Eine Sammlung von einem knappen Dutzend kurzer Beiträge von Praktikern aus dem US-amerikanischen Hochschul-Kontext – meine Erwartungen wurden leider nicht wirklich erfüllt.
Es ist ein schmales Handbuch und es führt keine disziplinär orientierten Forschungsbeiträge zusammen, sondern ein knappes Dutzend kurzer Beiträge von Praktikern aus dem US-amerikanischen Hochschul-Kontext. Herausgegeben haben den Band Linda L. Baer (selbständige Beraterin für Hochschulentwicklung) und Colleen Carmean (University of Washington Tacoma) für die Society for College and University Planning (SCUP.org).
In der Einleitung zum Handbuch betont Mark Milliron (civitaslearning.com), dass Bildungsinstitutionen, die Analytics nutzbringend umsetzen wollen, drei Entwicklungsschritte hinter sich bringen müssen:
- sie müssen über das etablierte Berichtswesen auf der Basis von vergangenheitsorientierten Daten (beispielsweise Abbrecher-Quoten) hinausgehen und systematisch Echtzeitdaten integrieren;
- sie müssen eine unproduktive Faszination mit diesen Echzeitdaten und darauf basierenden Mikroanalysen vermeiden (“analysis paralysis”); und
- sie müssen einen kontinuierlichen Prozess von Veränderungen (z.B. didaktische Innovationen) gefolgt von datenbasierten Wirkungsanalysen (z.B. Lernerfolgsanalysen) und nächsten Veränderungen (z.B. Nachsteuerung zur Veränderungsinitiative) etablieren.
Im nachfolgenden Kapitel über “The rise of analytics in higher education” unterscheidet Linda Baer (in Anlehnung an Tom Davenports Konzept “Analytics 3.0“) sechs Entwicklungsstufen im Hinblick auf Analytics an Hochschulen:
- Deskriptive Berichte auf der Basis vergangenheitsorientierter Daten (z.B. Abschlussquoten nach Studierendengruppen);
- Analysen zum Lernverhalten von Studierenden (z.B. auf der Grundlage von LMS-Daten);
- Prädiktive Analysen, beispielsweise zum erwarteten Studienerfolg bzw. zur Wiedereinschreibung für ein nächstes Semester;
- Action Analysis Intelligence (AAI);
- Wirkungsverhersagen zu (didaktischen) Interventionen und
- Entwicklung von hochschulweiten, daten- und wirkungsbasierten Innovationsprogrammen.
Im Kapitel “Making data analytics matter” betont Ellen D. Wagner, wie wichtig es ist, Analytics-Projekte damit zu beginnen, dass ein relevantes und drängendes Geschäftsproblem identifiziert und zum Gegenstand gemacht wird. Für Hochschulen sind dies häufig Fragen wie die folgenden: Wie kann die Studienabbrecherquote (Finanzierungseinbussen) verringert werden? Oder: Wie kann die Studiendauer (Durchschnittlicher Ressourcenaufwand für einen Hochschulabschluss) verkürzt werden?

Im Beitrag “On student privacy, security and silos: an analytics case study” stellen Colleen Carmean und Henry Lyle (Washington University) die Governance-Aspekte von Analytics-Initiativen in den Mittelpunkt. Es braucht beispielsweise Spezialisten für Datenanalysen auf jedem Campus der Hochschule. Es braucht eine veränderte Kultur im Hinblick auf die Nutzung von Prozessdaten (eine “data-aware culture”). Es braucht (ethische) Leitlinien für den Umgang mit Daten und Analyseergebnissen. Und es braucht entsprechende Weiterbildungsangebote für die verschiedensten Anspruchsgruppen – von der Hochschulleitung und Administration über die Faculty bis hin zu den Mitarbeitenden der studentischen Beratungsservices.
Soweit die Beiträge im ersten Teil des Handbuchs. Die insgesamt sechs Beiträge in den beiden weiteren Teilen (“Inquiry & Insights” und “Action”) waren für mich weniger ergiebig als erhofft. Zwar sind darunter Beiträge zu Fallstudien an verschiedenen Hochschulen (u.a. University of Washington und Utah State University). Aber diese sind aus meiner Sicht zu kurz und zu wenig detailliert, um ein Nachvollziehen der angesprochenen Umsetzungsprojekte zu ermöglichen.
Das Inhaltsverzeichnis des Buches ist übrigens hier verfügbar…
Baer, Linda; Carmean, Colleen (Hg.) (2019): An Analytics Handbook. Moving From Evidence to Impact. Society for College and University Planning.
Die nächste Durchführung unseres Weiterbildungsmoduls zu “Datenbasiertem Bildungsmanagement und Analytics” findet im Februar 2021 statt.
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