Mit einem Kick-off sind wir letzte Woche in die scil-Entwicklungspartnerschaft 2021 gestartet. Unser Thema: “Personalisierte Kompetenzentwicklung – zwischen Technologie-Unterstützung und Selbstregulation”. Mehr zu Ausgangspunkten und Vorgehen in diesem Post.
Die aktuellen Herausforderungen für Unternehmen und Organisationen können mit drei Schlagworten umrissen werden: VUCA-Welt, dynamische Märkte und fortschreitende Digitalisierung. Unternehmen und Organisationen sind demzufolge gefordert, agil zu sein, sich in rasch ändernden Märkten richtig zu positionieren, kundenzentriert zu agieren und effiziente Prozesse zu gewährleisten.
Daraus leiten sich die zentralen Herausforderungen für Bildungsbereiche und Bildungsverantwortliche ab: die Mitarbeitenden für neue Kompetenz- und Job-Profile bereit zu machen, dabei heterogene Bildungsbiografien und Bildungsvoraussetzungen aufzufangen – und dies mit sehr begrenzten Ressourcen zu leisten.
Für L&D / Bildungsverantwortliche sind an dieser Stelle verschiedene Ansatzpunkte möglich. Ein aktuell viel diskutierter – und von uns ausgewählter – Lösungsansatz besteht darin, personalisierte und selbstgesteuerte Kompetenzentwicklung zu ermöglichen und technologisch zu unterstützen. Beispielsweise indem für die Beschäftigten grosse Bibliotheken mit digitalen Inhalten verfügbar gemacht werden (z.B. linkedin learning) oder Learning Experience Plattformen (LXP) eingeführt werden.
Diese Inhalte-Bibliotheken und Learning Experience Plattformen bieten enorme Möglichkeiten – und erfordern gleichzeitig ergänzende Investitionen, damit die Möglichkeiten produktiv genutzt werden können. Diese Bibliotheken und Plattformen ermöglichen den Beschäftigten einen personalisierten, das heisst, an Zugehörigkeiten, Rollen, Interessen, oder Lernhistorie orientierten Zugriff auf eine grosse Menge an Inhalten. Gleichzeitig erfordern sie aber nicht den finanziellen Ressourcen in Lizenzen auch flankierende Massnahmen zur Stärkung verschiedener, erfolgsrelevanter Rollen.
Betrachtet man die in diesen Bibliotheken und Plattformen abgebildeten Lernpfade und Kurse etws genauer, dann wird deutlich, dass hier die Gefahr besteht, dass nur träges Wissen aber keine Handlungskompetenz entwickelt wird. Ich habe mir kürzlich je einen Lernpfad bei degreed (“Be resilient and change ready”) und einen Kurs bei linkedin learning (“Power BI essential training”) angeschaut und in Teilen bearbeitet. Was ich dabei (und beim Stöbern rechts und links) gesehen habe, ist folgendes:
Was diese Lernpfade und Kurse bieten
- Informationen zu Struktur und Umfang
- Kurze Einleitung
- Verschiedenste Inhalte, oft von hoher Qualität, z.B.
– Fachartikel
– Infografiken
– Videos
Manche Kurse / Lernpfade bieten darüber hinaus
- Übungsmaterial
- Quizzes
Was diese Lernpfade und Kurse NICHT bieten
- Hilfen für die eigene Standortbestimmung & die Klärung eigener Ziele zu Beginn des Lernprozesses
- Hinweise / Empfehlungen zur Bearbeitung
- rollenspezifisch (nicht) relevante Teile
- Bearbeitungstechniken / Lernstrategien
- Explizite Kontextualisierungen
- Ressourcen werden nicht begründet / eingeführt
- Ressourcen werden nicht kontextualisiert (Herkunft, Funktion im Lernpfad)
- Passung zu eigenem Kontext wird nicht thematisiert (z.B. als Reflexionsaufgabe für Nutzer)
- Checklisten / Arbeitshilfen zur Umsetzung
- Übungen
- Empfehlungen zur Vernetzung mit anderen
Für nachhaltig wirksames Lernen und die Entwicklung von Handlungskompetenz braucht es also mehr als diese vielversprechenden technischen Ressourcen. Es braucht Kuratoren, die in der Lage sind, sich in die Situation von Nutzern / Lernenden hineinzuversetzen und gezielt Elemente einzubinden, die den Lernprozess unterstützen. Es braucht Lernkompetenz und Lerntechniken auf Seiten derjenigen, die mit den Inhalten arbeiten. Und es braucht Führungskräfte, die ihre Mitarbeitenden beim lebenslangen Lernen im Arbeitsfeld gezielt und wirksam unterstützen.
Vier Rollen sind für den Erfolg von Technologie-unterstützten Initiativen zur personalisierten Kompetenzentwicklung besonders wichtig:
Rolle | Erfolgsfaktor |
Beschäftigte | Lernkompetenz |
Inhalte-Kuratoren | Gestaltung nachhaltig wirksamer Lernpfade (Unterstützungselemente) |
Führungskräfte | Empowerment & Unterstützung |
Learning Professionals | Befähigung der oben genannten Rollen |
Ausgehend von einem Orientierungsrahmen, der diese zentralen Rollen sowie darüber hinaus Kontexte für Lernen, Ressourcen und Aufgaben / Aktivitäten beinhaltet, werden wir in den kommenden Monaten an den folgenden Punkten arbeiten:
- Standortbestimmung,
- Festlegen der Entwicklungsschwerpunkte,
- Erarbeiten von Entwicklungsinitiativen für die erfolgskritischen Rollen,
- Pilotieren der Entwicklungsinitiativen,
- Erfolgsbestimmung.
Als Partner beteiligt sind Bildungsexperten von Helsana Versicherungen AG, Liechtensteinische Landesbank AG, Post CH AG, Schindler Berufsbildung, SIX, Schweizerisches Kompetenzzentrum für den Justizvollzug (SKJV) und ZF Friedrichshafen AG.
[…] Hier, so Christoph Meier, müssen Lernende, Führungskräfte und Learning Professionals aktiv werden und Brücken schlagen. Man könnte vielleicht, von einer anderen Seite auf diese Lernbibliotheken schauend, die Bedeutung von Praxis, Projekten und Erfahrungen sowie den Wert von Communities, Peer-to-Peer-Lernen und Erfahrungsaustausch ergänzen. Christoph Meier, scil-blog, 11. April 2021 […]