Vor dem Hintergrund der Verdichtung von Arbeit und von Mitarbeitenden, die von Informationen überflutet sowie im Arbeitsfluss häufig unterbrochen werden, die zunehmend ungeduldig sind und im Schnitt nur etwa 5 Minuten pro Tag für Lernaktivitäten aufbringen können (vgl. Tauber / Wang-Audia 2014) erscheint es naheliegend, auf kleinere und kleinste Lerneinheiten zu setzen (Microlearning oder bite-size learning).
Microlearning ist deshalb, wenig überraschend, seit Jahren ein Thema und wird zunehmend zum Arbeitsprinzip von L&D Teams in Unternehmen und Organisationen. Mit der zunehmenden Menge an kleinen und kleinsten Lerneinheiten wie z.B. Kurzvideos, Blogbeiträgen, FAQ-Seiten etc. stellen sich dann aber weitere Fragen:
- Können über kurze Lernaktivitäten von ca. 5-10 Minuten nur einfachste Konzepte oder kleinste Wissenselemente vermittelt werden oder können damit auch anspruchsvollere Lern- und Entwicklungsziele umgesetzt werden?
- Wie können Mitarbeitende dabei unterstützt werden, diese verschiedensten kleinen Lernelemente, die häufig auf unterschiedlichste technische Plattformen verteilt sind, einfach und zielführend zu nutzen?
Hier kommen zwei weitere aktuelle Themen ins Spiel: das Kuratieren von Lerninhalten zu “Lernpfaden” einerseits und andererseits Plattformen, die solche, nach unterschiedlichen Prinzipien kuratierten Sammlungen in einer nutzerfreundlichen Weise verfügbar machen (sogenannte “learning experience platforms“)
Im akuellen Chief Learning Officer-Magazin berichten Bladen Shatto und Ruiz von Avanade (einem in Seattle angesiedelten Anbieter von IT-Services und Consulting mit ca. 30’000 Mitarbeitenden) über ihren Ansatz, den sie “purpose-driven microlearning” bezeichnen.
Auf der Basis eines Webportals für Video-Inhalte wurden bei Avanade sowohl “pathways” als auch “minicourses” zusammengestellt. “Minicourses” bestehen aus kleinen (Video)Modulen, die zu einem stringenten Ablauf zusammengefügt wurden und die bei Avanade häufig von Lerngruppen gemeinsam durchlaufen werden. Diese Mini-Kurse behandeln u.a. Themen wie “Design Thinking” oder bestimmte Aspekte von Führungsverhalten. Die “pathways” dagegen sind offener gehalten und bestehen letztlich aus einer Sammlung von Inhalten zu Themen wie z.B. “Consulting Excellence” oder “Career Adviser Growth Hacks”, die in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden können. (Hier wird das Konzept des Lernpfads – vgl. Rosenbaum / Williams 2004 – sehr frei interpretiert). Sowohl die Mini-Kurse als auch die Lernpfade bei Avanade beinhalten neben den Video-Elementen auch kleine Aufträge, angeleitete Reflexionen und Austausch in online-Foren.
Bladen und Ruiz stellen heraus, dass sie bei der Gestaltung der Mini-Kurse wie auch der Lernpfade darauf geachtet haben, diese auf aktuelle Geschäftsinitiativen und auszurichten und an diese anzubinden. Darüber hinaus werden diese Mini-Kurse und Lernpfade soweit möglich und sinnvoll mit bereits bestehenden Entwicklungsprogrammen verknüpft und verlinkt. Sie ziehen folgendes Fazit zu ihren bisherigen Arbeiten:
Anecdotal feedback was positive, with some participants noting that the bite-sized content worked well and allowed the busy directors to take in pieces of content as time permitted. “Knowing that there is a logical small chunk made it much easier to squeeze more in than I’ve originally planned,” one director said. (…) At the end of the day, microlearning or any emerging technology is only as good as the degree to which it intentionally links us to our organization’s strategy.
Referenzen
Bersin (2017): A new world of corporate learning arrives: and it looks like tv. Blogbeitrag, joshbersin.com, 10. Juni 2017.
Bladen Shatto / Ruiz (2018): Zooming in on purpose-driven microlearning. CLO Magazine, January 2018
Rosenbaum / Williams (2004): Learning Paths. Increase Profits by Reducing the Time It Takes Employees to Get Up-to-Speed. Hoboken: John Wiley & Sons Inc.
Tauber / Wang-Audia (2014): Meet the modern learner: engaging the overwhelmed, distracted and impatient employee. Bersin Research Bulletin, November 2014
Schreiben Sie einen Kommentar