Im Hinblick auf längerfristige Zukunftsszenarien streiten sich momentan zwei Lager: auf der einen Seite wird die Gefahr einer digitalen Revolution gesehen, die viele Arbeitsplätze kosten könnte; auf der anderen Seite wird eine evolutionäre Entwicklung mit neuen Arbeitsplätzen und einem höheren Wohlstand für die Gesellschaft insgesamt erwartet.
In der öffentlichen Debatte steht vor allem die mögliche Substitution von menschlichen Arbeitskräften durch Maschinen und Roboter im Vordergrund. Die populär gewordene Studie von Frey und Osborne (2013) zeigt ein drastisches Krisenszenario auf. Nach dieser Studie könne in den nächsten zehn bis 15 Jahren nahezu jeder zweite Arbeitsplatz durch die Nutzung digitaler Technologien ersetzt werden.
In Deutschlang hat die Arbeitsmarktstudie von Dengler & Matthes (2015) grosse Aufmerksamkeit erlangt. Die Autoren gehen davon aus, dass nicht Berufe, sondern lediglich Tätigkeiten durch den Einsatz neuer Technologien ersetzt werden. Im Hinblick auf die bestehenden Ausbildungsstrukturen ist jedoch sehr interessant, dass Fachkräfte auf mittlerer Qualifikationsebene zum Teil mit einem höheren Substituierungspotenzial konfrontiert sind, als Helferberufe. Diese Ergebnisse scheinen auf den ersten Blick überraschend zu sein, sollte doch eine höhere Ausbildung eher besser gegen die Substituierbarkeit schützen als niedrige Ausbildungen. Die Substituierbarkeit durch Computer geschieht aber häufiger bei Tätigkeiten, welche von qualifizierten Fachkräften ausgeübt werden, da diese besser in programmierbare Algorithmen zerlegt und schliesslich von Computern ausgeführt werden können. Von Hilfskräften ausgeführte Aufgaben stellen hingegen zum grossen Teil Nicht-Routine-Tätigkeiten dar, die nur schwer automatisiert werden können. (Dengler & Matthes, 2015, S. 12)
Neu ist nun eine Studie von Deloitte (2017) erschienen, welche die Auswirkungen der Automatisierung auf Mitarbeiter, Unternehmen und das Bildungssystem in der Schweiz untersucht hat. Demnach hätten die positiven Komplementäreffekte der Automatisierung die Reduktion durch Substitution nicht nur aufgefangen, sondern zu mehr Arbeitsstellen geführt. Insgesamt seien in der Schweiz zwischen 1990 und 2013 etwa 800’000 Stellen netto hinzugekommen.
Einschränkend muss erwähnt werden, dass sich die Studien auf verschiedene Länder und Arbeitsmarktstrukturen beziehen. Auch ist derzeit nicht eindeutig abzuschätzen, mit welcher Geschwindigkeit sich technologische, sozio-kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen aufgrund des Megatrends Digitalisierung niederschlagen werden. Dennoch liefern sie Hinweise darauf, mit welcher Dynamik die Berufsbildung zu rechnen hat: Tätigkeiten in bestehenden Berufen können sich mit einer hohen Geschwindigkeit verändern, neue Berufe entstehen und bestehende Berufe aussterben.
In Unternehmen lautet die Antwort auf die digitale Transformation -> Agilität. Für die Berufsbildung ist es ebenfalls erforderlich, die Agilität zu erhöhen – neue Wege der Flexibilisierung zu gehen.
Dengler, K. & Matthes, B. (2015). Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt. Substituierbarkeitspotenziale von Berufen in Deutschland. Nürnberg: IAB (IAB-Forschungsbericht 11/2015) Gefunden unter http://doku.iab.de/forschungsbericht/2015/fb1115.pdf
Deloitte (2017). Transformation der Schweizer Wirtschaft. Die Auswirkung der Automatisierung auf Beschäftigung und Branchen. Gefunden unter https://www2.deloitte.com/ch/de/pages/innovation/articles/transforming-swiss-economy.html
Frey, C. B. & Osbornes, M. A. (2013). The Future of Employment: How susceptible are jobs to computerization? University of Oxford.
Archives for 2017
Welche „Digitalen“ Kompetenzen benötigen wir in Zukunft? Ein Fallbeispiel mit generischem Wert
Ein interessanter Blogbeitrag von Joël Krapf, Mitarbeiter in der neu gegründeten Abteilung “Kulturentwicklung” bei der Post sowie Doktorand an unserem Institut:
Welche „Digitalen“ Kompetenzen benötigen wir in Zukunft? Ein Fallbeispiel mit generischem Wert
ROI-Kalkulation für online Communities (The Community Roundtable)
Ist die Bestimmung von ROI für online (Lern-)Communities relevant? Ist sie überhaupt möglich? Wir hatten das Thema schon in früheren Blogbeiträgen aufgegriffen (vgl. diese Präsentation von scil sowie diesen Post zu einem Beitrag im CLO-Magazin). In dem Masse, in dem zunehmend Ressourcen (Investitionen in Plattformen, Arbeitszeit, etc.) in die Entwicklung, die Moderation und das Management von online (Lern-)Communities fliessen stellt sich auch die Frage nach dem damit erreichten Nutzen.
The Community Roundtable, ein Netzwerk von Community Experten, das auch Beratung zum Thema anbietet, hat kürzlich eine Kalkulationshilfe für die Bestimmung des ROI von online Communities publiziert.
Erklärtes Ziel von CR ist ein möglichst einfach zu handhabendes Modell. Dieses Modell fokussiert auf die Bestimmung der Zahl der Anfragen in einem Netzwerk / einer Community und der Quote der beantworteten Fragen. Folgende Datenpunkte fliessen in das Berechnungsmodell ein:
- Anzahl der Antworten auf Fragen
- Durchschnittlicher monetärer Wert der Antworten
- Anzahl der Suchen nach bereits publizierten Antworten
- Quote der erfolgreich abgeschlossenen Suchen
- Gesamtbudget für die online Community
- Kosten für die online Community, die an anderen Stellen anfallen
Ich merke, dass ich dann doch skeptisch bin, wenn ich solche stark vereinfachten Lösungsansätze sehe. Insbesondere bleibt für mich unklar, wie denn der monetäre Wert einer beantworteten Frage bestimmt werden soll. Hierzu finden sich in dem CR Report leider keine Aussagen. Dieser Wert (vgl. #4 oben) fliesst zwei Mal in Multiplikationen ein, die zur Ermittlung des ROI führen. Wenn die Bestimmung / Schätzung dieses Werts ungenau / wenig überzeugend ist, dann ist auch die Gesamtkalkulation wenig brauchbar.
Ich denke, da bieten Wenger / Trayner / DeLaat (2011, vgl. Referenz und Link unten) einen differenzierteren und brauchbareren Ansatz (leider nicht ganz so einfach umzusetzen) für die Bestimmung des Nutzens / Werts von Community-Aktivitäten geliefert.
Quellen
2016 State of Community Management Report
CR ROI-Kalkulationshilfe für online Communities
Aufzeichnung eines Vortrags von Rachel Happe, VP CR, zu “The quantified community” (2015) (ca. 45′)
Wenger / Trayner / DeLaat (2011): Promoting and assessing value creation in networks and communities. Report, Open University
Synergie Fachmagazin #3: agilität
“Synergie” heisst das Fachmagazin für Digitalisierung in der Lehre, das von Kerstin Mayrberger für die Universität Hamburg herausgegeben wird. Schwerpunkt der dritten Nummer ist das Thema “Agilität & Digitalisierung” sowie um Open Educational Resources. Im ersten Teil zu Agilität finden sich u.a. Beiträge zu
- Agiles Projektmanagement an Hochschulen
- Agilität und (Medien-)Didaktik
- eduScrum
- Agilie Prinzipien und Studiengangsentwicklung
- Agilität als Antwort auf die digitale Transformation
Neu ist für mich das Konzept von “eduScrum”:
Bei eduScrum handelt es sich um ein Rahmenwerk für den Schulunterricht, das die agilen, ursprünglich aus dem IT-Sektor stammenden ScrumPrinzipien auf den schulischen Kontext überträgt. Die Verantwortung für den Lernprozess, die sogenannte Ownership, wird dabei von den Lehrenden auf die Lernenden übertragen. Indem diese ihre Arbeitsschritte selbst festlegen, um die von den Lehrenden gestellten Aufgaben im Rahmen von kleinen Teams co-kreativ zu bearbeiten, werden sie frühzeitig an selbstständige und kooperative Arbeitsformen herangeführt, wie sie heutzutage viele Bereiche des Erwerbslebens prägen. Ein „Stand-up“, in dem der jeweilige Fokus der Unterrichtseinheit bestimmt wird, steht am Beginn jeder Stunde, mithilfe eines teameigenen Scrumboards wird der Lernprozess dabei dokumentiert und transparent gestaltet. Eine Retrospektive dient den Schülerinnen und Schülern dazu, ihre Arbeitstechniken kontinuierlich zu verbessern.
Mehr dazu auf http://eduscrum.nl/en/#
Ich habe mal kurz gesucht, ob es schon Übertragungen dieses Konzept auf den Bereich der betrieblichen Bildung gibt, habe dazu aber noch nichts gefunden…
Quelle
https://www.synergie.uni-hamburg.de/publikationen/fachmagazin-synergie.html
Modelle für "Digital Literacy"
Jochen Robes hat gerade in seinem Weiterbildungsblog einen Hinweis auf die Aktuelle Studie des New Media Consortium (NMC) zu “Digital Literacy” gepostet. Dem mag ich an dieser Stelle nicht viel hinzufügen ausser,
- dass ich es schade finde, dass Diskussionsbeiträge aus Europa (z.B. das DigComp2.1-Modell, auf das wir hier schon öfter verwiesen haben) in den USA / beim NMC anscheinend nicht aufgenommen / nicht rezipiert werden;
- als Referenz die Übersicht zu den verschiedenen Modellen, die in diesem Bericht behandelt werden (und welche Modelle welche Dimensionen abdecken)
Hinweis: Das DigComp2.1-Modell berücksichtigt folgende Dimensionen:
– Information & data literacy
– Communication & collaboration
– Digital content creation
– Safety
– Problem solving; - ein Beispiel für die von Jochen bereits erwähnten Visualisierungen zu den verschiedenen Modellen, die ich sehr hilfreich für eine erste Orientierung finde…
Seminare und Trainings: Teilnehmende zu Teilgebenden machen und Arbeitsergebnisse dokumentieren
Die Sommerpause ist vorbei und die zweite Hälfte unseres Seminarprogramms steht vor der Tür. Für mich konkret: das Modul “Innovatives Blended Learning Design”. Und dort geht es u.a. um das Thema “Technologie-unterstütztes Lernen”. In diesem Beitrag geht es um eine Facette dieses Themas – technische Möglichkeiten für andere Beteiligungsstrukturen und Ergebnisdokumentationen im Präsenzseminar bzw. -workshop.
Kurz vor dem Sommer hatten wir uns im Team zusammengesetzt und Punkte gesammelt, bei denen wir Qualitätsverbesserungen erreichen wollen. Einer dieser Punkte betrifft die beiden folgenden Situationen:
- Kurs- / Seminarteilnehmende geben Ihre Beispiele / Ressourcen etc. in die gemeinsame Diskussion ein
- Die Ergebnisse zu Arbeitsaufträgen werden schnell und einfach für eine Diskussion bzw. für ein Feedback sichtbar gemacht und sind schnell digital dokumentiert
Was wir uns in unseren Seminaren, Workshops, Innovationskreisen, etc. wünschen, ist die folgende Situation: wir besprechen ein Thema und einer oder mehrere Teilnehmende signalisieren: “Dazu haben wir auch mal etwas gemacht. Ich denke, das wäre auch für die anderen in dieser Runde spannend. Wenn ich das mal kurz zeigen kann…”
Und dann geht es los: aufstehen, Notebook nach vorne tragen, Kursleiter-Notebook vom Projektor-Kabel trennen, anderes Notebook anschliessen – “ach das ist ja HDMI / Display Port / VGA! Hat jemand einen Adapter?” Und schon steht das inhaltliche Thema im Hintergrund und es geht um die verflixte Technik…
Es gibt eine Reihe von technischen Möglichkeiten, um diese Situation anders zu bewältigen. Aber diese haben alle noch ihre Nachteile.
- Option 1: Screen-Sharing auf Basis von Hardware (Buttons / Dongles) + Router, zum Beispiel mit Barco Click-Share
- Funktioniert gut, haben wir schon mehrfach genutzt, aber:
- das Basissystem mit zwei Buttons kostet ca. € 2’000;
- bei unserem letzten Workshop wollten wir auch über ein Tablet Inhalte teilen und das haben wir nicht zum Laufen gebracht;
- unser Seminarhotel kann derzeit (und wohl auch in der nächsten Zukunft) keine Verbindung zwischen der Click-Share Basisstation und dem Projektor im Seminarraum bereitstellen.
- Funktioniert gut, haben wir schon mehrfach genutzt, aber:
- Option 2: Rein Software-basiertes wireless Screen Sharing via Router, zum Beispiel mit prijector
- Die Support-Videos dazu legen nahe, dass das alles ganz einfach einzurichten ist; manche Beiträge in Foren sind positiv, manche sind negativ.
- Der Router kostet im Vergleich deutlich weniger: $ 299.
- Ob unser Seminarhotel hier die Verbindung zum Projektor im Seminarraum herstellen, ist noch nicht geklärt…
- Option 3: Screen Sharing via Virtual Classroom-Lösung, zum Beispiel mit Adobe Connect
- Wir nutzen im Rahmen unserer Seminare, Workshops, Innovationskreise, etc. regelmässig Adobe Connect, um virtuelle Sitzungen durchzuführen oder auch um externe Experten für einen kurzen Gastbeitrag in unseren Seminaren einzubinden.
- Wir können Adobe Connect über SWITCH, den Netzwerk-Dienstleister der schweizerischen Universitäten, kostenfrei nutzen.
- Alle Teilenehmenden könnten sich zu Beginn der Veranstaltung in den VC einloggen und dann bei Bedarf eigene Inhalte zeigen.
- Aber: für das Teilen ihres Bildschirms im Seminar / Workshop müssen die Teilnehmenden zunächst eine Flash-Erweiterung zu Adobe Connect laden; und dies ist manchen Teilnehmenden aufgrund von IT-Restriktionen nicht möglich.
- Option 4: Screen Sharing via Software / Webservice, zum Beispiel mit TeamViewer
- Hier gibt es eine grosse Zahl von Lösungen (vgl. http://www.capterra.com/web-conferencing-software/ für eine Webseite, die Filtern und Vergleichen ermöglicht).
- Die Lösungen können in der Regel sehr viel mehr, als wir für dieses Szenario benötigen.
- Die Pricing-Modelle der Anbieter passen in der Regel nicht zu unserem sehr spezifischen Einsatzszenario.
- Option 5: html5-basiertes ScreenSharing, zum Beispiel mit WebRTC
- Html5-basierte Lösungen sind insofern interessant, als sie kein Flash oder Java / Java-Script erfordern – Komponenten, die in manchen Unternehmen aus Sicherheitsgründen blockiert werden. WebRTC (Web Real-Time Communications) ist eine API, über die Browser direkt miteinander kommunizieren können.
- Entsprechende plug-ins / add-ons sind aktuell für die Browser Firefox und Chrome verfügbar;
- Microsofts neuer Browser Edge (ab Version 15.11 unter Windows 10) untersützt WebRTC; Apple hat Anfang Juni angekündigt, dass Safari 11 WebRTC unterstützen wird;
- Aber: bei gleichzeitiger Verwendung von WebRTC und einem Proxy bzw. einem VPN-Client (Virtual Private Network) wird die eigene IP-Adresse für andere sichtbar – eine Sicherheitslücke zumindest bei Chrome und Firefox; mittlerweile gibt es weitere plug-ins / add-ons, die dies verhindern (WebRTC Control) – mehr dazu auf dieser Seite;
Wir werden also mit unseren Teilnehmenden sprechen und klären, wie sie zu diesen verschiedenen Varianten stehen…
Im zweiten Szenario zu diesem Themenfeld geht es um folgendes:
Im Verlauf unserer Seminare, Workshops, Innovationskreis-Treffen arbeiten die Teilnehmenden an verschiedenen Fragestellungen und Aufträgen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wollen wir sowohl für die Diskussion und Reflexion als auch für die abschliessende Dokumentation unkompliziert sichtbar und verfügbar machen.
- Option 1: Nutzung von Flipcharts (Papier + Stifte)
- Funktioniert in der Regel gut (selten sind die Stifte ausgetrocknet / geht das Papier aus).
- Die Dokumentation ist eher mühsam: Kamera / Smartphone zücken und fotografieren -> Transfer der Bilder auf den Rechner -> Bilder in ein Dokument einfügen;
hier gibt es aber nützliche Apps wie z.B. Camscanner, mit denen man sehr schnell und einfach komplette PDF-Dokumentationen erstellen kann; - Ich selbst finde als Teilnehmer selten ausreichend Zeit, mich im Nachgang zu Veranstaltungen noch mit Dokumentationen auseinanderzusetzen; idealerweise muss alles sofort erledigt sein: Notizen, Bearbeitung von Materialien, Dokumentation.
- Option 2: Nutzung von Funktionen des Lern-Management-Systems
- Für unsere Kurse / Seminare nutzen wir Moodle. Moodle bietet eine Wiki-Komponente, die zum Erstellen / Einstellen von Ergebnissen aus Arbeitsaufträgen verwendet werden kann.
- Aber: Die Nutzerfreundlichkeit ist nicht gut. Insbesondere das Einfügen von Bildern / Bildschirmfotos / Videos ist sehr umständlich.
- Option 3: Nutzung von digitalen Notizbüchern
- Digitale Notizbücher wie Evernote oder OneNote ermöglichen ein schnelles und einfaches Erstellen von multimedialen Dokumentationen (Text, Bilder, Tonaufzeichnungen, Videos, etc.).
- Für einen Kurs / ein Training kann ein gemeinsames Notizbuch eingerichtet werden, in dem dann die verschiedenen Arbeitsgruppen Notizen oder Seiten / Abschnitte einfügen können. Alles ist an einem Ort verfügbar. Lediglich die Strukturierung muss man vorher gut überlegen, sonst wird es unübersichtlich.
- Aber: Die Teilnehmenden müssen in der Regel zunächst ein Benutzerkonto anlegen (bei Inhouse-Seminaren in Unternehmen ist das in der Regel kein Thema – dort ist OneNote verbreitet im Einsatz). Und damit alle auf ein gemeinsames Notizbuch zugreifen können, müssen zunächst Freigaben vorgenommen werden. Bei offenen Seminaren mit Teilnehmenden aus verschiedensten Unternehmen und Organisationen sehr umständlich und mühsam.
- Option 4: Nutzung von Wikis
- Wir haben früher im Rahmen unserer Seminare andere Wikis eingesetzt, zum Beispiel Wikispaces.
- Kostenfrei nutzbar im Kontext “Education”.
- Viel benutzerfreundlicher als die Wiki-Komponente in Moodle.
- Aber:
- Auch hier müssen zunächst Benutzerkonten für die Kursteilnehmenden angelegt sein.
- Das Strukturieren der gemeinsamen Dokumentation und das Einfügen von multimedialen Elementen ist deutlich umständlicher als bei Evernote und OneNote.
- Wir haben früher im Rahmen unserer Seminare andere Wikis eingesetzt, zum Beispiel Wikispaces.
- Option 5: Nutzung von Lösungen für gleichzeitiges Dokumentieren / Schreiben wie z.B. etherpad oder edupad.ch.
- Diese Webservices sind sofort und kostenlos verfügbar. Bis zu 15 Personen können auf der gleichen Seite gleichzeitig Notizen anfertigen – sehr praktisch!
- Aber: Tabellen, Zeichnungen, Bilder, Videos etc. können nicht eingefügt werden.
- Option 6: Nutzung von Google Docs / Google Tabellen / Google Präsentationen
- Die Google-Office-Dokumente können online bearbeitet und auf verschiedene Weisen freigegeben und durch Passwörter geschützt werden.
- Google Präsentationen eignen sich für multimediale Dokumentationen mit Textelementen, Bildern, Diagrammen, Videos etc.
- Mit Google Präsentationen können Dokumente angelegt werden, an denen verschiedene Arbeitsgruppen gleichzeitig arbeiten können (verschiedene Folien für verschiedene Arbeitsgruppen). Wichtig ist, im Vorfeld die Struktur der entstehenden Dokumentation zu planen bzw. anzulegen (z.B. durch Folien zu einzelnen Themen / Aufträgen sowie durch Folien als Abschnittstrenner).
Ich werde in meinem nächsten Seminar mit Google Präsentationen für die Dokumentation zu Arbeitsaufträgen etc. arbeiten. Ich bin gespannt, wie gut das funktionieren wird…
Use cases für Machine Learning im Bereich der Personalentwicklung (SAP AG)
Thomas Jenewein, SAP Education, hat in einem Post sieben Einsatzbereiche für ‘Machine Learning’ (vgl. die Abbildung unten zu vier zentralen Schritten dabei) bzw. Bots im Bereich von Lernen und Entwicklung umrissen:
- Bots als persönliche Lerncoaches, die bei der Kompetenzdiagnose unterstützen, Inhalte empfehlen und bei der Formulierung von Lernzielen helfen.
- Bots als (Unterstützer von) Community Moderatoren, die Fragen z.B. von neuen Mitgliedern einer Community beantworten und so den menschlichen Moderator entlasten.
- Bots als Inhalte-Kuratoren, die z.B. auf der Grundlage von individuellen Berufs- oder Bildungshistorien relevante offene Lerninhalte, Videos, Blogs, etc. vorschlagen.
- Bots als Inhalte-Ersteller, die auf der Grundlage von einer Spezifikation automatisch interne, lizensierte oder frei verfügbare Inhalte suchen und zusammenstellen.
(Hier ist mir die Abgrenzung zum Kuratieren nicht klar) - Bots als Lernbegleiter, die z.B. beim Erlernen des Arbeitens mit einer neuen Software Kontext-spezifische Hilfestellungen anbieten.
- Bots als Übersetzer, die Inhalte aus einer Fremdsprache in die eigene Sprache übersetzen.
- Bots als Zertifizierer, die personalisierte Kompetenzüberprüfungen ermöglichen.
Zu einigen dieser hier aufgeführten Szenarien sind bereits Lösungen verfügbar (z.B. Webassistenten für Software), zu anderen entwickelt SAP Prototypen (z.B. automatische Übersetzung von Kursmaterialien, Moderatoren-Unterstützung) und wieder andere liegen für meinen Eindruck noch weiter in der Zukunft.
Quelle
Blogs.SAP.com, 26.07.2017
Chatbots zur Unterstützung von Lernaktivitäten – Stufenmodell der SAP AG
SAP Education verfolgt das Potenzial von Chatbots zur Unterstützung von Lernaktivitäten. Lars Satow hat kürzlich in einem Blogbeitrag ein Ebenen-Modell zur Unterstützung von Lernaktivitäten durch Chatbots skizziert:
- Ebene 1:
Lernende mit personalisierten Nachrichten zu einem Kurs / Angebot begrüssen; - Ebene 2:
Lernenden Inhalte, nächste Schritte, mögliche Kontaktpartner und Experten vorschlagen; - Ebene 3:
Häufig gestellte Fragen beantworten;
Aktuell liegt der Fokus für KI-basierte Lernassistenten / Bots auf diesen ersten drei Ebenen. Für anspruchsvollere Lernunterstützung auf weiteren Ebenen braucht es mehr Daten und leistungsfähigere KI-Algorithmen. Dies sind Forschungs- und Entwicklungsthemen für die (nahe) Zukunft:
- Ebene 4:
Lern- / Entwicklungsziele vorschlagen, kommunizieren und den Fortschritt überprüfen; - Ebene 5:
Personalisiertes Feedback geben; - Ebene 6:
Individualisiertes Lerncoaching leisten;
Quelle
Sommerpause
Künstliche Intelligenz – ein bunter Mix auf dem Weg in den Sommer
Drei Fundstücke, auf die ich in der letzten Zeit gestossen bin und die verschiedene Einsatzbereiche von künstlicher Intelligenz aufzeigen…
Dig Down: ein automatisch erstelltes Musikvideo:
The brand new video from Muse uses the latest in Artificial Intelligence technology to create a lyric video for new single “Dig Down.” Using the latest in machine learning capabilities the AI tool has been tasked with scraping hundreds of hours of footage searching for occurrences of words from the “Dig Down” lyrics and produces a library of video clips. The clips are then pieced together using timed information from the original song to create a lyric video where each lyric is voiced by a different person. The process will be repeated every day – check back tomorrow to see the updated video.
Quelle: http://ai.muse.mu/
Video-Indexer – automatische Erkennung von Szenen, Personen, Geräten etc. in Videos
Joachim Niemeier hat im Rahmen des CL Moocathon in einem Forumsbeitrag beiläufig darauf hingewiesen: Video-Indexer ist ein Cloud-basierter Dienst, der Videos automatisch auswerten kann:
So können einzelne Szenen erkannt werden, Keyframes lassen sich extrahieren und das Video anhand der erkannten Objekte auch annotieren. Darüber hinaus erkennt das System Gesichter und Bewegungen, kann Gesprochenes den Sprechern zuordnen, dieses dann transkribieren und übersetzen. Selbst dargestellter Text kann einem Video entlockt werden. Darauf aufbauend ermöglicht der Azure-Dienst dann eine Sentiment-Analyse, um positive oder negative Stimmungen in dem Video zu erkennen.
Microsoft hat dann auf der eigenen Entwickler-Konferenz ein plausibles aber auch beängstigendes Überwachungs-Szenario auf dieser Grundlage vorgestellt: die Überwachung einer Werkstatt, der dort tätigen Personen und der dort verfügbaren Geräte, z.B. im Hinblick auf unsachgemässe Lagerung oder unberechtigte Benutzung von Geräten…
Hier ein Video dazu: https://www.videoindexer.ai/media/c4c1ad4c9a/?t=1899.16 (Laufzeit: ab ca. 0.29.4)
Quelle: golem.de
Duolingo Bots – Sprachlernen im Gespräch mit einem Bot
Duolingo, die bekannte Sprachlernapp, hat im Herbst letzten Jahres eine Erweiterung erfahren. Das Unternehmen lancierte KI-basierte Chatbots, mit denen eine Unterhaltung in einer Fremdsprache möglich ist.
Warum setzt Duolingo auf Chatbots? Sprachtraining per Text- oder Voicechat wäre ja auch mit einem Gegenüber aus Fleisch und Blut möglich (vgl. z.B. den Webservice “The Mixxer“, der genau dies unterstützt). Luis von Ahn, CEO bei Duolingo, verwies in einem Interview mit dem Guardian im letzten Herbst darauf, dass es den meisten Menschen peinlich ist, in einer Fremdsprache, die sie nicht gut beherrschen, mit anderen Menschen zu sprechen. Mit einem Chatbot ein Gespräch in einer fremden Sprache zu üben ist dagegen nicht peinlich.
Noch gibt es verschiedene Einschränkungen:
- 3 Bots und entsprechende Situationen:
Restaurant – Chef Roberto; Taxifahrt – Renée the Driver; Officer Ada; - verfügbar nur für iOS;
- verfügbar nur für Englisch-Spanisch, Englisch-Französisch, Englisch-Deutsch;
- Eingabe von Antworten z.T. noch per Tastatur erforderlich
Duolingo plant, diesen Service in den nächsten Jahren auszubauen. Hier ein Video mit der Aufzeichnung einer Interaktion mit Chef Robert (in Spanisch): https://youtu.be/o-m9TBs3v34.
Link: http://bots.duolingo.com/
Und dann zum Schluss noch ein Hinweis: im Rahmen unseres scil Trend- & Community Tags am 13.09. in Rorschach wird Dr. Karin Vey vom IBM Forschungslabor in Rüschlikon (Zürich) zum Thema „Die Zukunft von Lernen, Arbeiten und Führen: Künstliche Intelligenz und die Folgen“ berichten – ich bin schon sehr gespannt darauf!
Unterschiedliche Wahrnehmung / Wertschätzung eines gamifizierten Lerndesigns
Gamification, also die Anreicherung von Lerndesigns durch spielerische Elemente, wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert. Auf der einen Seite lockt die Aussicht, Lernende besser motivieren zu können und zu besseren Lernerfolgen zu kommen. Auf der anderen Seite steht die Herausforderung, das Lerndesign und die Lernmedien entsprechend umzugestalten.
Eine aktuelle Studie von Forschern an der Universität von Limerick, Irland, kommt zu dem Schluss, dass es sehr auf den Kontext ankommt, ob ein “gamifiziertes” Lerndesign Sinn macht.
Im Rahmen dieser Studie wurden zwei Lernmodule zum Thema Steueraufkommen in einer Volkswirtschaft mit Spielelementen angereichert: zum einen ein Modul für einen Kurs auf Bachelor-Stufe (ca. 140 Teilnehmende); zum anderen ein Modul für Studierende auf Master-Stufe (ca. 20 Teilnehmende).
Am Ende des Semesters wurden Fokusgruppen mit Studierenden beider Kohorten durchgeführt. Die Auswertung dieser Gruppengespräche führte die Forscher zu folgenden Schlussfolgerungen:
Kurs auf Bachelor-Stufe |
Kurs auf Master-Stufe |
|
Lernerfolg | U.a. verbessertes Verständnis der behandelten Problemstellungen. | Unklar; Wahrnehmung des Lerninhalts als irrelevant. |
Motivation | Wahrnehmung der Lernumgebung als neu und motivierend (teilweise – v.a. Studierende, die sich für Wettbewerb begeistern lassen). | Wahrnehmung der Lernumgebung (v.a. der online-Gebote) als neu aber unpassend für einen schon sehr belastenden Studienplan (hohe Arbeitslast). |
Relevanz | Studierende konnten sich auf die Spielelemente im Kursdesign einlassen. | Studierende sind sehr auf eine erfolgreiche Abschlussprüfung fokussiert; alle Lernaktivitäten, die nicht gut planbar sind bzw. bei denen nicht klar ist, wie sie auf eine gute Note einzahlen, werden als stressig erlebt. |
Gruppen-dynamik | Wettbewerbs-Elemente funktionieren in einer grossen Kohorte von Lernenden, die sich untereinander nicht so gut kennen, vergleichsweise gut. | Wettbewerbselemente funktionieren in einer kleinen, eng vernetzten Studierendenkohorte nicht so gut. |
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass bei der Entscheidung für ein “gamifiziertes” Lerndesign insbesondere die folgenden Rahmenbedingungen berücksichtigt werden müssen:
- Grösse der Lernenden-Gruppe
- (Arbeits-)Belastung der Lernenden
- Typ von Kurs / Lehrveranstaltung: allgemeine Einführung vs. hoch spezialisiertes Kursangebot
- Passung des Game-Designs mit den Lernzielen
Dies gilt vermutlich nicht nur im Kontext Hochschule, sondern auch in anderen Lernkontexten.
Quelle
Buckley, P., Doyle, E., & Doyle, S. (2017). Game On! Students’ Perceptions of Gamified Learning. Educational Technology & Society, 20 (3), 1–10.
Einführung einer "learning experience platform" bei HP Inc. – Video Präsentation (10') von Mike Jordan, HP
Ein 10-minütiges Video aus der Video-Bibliothek zum Chief Learning Officer Symposium 2017.
Mike Jordan, HP Inc., berichtet über die Einführung einer neuen Lernplattform. Es geht um Pathgather, eine “learning experience platform (Bersin) bzw. ein “social LMS” mit ausgeprägtem Funktionsumfang im Hinblick auf das Kuratieren von Inhalten. Bei HP Inc. heisst die neue Lernplattform “BrainCandy”.
Jordan stellt eingangs vier zentrale Anforderungen der Belegschaft an eine neue Lerplattform heraus, berichtet zur Umsetzung bzw. zur Marketing-Kampagne und stellt einige Erfolgsfaktoren heraus.
Der Vortrag kommt nicht kritisch-reflexiv, sondern offensiv als Erfolgsgeschichte daher, enthält aber trotzdem interessante Hinweise.
Vier zentrale Anforderungen an eine neue Plattform:
Lessons learned:
Quelle
Innovation Jam
Wenn ich zum Thema “informelles Lernen” berichte und unsere Landkarte dazu vorstelle, werde ich gelegentlich gefragt, was sich denn hinter einem “online jam” verbirgt.
“Innovation Jam” ist eine von IBM erstmalig in 2003 und dann erneut in 2006 pilotierte Form des technisch moderierten und unterstützten Austauschs mit dem Ziel, organisationale Veränderung und Innovation zu unterstützen. Der Event in 2006 dauerte 72 Stunden. Es nahmen insgesamt mehr als 150’000 Personen aus 104 Ländern und 67 verschiedenen Unternehmen daran teil. Zentrales Ergebnis des Jams war die Einrichtung einer neuen Geschäftseinheit “Big Green Innovations”, die IBMs Kompetenzen und Technologien auf globales Herausforderungen anwendet.
IBM hat dazu auch ein Produkt entwickelt, das solche online jams unterstützt: InnovationJam.
Quelle
IBM Global Innovation Jam (2006)
Innovation Jam: Webseite zur Plattform mit Intro-Video (2′)
Arbeitshilfe für Sitzungen im virtuellen Kursraum / Klassenzimmer
Ein Whitepaper (in englischer Sprache) von einem Dienstleister, der sich auf die Qualifizierung von Online-Trainern spezialisiert hat: insynctraining.com
Es geht u.a. um Planung (Beispiel für eine Planungshilfe), Vorbereitung, Umgang mit technischen Problemen und die Rolle des “Producers”.
Quelle
insynctraining.com (2014): Behind the scenes: Ensuring flawless virtual events.
Learning Analytics – ein Fallbeispiel aus dem Bereich Logistik
Letzte Woche habe ich wieder einmal das Modul “Qualitätsentwicklung für Learning Professionals” im Rahmen unseres Ausbildungsprogramms “Corporate Learning / Bildungsmanagement” durchgeführt. Im Mittelpunkt standen wie bisher Grundfragen der Qualitätsentwicklung und ein dreischrittiges Vorgehensmodell:
Neu bei dieser Durchführung war der Fokus auf Big Data und Learning Analytics am zweiten Modultag. Die Leitfrage hierzu war, welches Potenzial Learning Analytics für die Qualitätsentwicklung in der Bildungsarbeit bietet. Dabei sind wir von folgender Arbeitsdefinition ausgegangen:
Learning Analytics beinhaltet das Erfassen und Analysieren von Daten zu Lernaktivitäten mit dem Ziel, Lernprozesse besser zu verstehen, Gestaltungsprobleme zu identifizieren, (un-)erwünschte Geschehnisse zu antizipieren und Massnahmen zur Verbesserung abzuleiten.
Dazu gab es, nach einer kurzen Einführung zum Thema, zwei Gastbeiträge:
- Martin Ebner (TU-Graz) zeigte in seinem per VC-durchgeführten Gastbeitrag mit Blick auf die Umsetzung an Schulen / Hochschulen zentrale Punkte aus seinem Vortrag “Was lernen wir von Learning Analytics?” auf.
- Mit JD Dillon (Axonify) hatte ich im Vorfeld ein Interview durchgeführt, in dem ich ihn zu einem Projekt befragte, das er für einen grossen Logistik-Dienstleister (ca. 80’000 Mitarbeitende an ca. 100 Logistik-Zentren in den USA) durchgeführt hat.
Das Interview bzw. die Präsentation (insgesamt knapp 35 Minuten) behandelt folgende Punkte:
- 00.00 Einführung / Vorstellung JD Dillon
- 01.45 Einführung zum Projekt
- 04.05 Bezug zum Thema “Learning Analytics”
- 05.23 Die Ziele des Projekts
- 07.20 Vorgehen / Schritte bei der Umsetzung des Projekts
- 12.05 Datenerhebung und Schwellenwerte
- 14.50 Daten und Fokus auf “critical behaviours”
- 16.28 Zielgerichtetes Verfügbar-Machen von Lerneinheiten
- 19.39 Zentrale Ergebnisse des Projekts
- 21.35 Reaktion auf automatisch versendete Auffrischungstrainings bzw. Management-Reports
- 24.17 Zentrale Ergebnisse des Projekts (Fortsetzung)
- 28.30 Zentrale Lernerfahrungen für Axonify aus dem Projekt
- 31.20 Wie Axonify das Thema Learning Analytics weiter verfolgen wird
- 33.59 Abschluss / Verabschiedung
Für mich besonders eindrücklich war bei diesem Fallbeispiel, in welchem Umfang eine gute Analytik und ein zielgenaues Ausrichten von Entwicklungs- / Qualifizierungsaktivitäten zu Wirkungen und zu Effizienzgewinnen führen. Die beiden folgenden Folien aus dem Beitrag von JD Dillon zeigen dies eindrücklich:
Übrigens, Big Data und People Analytics / HR-Analytics waren auch Thema der letzten Woche im Corporate Learning Moocathon 2015. Fallgeber war hier die Aareal Bank und im Mittelpunkt stand die Frage, wie Big Data und KI die Themen und Aufgabengebiete von Learning und Development verändern. Stichworte waren u.a. Individualisierung und Personalisierung von Lernen, Vorhersagen zu (künftig zu erwartenden) Skill-Gaps oder Empfehlungen zu Lernaktivitäten à la Amazon (“Kollegen mit Ihrem Profil haben die folgenden Lernmodule bearbeitet…”).
Digitale Transformation als Epochenwende: Was macht uns eigentlich Angst?
Deborah Heitner ist Medienhistorikerin und zieht in ihrem Ted Talk “The Challenges of Raising a Digital Native” einen interessanten Vergleich:
Zu Beginn des Eisenbahnzeitalters war man sich der Epochenwende bewusst, die durch die Erfindung der „Teufelsmaschinen“ ausgelöst wurde. Aus ihrer Sicht haben wir es heute mit einer ähnlichen Kulturenwicklung zu tun. Sie spricht von „a normal part of the cycle of anxiety about technology“.
Was hat eigentlich den Menschen damals so sehr Angst gemacht?
- Die Eisenbahnen sahen dämonisch aus, rauchspeiend, unheimlich – „Teufelsmaschinen“.
- Hohe Geschwindigkeit: Reisende müssten krank werden, die hohen Geschwindigkeiten sind schädlich so die Bedenken der Ärzte. Für die Menschen war es eine völlig neuartige psychische Belastung, die wir uns heute nicht mehr richtig vorstellen können.
- Die Fülle von Eindrücken, die durch das Fenster ins Abteil drängte -> die reine Informationsverarbeitung setzte die Menschen vor eine neue Herausforderung, der sie zunächst kognitiv noch nicht gewachsen waren.
- Die Landbevölkerung hatte die Sorge, dass die vorbeifahrenden Züge ihre Kühe schädigen könnten.
- Angst vor dem automatisierten Unbekannten, Ohnmacht, da man die Kontrolle abgeben muss. Derartige Gefühle der Ohnmacht sind immer dann besonders stark, wenn man um sein Leben fürchten muss, der Gedanke an die katastrophalen Ausmaße eines Zugunglücks machten Reisenden grosse Angst (in einem Flammenmeer umzukommen).
- Angst vor Verbrechen innerhalb des Zuges. Mit einer Zugreise entwickelten sich neue Möglichkeiten für Verbrecher. Reisende hatten Angst, dass man bestohlen oder sogar im Zugabteil ermordet wird.
Wie sieht es heute aus – wiederholt sich der Angstzyklus der technologischen Entwicklung?
- Heute sind es selbstverständlich nicht mehr die Eisenbahnen, die uns Angst machen. Aber die Roboter, insbesondere die sozialen Roboter, die Emotionen verstehen und ausdrücken können. Ich vermute, dass fast jeder von uns, der die Videos von Sophia (oder die anderen Roboter auf der Top 10 Liste der „besten social robots“) gesehen hat, ein mulmiges Gefühl bekommt. Es ist unheimlich – wir haben Angst vor Robotern, die so aussehen wie wir, das mögen wir nicht – ist eine „Superintelligenz“ möglich, werden sie uns – zumindest in Teilbereichen – ersetzen?
Video: “Sophia awakens, Episode 1“ - Hohe Geschwindigkeit: zwar auf eine andere Art, weniger durch den Transport von A nach B, aber die hohe Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen per se ist für uns Menschen eine Belastung. „Digital Detox“ ist zum Beispiel so ein moderner Begriff. Wir sind in unserer Selbstregulation gefordert – beispielsweise im Hinblick auf „Work-Life-Balance“ unter der Bedingung ständiger Erreichbarkeit.
- Die Fülle von Eindrücken: Nicht nur das Tempo, sondern der Umfang der technologischen Entwicklungen ist bezeichnend für die derzeitige Epochenwende. Es ist eben nicht nur „eine Dampflok“, sondern es sind so viele fast gleichzeitig sich entwickelnde technologischen Entwicklungsstränge (Internet der Dinge, 3-D Drucker, Augmented / Virtual Reality mit Holo Lenses – nur um einige Beispiele zu nennen). Diese Fülle erschwert es, dass wir uns die Zukunft konkret vorstellen können. Vieles ist möglich. Wir können es nicht prognostizieren, nur kontinuierlich in Szenarien denken. Der Umgang mit Informationen und das Bewältigen der Informationsflut – das ist sicherlich kein neues Phänomen, aber dieses Gefühl des „Ertrinkens durch Informationen“ und gleichzeitig „Durst nach Wissen“ (John Naisbitt) hat sich vermutlich drastisch verschärft.
- Vieles ist für uns noch relativ neu, selbst damit umgehen zu können und gleichzeitig sollten wir unsere Kinder begleiten, Vorbild sein, obwohl wir es selbst von niemandem gelernt haben. Es sind vor allem die Sorgen um unsere Kinder: werden sie süchtig nach Games, nach permanentem Klick und Kick? Verlieren sie ihre sozialen Kompetenzen? Werden sie Opfer von cyberbullying oder werden sie selbst zu cyberbullys?
- Angst vor dem automatisierten Unbekannten: Bezogen auf die neuen technologischen Entwicklungen sind die Ängste vermutlich diffuser: Angst vor „Big Brother is watching you“, vor einer algorithmisierten Welt, vor einer „Künstlichen Intelligenz“ – der Ursprung der Angst liegt häufig im Nicht Wissen – die Mehrheit der Menschen verstehen die vielen Begriffe schon gar nicht. Der Kenntnisstand der Begriffe ist lt. Digital Index sogar gegenüber dem Vorjahr 2015 rückläufig (siehe die folgende Abbildung, unten, die dieser Studie 2016 D21-Digital-Index entnommen ist).
- Angst vor Verbrechen: im Zuge der technologischen Revolution werden auch neue Arten von Verbrechen (Cyberattacks, etc.) entstehen, was wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Aufgrund der starken Medienpräsenz (Life Videos von Tatorten) sind Ereignisse für uns sehr „nah“, es fällt uns mehr und mehr schwer, eine gewisse Distanz als Selbstzuschutz zu wahren, gleichzeitig ist auch die Gefahr des Abstumpfens, eine geringer werdende Empathie gegeben.
Abb. 1: Kenntnis und Verständnis von Begriffen aus d21 Digital Index Studie 2016
(digital-index-2016.pdf)
Viele denken sich jetzt wohl, heute gibt es doch viel mehr Gründe Angst zu haben, die heutigen Veränderungen sind doch viel umfassender, grösser, Roboter, die wie wir aussehen – viel angsteinflössender als die Eisenbahn. Aber aus der damaligen Entwicklung heraus hat es sich für die Menschen genauso angefühlt, manche Menschen trieb es in den Selbstmord, weil sie den schieren Anblick der „Teufelsmaschine“ nicht ertragen konnten – für uns aus der heutigen Perspektive nicht mehr vorstellbar. Dabei werden vermutlich Menschen in 50 Jahren ähnlich über unsere Ängste denken – „A normal part of the cycle of anxiety about technology“
Überwiegen die Ängste? Haben wir vielleicht sogar wegen den verkehrten Dingen Angst? Haben wir eine richtige Balance zwischen den Risiken und den Möglichkeiten, die uns technologische Entwicklungen ebenfalls bieten? Mir gefällt der Schluss des Ted Talks von Frau Heitner sehr gut, sie spricht sich für eine bessere Balance aus, um gemeinsam auf die Reise zu gehen und „Co-Creation“ zu kultivieren, denn unsere Erfahrungen zählen immer noch, auch wenn wir nicht mit digitalen Medien gross geworden sind:
Kids need adult mentorship; They have savvy – we have wisdom (we had these experiences – but not associated with digital media). We shouldn’t design an app to spy on our kids – there is no app that can raise a children in the digital age for us – instead we need to get really curious about kids day-to-day experiences. We need to ask them what they are thinking and then we need to co-create solutions with them that take advantage of their creativity and our wisdom – We should be more confident in exploring and in encouraging to explore a journey of possibilities
Digitale Kompetenzen – erste Ergebnisse im Projekt “DigiCompToTeach”
Das Projekt „DigiCompToTeach“, gefördert vom SBFI, setzt sich zum Ziel, für Lehrpersonen in den kaufmännischen Berufsfeldern zu klären, welche digitalen Kompetenzen erforderlich sind und wie sie systematisch gefördert werden können.
“How to develop digital competences of vocational teachers in the commercial domain?”
Mittlerweile haben wir die erste Expertenrunde durchgeführt sowie den ersten Zwischenbericht abgegeben. Dieser enthält u.a. die Ergebnisse eine Befragung von Lehrpersonen an den vier Pilotschulen, mit denen wir zusammenarbeiten (n = 124).
Gemeinsam mit den vier Pilotschulen, Schulleitungen und Lehrpersonen, wurde ein Instrument für die Bedarfserhebung entwickelt, das sich bewusst an der Systematik in der Berufsbildung orientiert. Der Fragebogen ist folglich ebenfalls in vier Teile gegliedert:
- Allgemeine digitale Kompetenzen nach EU Standards (Europass)
- Kompetenzen zur Mitwirkung bei der digitalen Entwicklung der Schule
- Kernbereich: Kompetenzen der Lernenden in einer digitalen Welt fördern
- Eigene Kompetenzen als Lehrperson in einer digitalen Welt entwickeln (übergeordnet bzw. als Drehkreuz in der Mitte)
Ausgewählte erste Ergebnisse sind in diesem kurzen Zwischenbericht verfügbar:
Zusammenfassende Anmerkung:
Die Streuung innerhalb einer Schule ist extrem gross – die Heterogenität in einer Lehrerschaft könnte nicht grösser sein. Unterschiede zwischen den Schulen gibt es schon, aber auch nicht sonderlich hoch. Die Ergebnisse zeigen, welchen Effort die Schulleitungen unternehmen müssen, mit einer solch starken Heterogenität umgehen zu können – hier sehen wir sehr viele Parallelen im betrieblichen Kontext. Im Grunde genommen stellt es Lehrpersonen vor eine grosse Herausforderung: einerseits sind sie Vorbild für die Schülerinnen und Schüler und andererseits sind Lehrpersonen selbst gefordert, in vielen Bereichen dazu zu lernen – hier sehen die Lehrpersonen selbst zukünftig grosse Entwicklungssprünge auf sie zukommen.
Globale Bildungsprogramme: Herausforderungen und Spannungsfelder
Unternehmen und Organisationen, die international bzw. global agieren, stehen immer wieder vor der Herausforderung, Bildungsangebote und Bildungsprogramme Länder- und Regionen-übergreifend verfügbar zu machen. So können Entwicklungsprogramme von vornherein darauf ausgerichtet sein, dass sie international ausgerollt werden. Es kann aber auch sein, dass Programme (z.B. zur Entwicklung von Führungskräften), die in einer Ländergesellschaft erfolgreich umgesetzt wurden, von anderen Ländern / Regionen ebenfalls nachgefragt werden.
Bei der Umsetzung von Programmen in verschiedenen Ländern / Regionen stellen sich eine Reihe von Herausforderungen. Die Übersetzung von Lernmaterialien ist dabei häufig das geringste Problem.
- Wer ist bei Planung, Konzeption und Umsetzung für was verantwortlich? Wird alles von einer zentralen PE-Einheit gesteuert? Welche Aufgaben können / sollen dezentrale PE-Einheiten übernehmen? Z.B. Bedarfsklärung, Auswahl der Trainer, Qualifizierung der Trainer, Qualitätssicherung und Evaluation, etc.?
- Wie kann die Passung mit ggf. unteschiedlichen Länder-Strategien hergestellt werden?
- Wie kann ein internationaler Rollout effizient umgesetzt werden? Welche Rolle spielen dabei Formen von Technologie-unterstütztem Lernen? Wie gestalten sich die technischen Voraussetzungen dafür in den unterschiedlichen Regionen?
- Wie muss das Programm ausgestaltet werden, wenn Zielgruppen je nach Region gegebenenfalls unterschiedliche Voraussetzungen (z.B. Erfahrung mit bestimmten Produkten / Services) oder unterschiedliche Erwartungen (z.B. hinsichtlich des Stellenwerts von Reflexion im Lernprozess) mitbringen?
Wir haben Anfang dieser Woche in Turin eine kurze Workshop-Einheit zu diesem Themenkomplex mit einem Partner durchgeführt. Eine Einsicht dabei war, dass es im Hinblick auf die damit verbundenen Spannungsfelder kein einfaches “richtig” oder “falsch” oder keine einfach zu kopierende “good practice” gibt. Insbesondere im Hinblick auf Qualitätsstandards (global gültig oder regional angepasst) und Verantwortlichkeiten (von zentralen vs. dezentralen PE-Einheiten) müssen Unternehmen / Organisationen eine jeweils für sie passende Linie finden.
Mehr zu diesem Thema im folgenden scil Arbeitsbericht:
Seufert, S. & Schuchmann, D (2016). Go Global: Herausforderungen für das internationale Bildungsmanagement. Herausforderungen, Spannungsfelder und explorative Fallstudien. scil Arbeitsbericht, Nr. 26. St.Gallen: Swiss Competence Centre for Innovations in Learning (scil), Universität St.Gallen.