2020 stand im Zeichen der mit Covid-19 verbundenen Einschränkungen und der dadurch angetriebenen, nachholenden Digitalisierung. Aktuell schauen wir alle gebannt auf den Fortschritt der Impfkampagnen. Danach wird die fortgeschrittene Digitalisierung wieder stärker zum Thema werden. Bildungsverantwortliche und Personalentwickler müssen sich Themen wie Augmentation, Fusion Skills und Augmentationsstrategien stellen.
Von der nachholenden zur fortgeschrittenen Digitalisierung
In 2020 stand aufgrund der Covid-19-Pandemie für viele Organisationen eine nachholende Digitalisierung im Vordergrund – das gilt auch für die Bereiche Bildung und Personalentwicklung. Längst nicht überall waren die Voraussetzungen gegeben, um Bildung bzw. Personalentwicklung digital unterstützt und auf Distanz umzusetzen. Es fehlte an digitalen Infrastrukturen ebenso wie an digitalen Kompetenzen. Auch wenn es vermutlich noch einige Monate dauern wird: nach den jetzigen Lockdowns und Impfkampagnen wird der Blick frei werden für die Möglichkeiten und Herausforderungen einer fortgeschrittenen Digitalisierung (basierend u.a. auf Big Data, Analytics, KI und Smart Machines) – auch für Bildung und Personalentwicklung.
GPT3 als Bote des Kommenden
GPT-3 (General Pre-trained Transformer Version 3) ist ein von der Firma OpenAI entwickeltes, auf KI bzw. Deep Learning basierendes Modell für die Vorhersage nächster Elemente in einer Sequenz. Auf GPT-3 basierende Anwendungen können Texte und Debattenbeiträge erstellen, Software-Code und Musik erzeugen, unvollständige Bilder komplettieren oder einen personalisierten Vorschlag für eine Versicherungspolice erstellen (vgl. hierzu die verschiedenen Verweise am Ende des Beitrags).
Zwei Aspekte sind dabei beachtenswert: Zum einen die Leistungsfähigkeit von GPT-3, die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten und die Qualität der von GPT-3 erzeugten Ergebnisse. Zum anderen, dass GPT-3 vergleichsweise schnell (mit einer sehr viel geringeren Zahl von Trainingsdurchläufen als bisher bei vergleichbaren Modellen erforderlich) für ein bestimmtes Anwendungsgebiet optimiert werden kann.
Damit ist natürlich nicht gesagt, dass es künftig keine Autoren, Komponisten, Mediendesigner, Software-Entwickler oder Versicherungsexperten mehr braucht. Aber es ist abzusehen, dass Teile unserer Arbeit (die erste Version einer Übersetzung, die erste Version eines Textentwurfs, die erste Version eines Software-Codes oder die erste Version einer Versicherungspolice) von einer Maschine erstellt werden können. Und diese ersten Versionen oder Entwürfe müssen dann von uns in nächsten Arbeitsschritten weiter ausgearbeitet werden. Das heisst, um das Nutzenpotenzial solcher Anwendungen zu realisieren braucht es ein gelungenes Zusammenspiel von Mensch und Smart Machine “Hand in Hand” (Augmentation).
Hier kommen künftig weitere Veränderungen auf unseren Arbeitsalltag zu – insbesondere vor dem Hintergrund, dass (1) Microsoft exklusive Rechte zur Intergration von GPT-3 in eigene Produkte und Dienstleistungen lizensiert hat (Statt, September 2020) und (2) OpenAI ein erstes Preismodell für die Nutzung von GPT-3 in der Beta-Phase formuliert hat (Kim, November 2020).
Personalentwicklung im Zeitalter von Smart Machines: Augmentation, Fusion Skills, Augmentationsstrategien
Eine Voraussetzung für Augmentation und das Arbeiten Hand in Hand mit solchen Smart Machines sind Integrationskompetenzen (fusion skills) auf Seiten der Beschäftigten. Ob und in welchem Umfang diese Integrationskompetenzen bereits verfügbar sind oder noch entwickelt werden müssen, ist eine wichtige Aufgabe, die Personalentwickler im Zuge der Einführung solcher Lösungen zu klären haben. Darüber hinaus braucht es einen orientierenden Rahmen für die Personalentwicklung im Zeitalter von Smart Machines. Hier bietet das Modell der Augmentationsstrategien (“step in”; “step up”; “step aside”; “step forward”; “step narrow”) einen guten Ausgangspunkt.
Die Vorbereitung verschiedener Beschäftigtengruppen (1) auf die veränderten Produktions- und Dienstleistungsprozesse, die mit Smart Machines möglich sind, (2) auf die produktive Zusammenarbeit mit Smart Machines und (3) auf die sich ständig ändernden Kompetenzanforderungen (Smart Machines werden kontinuierlich leistungsfähiger) stellt eine große Herausforderung für Bildungsverantwortliche und Personalentwickler dar. Sie erfordert ein Verständnis von Schlüsselkonzepten wie Augmentation, Integrationskompetenzen und Augmentationsstrategien. Sie erfordert darüber hinaus Leistungen in mindestens zwei miteinander verwobenen Aufgabenbereichen: Anforderungsanalyse und Kompetenzdiagnostik auf der einen Seite; strategieorientierte Personalentwicklung und Veränderungsbegleitung auf der anderen Seite.
Wir haben diesen Argumentationsgang kürzlich in zwei Buchbeiträgen entwickelt:
- im kürzlich erschienenen Sammelband “HR-Trends 2021” (hrsg. von Schwuchow / Gutmann) – dieser Buchbeitrag ist über diese Seite erreichbar.
- im diese Woche erschienenen Sammelband “Digital Transformation of Learning Organizations” (hrsg. von Ifenthaler / Hofhues / Egloffstein / Helbig). Dieser Buchbeitrag betont die Bedeutung einer auf diese Fragen und Herausforderungen ausgerichteten Personalentwicklung für die nachhaltige Weiterentwicklung als lernende Organisation. Der Beitrag ist über diese Seite erreichbar.
Links zu GPT-3
OpenAI – Webseite und Projekte zu GPT-3
Tiernan Ray (August 2020): What is GPT-3? zdnet.com
Shaun Kim (Dezember 2020): GPT-3: What you should know. ASIA School of Business
Nick Statt (September 2020): Microsoft exclusively licenses OpenAI’s groundbreaking GPT-3 text generation model. theverge.com
Cade Metz (November 2020): Meet GPT-3. It Has Learned to Code (and Blog and Argue). nytimes.com
David Reid (November 2020): How GPT-3 Is Poised To Change The Employee Benefits Landscape. forbes.com
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