(Mehr) Datenbasiertes Entscheiden in Bildungsorganisationen erscheint wünschenswert. Aber oft ist unklar, wie dies möglich gemacht werden kann. Ein Beispiel zur Umsetzung von ‘teaching-‘ bzw. ‘learning analytics’ der Universität Hamburg zeigt neue Wege auf.
Datenbasiertes Entscheiden – auch im Bildungsmanagement
Die Bedeutung von datenbasierten Entscheidungen (‘data-driven decision-making’) im (Bildungs-)Management wird immer wieder betont: “data beats opinion”. Erläuterungen und Begründungen dazu finden sich u.a. hier bei Harvard Business School online und hier, ebenfalls bei HBS, mit Blick auf betriebliche Personalentwicklung. Bei der Umsetzung von datenbasiertem Entscheiden tun sich viele Unternehmen und Organisationen aber schwer, wie u.a. eine Studie von NewVantage Partners von 2022 zeigt. Das gilt auch für Bildungsverantwortliche und Bildungsorganisationen (Garavan 2020).
Im Rahmen unseres Weiterbildungsmoduls “Datenbasiertes Bildungsmanagement und Analytics” gehen wir genau diesen Themenkomplex an. Und wir deklinieren den Leistungsprozess von Bildungsorganisationen – von der Bedarfsklärung bis zur Erfolgsbestimmung / Berichterstattung – daraufhin durch, welche Potenziale eine stärkere Datenbasierung in den verschiedenen Phasen dieses Prozesses bietet und wie diese umgesetzt werden kann.
KI-unterstützte Diagnostik von komplexen Fähigkeiten
Im Rahmen eines Gastbeitrags zu unserem Modul hat Florian Berding, Wirtschaftspädagoge und Professor für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Hamburg, ein sehr eindrückliches Beispiel dafür aufgezeigt, wie ‘teaching-‘ bzw. ‘learning analytics’ umgesetzt werden kann.
In Kooperation zwischen Lehrstühlen für Wirtschaftspädagogik der Universitäten Hamburg, Graz und Oldenburg ist ein KI-basiertes Assistenzsystem (EDDA, Abb. 1) entwickelt worden, das es ermöglicht, umfangreiche Unterrichtsentwürfe von angehenden Lehrpersonen automatisch zu analysieren. Dazu laden die Studierenden bzw. angehenden Lehrpersonen ihre Unterrichtsentwürfe sowie ergänzende Materialien auf eine Webplattform, wo dann auf der Grundlage von KI bzw. dem open source Sprachmodell BERT die Analyse automatisiert erfolgt (Abb. 1).
Diese Entwürfe bzw. Materialien werden dann im Hinblick auf knapp 50 Merkmale bzw. Kategorien analysiert. Dazu gehören didaktische Kategorien (z.B. Problemorientierung oder Motivationsförderung) ebenso wie thematische Aspekte (z.B. zu den Nachhaltigkeitszielen der UN). Die Studierenden bzw. angehenden Lehrpersonen erhalten nach wenigen Sekunden ein Analyseergebnis und zusätzlich auch Handlungsempfehlungen. Wobei letztere nicht durch ein neuronales Netz erzeugt werden, sondern in Form von Wenn-Dann-Ketten hinterlegt sind.
Florian Berding hat in seinem Bericht betont, dass sich die gezeigte Anwendung noch im Stadium eines Prototyps befindet und die KI-Anwendung noch weiter trainiert wird. Später soll dann diese Anwendung als Open Source-Anwendung öffentlich verfügbar sein.
Grundlagen für datenbasiertes Entscheiden in Bildungsorganisationen
Das Beispiel zeigt aus meiner Sicht sehr eindrücklich, wie Analysen von digitalen Prozessdaten zu Lehren und Lernen genutzt werden können, um Einsichten in die Lehrstrategien von (angehenden) Lehrpersonen bzw. Einsichten zu den Fähigkeiten von Lernenden / Studierenden zu erzeugen. Und zwar in einem Detaillierungsgrad weit jenseits der üblichen grobkörnigen Analysen zur Identifikation von ‘students at risk’. Solche Analysen ermöglichen eine neue Stufe der Transparenz nicht nur zum Lernerfolg von Studierenden, sondern auch zum Lehr-Handeln von Lehrpersonen. Und diese Art von Transparenz unterstützt zielorientierte Entscheidungen zur Anpassung bzw. Weiterentwicklung von Aus- und Weiterbildung.
Berding, Florian (2023): Learning Analytics: KI unterstützte Diagnostik von komplexen Fähigkeiten und Handlungsempfehlungen. Vortrag. SCIL Weiterbildungsmodul “Datenbasiertes Bildungsmanagement & Analytics”, 24.03.2023.
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