnis von SAP an, wo die Zufriedenheit von Nutzern von Online Learning Rooms mit ihrer Interaktion mit Moderatoren, mit der Suchfunktion und mit Chatbots gegenüber gestellt wurde. Dabei schnitt der Chatbot vergleichsweise gut ab – wobei aber unklar blieb, genau welche Unterstützungsleistung des Bots bewertet wurde:
In einem nächsten Beitrag im gleichen Track stellte Anca Lordache (Citi Group) unter dem Titel “Using a learning campaign to promote continuous learning” eine Kampagne für das Verankern von kontinuierlichem Lernen im Rahmen eines 70:20:10-Modells (Experience – Exposure – Education) im Unternehmen vor: #BeMore.
Die Kampagne besteht aus verschiedenen Elementen (vgl. Abbildung, unten). Ein zentrales Element sind die “30 day development challenges”, die jährlich durchgeführt werden. Diese Challenges beinhalten 30 kleine Aktivitäten, die jeweils 10 Minuten in Anspruch nehmen, an 30 aufeinanderfolgenden Tagen (vgl. die Abbildung unten für ein Beispiel). Ein anderes Element ist der Cheat-Sheet, der die Mitarbeitenden dabei unterstützen soll, mehr Eigenverantwortung für ihre persönliche Entwicklung zu übernehmen.
Auch Charles Jennings war als Referent in diesem Track eingeladen. Der Titel seines Beitrags lautete: “How to work with managers to enable learning as part of the daily work?“. In seinem Beitrag betonte er zum einen die Bedeutung, die Führungskräfte für die Leistungsfähigkeit und das Leistungsniveau ihrer Mitarbeitenden haben. Er verwies auf eine Studie des Corporate Executive Board aus 2015, die zeigt, dass die Unterstützung durch Führungskräfte die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden um bis zu 25% steigern kann. Er verweis auf eine eigene Studie, der zufolge die folgenden Entwicklungsgelegenheiten besonders wichtig sind:
- neue Aufgaben / neue Rollen / neue Verantwortlichkeiten
- Reflexion der täglichen Arbeitserfahrung
- Coaching durch Rollenvorbilder und
- informelle Gespräche
Und er verwies auf eine Studie des Corporate Leadership Council zu den 15 effektivsten entwicklungsförderlichen Handlungen auf Seiten von Führungskräften. Die folgende Abbildung listet diese von oben nach unten nach ihrer Bedeutung auf:
Torsten Fell (Erster Deutsche Fachverband für Virtual Reality) organisierte neben dem Programm der VR-Arena im Rahmen der Messe für den Kongress auch noch einen Track zum Thema “Didaktische Konzepte in VR und AR“.
In diesem Track stellte Jens Hofmann, SGB Dresden, in seinem Beitrag “Bereit für ARBT?” AR-basierte Trainingsszenarien in der beruflichen Bildung (Chemikanten bzw. Chemielaboranten) vor, die im Rahmen des EU-Forschungsprojekts AR4VET entwickelt wurden. Hofmann unterschied zunächst drei Varianten der Umsetzung von AR im Training vor:
- Remote Training, z.B. Fernwartung;
- Training mit statischen Hologrammen und
- Training mit dynamischen Hologrammen.
Diese drei Varianten unterscheiden sich erheblich im Hinblick auf den für die Entwicklung erforderlichen Aufwand und Hofmann sieht den höchsten didaktischen Mehrwert bei der technisch am einfachsten zu realisierenden Variante.
Im gleichen Track stellte Ariane Schipke von Deutsche Bahn Training den Einsatz einer VR-Umgebung vor: “Dem ICE 4 aufs Dach steigen – VR in Instandhaltungstrainings der Deutschen Bahn“. Den Mehrwert der VR-Umgebung als einem Element in einer umfangreicheren Blended Learning Design sieht sie vor allem im Hinblick auf die Motivation der Lernenden, die Verbesserung der Transferleistung und die Erhöhung der Handlungskompetenz sowie auch im Hinblick auf die Förderung von selbständigem Lernen.
Im Track “Individualisiertes Lernen” habe ich nur einmal kurz vorbeigeschaut. Hier stellte Agnes Koschmider von der Universität Köln einen Ansatz und eine Plattform (crowde.net) für das Crowdsourcing von Klausurfragen vor und wie die Studierenden durch ein ausgeklügeltes System von Bonuspunkten hier zur Mitarbeit motiviert werden:
Soweit meine Notizen. Ich habe mir auch zwei Keynote-Vorträge angehört, von denen ich allerdings nicht so recht etwas mitnehmen konnte. Frithjof Netzer, BASF, kam in seinem Vortrag zum Thema “Bildung für die Digitalisierung” erst recht spät und nur recht allgemein zum Thema Bildung. Und der Vortrag von Franca Parianen, Helmholtz-Institut der Universität Utrecht, mit dem Titel “83 Milliarden Neuronen gefällt das. Die Antriebskräfte unseres Gehirns verstehen und nutzen” war zwar rhetorisch klasse (man merkt, dass sie auch Poetry Slam macht), aber auch hier konnte ich jenseits des Hinweises, dass wir Menschen vor allem von anderen und für andere lernen, nicht wirklich viel mitnehmen.
Nachberichte zur Learntec gibt es an verschiedenen Stellen, beispielsweise auf dem Blog von managerseminare.de von Sascha Reimann und Nicole Bussmann.
Schreiben Sie einen Kommentar